Vor 50 Jahren: X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Berlin
»Der Rahmen war preußisch organisiert, während auf den Straßen und Plätzen die Gängelei völlig fehlte. Es war ein organisierter Selbstlauf, buntes Treiben«, so erinnert sich der damalige FDJ-Funktionär und spätere Dresdner Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer in einem längeren Interview mit der in Berlin erscheinenden Tageszeitung junge Welt (Wochenendausgabe 29./30. Juli 2023) an die X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten vor 50 Jahren in Berlin. »Natürlich war`s auch für mich eine schöne Zeit. Das sage ich auch heute noch ohne jede Einschränkung«, so Berghofer als Mitorganisator dieses Festivals, zu dem vom 28. Juli bis 5. August 1973 Teilnehmerinnen und Teilnehmer 140 Staaten in der Hauptstadt der DDR zusammenkamen.
Hintergrund war die rapide wachsende internationale Anerkennung der DDR und die Aufnahme beider deutscher Staaten in die UNO 1973 im Zuge der Entspannungspolitik. »Da wollte die DDR sich weltoffen und international zeigen«, so Berghofer über die Motivation des 1. Sekretärs des ZK der SED Erich Honecker, die Weltfestspiele nach Berlin zu holen. Zudem habe machtpolitisches Kalkül mitgespielt: »Der 60jährige Honecker wollte sich von seinem greisen Vorgänger absetzen und profilieren.« Die Weltfestspiele sollten »nach außen eine freundliche, moderne, aufgeschlossene DDR zeigen und nach innen mit Offenheit für gute Stimmung sorgen. Und es hat ja auch funktioniert«, so Berghofer, der damals leitend für die Organisation eines internationalen Tribunals gegen Imperialismus im Friedrichstadtpalast verantwortlich war.
Aus Westberlin nahm auch die Junge Union mit Eberhard Diepgen und Klaus-Rüdiger Landowsky an den Weltfestspielen teil, »die natürlich auf Krawall gebürstet waren, aber sich erst einmal gegen ihre eigenen Kalten Krieger durchsetzen mussten, die sie nicht fahren lassen wollten«, erinnert sich Berghofer. Die JU-Funktionäre hatten 40 Kisten mit Flugblättern dabei, doch ihre Unterkunft befand sich im elften Stock eines Neubaus in Lichtenberg. »Leider ging der Fahrstuhl an jenem Tag kaputt …«