Status „Es ist kompliziert“
Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat es am Freitag versäumt, ein klares Zeichen für geschlechtergerechte Sprache zu setzen. Zwar betont Geschäftsführerin Sabine Krome, wie wichtig es ist, in sprachlichen Ausdrucksformen alle Geschlechtsidentitäten einzubeziehen. Trotzdem will der Rat das Gendern mit Sonderzeichen wie Sternchen, Doppelpunkt oder Unterstrich nicht in das Regelwerk der deutschen Rechtschreibung aufnehmen. Der Rat will das Phänomen lediglich beschreiben – in einer Ergänzung zum Regelwerk.
Das Gremium drückt sich hier um eine klare Entscheidung – wohl auch, weil seine Mitglieder selbst keine einhellige Meinung haben. Laut Krome könne das Gendern mit Sonderzeichen den Lesefluss stören oder grammatikalische Probleme verursachen. Doch der Rat für deutsche Rechtschreibung hätte die Macht, orientierende Vorgaben zu machen, statt die Entwicklung zu „beobachten“. Denn Fakt ist, dass zahlreiche Sprecher*innen Sonderzeichen beziehungsweise eine Sprechpause zum Gendern bereits verwenden. Psychologische Studien haben widerlegt, dass das generische Maskulinum neutral ist – bei männlichen Formen denken die meisten Menschen an Männer, und das hat reale Folgen für die Beteiligung von Frauen, Lesben, inter, trans, und nichtbinären Menschen. Und nicht für alle Wörter gibt es geschlechtsneutrale Alternativen wie etwa „Lehrkraft“.
Dass Gendersternchen und Co. weiterhin nicht der deutschen Rechtschreibung entsprechen, ist Wasser auf die Mühlen all jener, die einen Kulturkampf gegen geschlechtergerechte Sprache führen. Erst in der vergangenen Woche hat das sächsische Kultusministerium mit Berufung auf den Rat das Gendern für Vertragspartner*innen verboten. Statt Verboten Vorschub zu leisten, sollte sich der Rat für Rechtschreibung damit befassen, wie Sonderzeichen sinnvoll in die deutsche Grammatik integriert werden könnten.