18. November 2024

Widersprüche der Außenpolitik

Als 111. Staat hat Nigeria Ende Februar 2023 das Osloer Übereinkommen zur völkerrechtlichen Ächtung von Streumunition ratifiziert, drei Dutzend Staaten mehr haben sich in einer UNO-Resolution zu ihren Zielen bekannt. Der schon am 1. August 2010 in Kraft getretene völkerrechtliche Vertrag verbietet den Einsatz, die Herstellung und auch die Weitergabe dieses Waffentyps, der auch ein halbes Jahrhundert nach dem Völkermord der USA in Vietnam, Laos und Kambodscha noch immer Opfer fordert. Zivilisten, oft Kinder, werden durch nichtexplodierte Subbomben bis heute verstümmelt oder getötet.

Auch Luxemburg hat das Oslo-Übereinkommen ratifiziert, ausnahmslos alle Regierungen unterstützten großzügig die 1997 gegründete luxemburgische Sektion von Handicap International, die seit 1999 jedes Jahr auf der Place d’Armes Schuhpyramiden zur Abschreckung auftürmt, und gibt in Relation zu seiner Größe viel Geld für die Streubombenräumung in Südostasien.

Doch seit Präsident Biden heute vor einer Woche ankündigte, die USA würden der Ukraine im Krieg gegen Rußland bis zum Herbst Streubomben im Wert von 800 Millionen US-Dollar liefern, war von hiesigen Regierungspolitikern kein Protest zu vernehmen. Nicht von DP-Premier Bettel, nicht vom olivgrünen Armeeminister Bausch, auch nicht vom umtriebigen LSAP-Außenminister Asselborn.

Offenbar ist es das eine, bei der Beseitigung von Streubomben der USA aus dem Vietnamkrieg zu helfen, aber das andere, der NATO-Hauptmacht zumindest verbal in den Arm zu fallen, wenn sie die Verseuchung großer Teile der Ukraine plant.

Übrigens sind es die USA und mit Abstand ihr Schützling Israel, die die allermeisten zivilen Opfer von Streubomben zu verantworten haben. 80 Millionen Streubomben warf die U.S. Air Force auf dem Höhepunkt des Vietnamkriegs allein auf das benachbarte Laos ab. Auch in den Kriegen gegen Afghanistan und den Irak setzten die USA massenhaft Streubomben ein. Israels Luftstreitkräfte ließen 2006 vier Millionen Streubomben auf den Südlibanon regnen, die auf im Exil lebende Palästinenser und libanesische Widerstandskämpfer abzielten.

Biden behauptet, die USA müßten Streubomben liefern, weil »den Ukrainern die Munition ausgeht«. Doch von Februar 2022 bis Anfang Mai 2023 haben allein die USA Kiew offiziellen Angaben zufolge Waffen und Munition im Wert von 76,8 Milliarden US-Dollar geliefert. Nachdem Britannien Kiew bereits bunker- und panzerbrechende Uranmunition geliefert hat, und auch die USA ihre für die Ukraine vorgesehenen modernen Kampfpanzer vom Typ »Abrams« mit dieser – nicht zuletzt für die eigenen Soldaten – hochgiftigen und radioaktiven Munition ausstatten wollen, gibt es nicht mehr viel, was die NATO Kiew noch nicht im Stellvertreterkrieg gegen Rußland geschickt hat.

Doch wie schon im US-amerikanischen Krieg gegen Afghanistan läßt sich ein Sieg auch nicht mit Streu- oder Uranmunition herbeibomben. Seit dem Zweiten Weltkrieg haben die USA keinen ihrer Kriege mehr gewonnen, aber Millionen von Menschen getötet oder verstümmelt und gewaltige volkswirtschaftliche Schäden verursacht.

Wenn, wie Premier Bettel schon Ende Juni sagte, »ein Waffenstillstand (…) das Wichtigste« ist, warum sprechen er oder einer seiner Minister sich nicht gegen die Lieferung von Streubomben und Uranmunition an Kiew aus?

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek

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