29. November 2024

Polen benennt russische Stadt Kaliningrad um

Die polnische Regierung ist ja immer wieder für obskure Entscheidungen gut. Nun überschreitet sie jedoch ein wenig ihre eigenen Kompetenzen, indem sie der russischen Stadt Kaliningrad einen neuen – natürlich polnischen – Namen verpasst: Królewiec.

In einer recht seltsamen Erklärung verlautbarte Entwicklungsminister Buda in Warschau, man wolle keine „Russifizierung“ in Polen, weswegen ab sofort nur noch der neue Name zu verwenden sei. Schön und gut. Nur liegt Kaliningrad bekanntlich nicht in Polen, sondern im Föderationskreis Nordwestrussland, somit in der Russischen Föderation. Insofern möchte man meinen, dass der Name einer russischen Stadt die polnische Regierung zunächst einmal schlichtweg nichts angeht – weswegen es sich bloß um eine halblustige antirussische Provokation handeln kann.

Tatsächlich trug Kaliningrad in seiner langen Geschichte auch schon andere Namen. Die ursprüngliche Siedlung der baltischen Prußen hieß Twangste. Sie wurde 1255 vom Deutschen Orden erobert, gemäß einer neuen Festung in Königsberg umbenannt und von Deutschen besiedelt. Dies blieb so über Jahrhunderte, Königsberg war das Zentrum Ostpreußens im Herzogtum, Königreich und Freistaat Preußen – bis 1945.

Als Folge der Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg fiel Ostpreußen mit seiner Hauptstadt Königsberg an die UdSSR und wurde in die Russische Sowjetrepublik eingegliedert. 1946 wurde der deutsche Name zu Ehren des kurz zuvor verstorbenen Präsidenten des Obersten Sowjets, Michail Kalinin, in Kaliningrad geändert. Das blieb auch so nach der Konterrevolution und in der Russischen Föderation, obgleich andere russische Städte, wie z.B. Leningrad, damals wieder einen älteren Namen erhielten.

Seit der Auflösung der UdSSR ist die Oblast Kaliningrad eine russische Exklave, d.h. sie ist auf dem Landweg vom russischen Territorium abgeschnitten und eingekreist, nämlich durch Litauen und Polen – und eben die Ostsee. Womit wir wieder bei Królewiec sind. Diesen polnischen Namen trug die Stadt natürlich nie, denn sie war nie eine polnische Stadt, sondern über 700 Jahre eine deutsche, seit fast 80 Jahren ist sie eine russische. Was will also die polnische Regierung mit ihrer eigenmächtigen Umbenennung einer fremden Stadt?

Zum einen dürfte der Antikommunismus eine Rolle spielen, denn Michail Kalinin war ein prominenter Funktionär der KPdSU und quasi sowjetisches Staatsoberhaupt – übrigens auch zur Zeit der Befreiung Polens vom deutschen Faschismus durch die Rote Armee. Andererseits wittert man in Warschau schon länger Morgenluft, wenn es um mögliche territoriale Expansionen geht: Es ist gewissermaßen ein offenes Geheimnis, dass Polen im Zuge des Ukrainekrieges ein Auge auf die Westukraine, d.h. die Region Lemberg geworfen hat. Aber eben auch die russische Exklave Kaliningrad – Stadt und umgebende Oblast – würde sich aufgrund der exponierten geografischen Lage als polnisches Annexionsgebiet anbieten. Nicht ohne Grund stellt Warschau das kleine Kaliningrad gerne als militärische Bedrohung für die EU dar.

Und um gleich einen künftigen Anspruch indirekt anzumelden, gibt man Kaliningrad schon mal einen polnischen Namen und spricht der Stadt den russischen Charakter und entsprechende Historie ab. Die Botschaft lautet: Die Russen – eine Million lebt in der Oblast – haben dort sowieso nichts verloren. – Tja, die Polen aber eben schon gar nicht. Mit der Verwendung der polnischen Namensversion Królewiec für Königsberg meint man wohl, gegebenenfalls auch die Deutschen ausbremsen zu müssen.

Natürlich wären alle großpolnischen Pläne – von Interesse wären auch Teile Weißrusslands und Litauen – nur im Zuge massiver militärischer Auseinandersetzungen und folgender territorialer Neuordnungen möglich, vielleicht lediglich in Form eines Staatenbundes unter polnischer Dominanz. Als historisch versierter Mensch kann man nur hoffen, dass sich die Möchtegern-Eroberer in Warschau nicht verkalkulieren: In der Vergangenheit war es ja eher immer wieder Polen selbst, das unter anderen Mächten aufgeteilt wurde…

Quelle: ORF

Quelle: Zeitung der Arbeit

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