„nd.Der Tag“ zum Großstreik von Verdi und EVG
Super-Streik, Mega-Streik, Monster-Streik. Bei der Beschreibung dessen, was am Montag in Deutschland passierte, wurde an starken Worten nicht gespart. Und in der Tat – einen derart mächtigen Ausstand hat es hierzulande seit Jahrzehnten nicht gegeben, obgleich es sich dabei „nur“ um Warnstreiks handelte. Das Besondere: Zwei Gewerkschaften – Verdi und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG – haben gemeinsam und gezielt Fern- und Gütervekehr, Häfen, Flughäfen sowie in einigen Bundesländern den ÖPNV stillgelegt. Französische Verhältnisse sind das noch nicht, doch so nah sind die deutschen Gewerkschaften einem Generalstreik selten gekommen.
Stark ist nicht nur der Streik – die Forderungen sind es ebenfalls. Und das völlig zu recht: Die Inflation bedeutet Reallohnverluste, die vor allem den Beschäftigen der unteren Lohngruppen enorm zu schaffen und es dringend erforderlich machen, dass an der Streikfront andere Saiten aufgezogen werden, als man das in Deutschland gewohnt ist.
Andere Saiten ziehen indes auch die sogenannten Arbeitgeber und ihre Unterstützer*innen auf. In der arbeitskampfarmen Bundesrepublik, wo die Möglichkeiten, legal zu streiken, auf vielfältige Weise eingeschränkt sind, tönt es plötzlich aus Redaktions- und Amtsstuben, das Streikrecht werde missbraucht. Die Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, Karin Welge (SPD), meckerte, es werde „inflationär ausgereizt“. Inflationär – ausgerechnet!
Dabei ist es ganz einfach: Lohnabhängige haben nur wenige Mittel, um ihren Interessen Geltung zu verschaffen. Streik ist das wirksamste. Sonst bliebe nur Bettelei. Daher: Ja, der gemeinsame Streik von Verdi und EVG ist außergewöhnlich. So wie auch die Umstände es sind, die ihn notwendig machen.