Zwei Jahre Arbeitskampf bei Stellantis in Italien
Der Automobilhersteller Stellantis mit Sitz im niederländischen Hoofddorp, der im Januar 2021 als Holding aus der Fusion der Automobilkonzerne Fiat Chrysler Automobiles (FCA) und der Peugeot S.A. hervorging, macht dieser Tage gleich mehrmals auf sich aufmerksam. Am Mittwoch meldete der Konzern eine Steigerung des Nettoergebnisses im ersten Halbjahr um 37 Prozent auf 10,9 Milliarden Euro – ein Rekordwert. Die bereinigte operative Marge stieg auf 14,4 Prozent. Der Hersteller von Marken wie Peugeot, Fiat, Chrysler, Jeep und Opel profitierte im abgelaufenen Halbjahr auch von höheren Auslieferungen. Sie trieben den Umsatz auf das Rekordhoch von 98,4 Milliarden Euro, ein Zuwachs von zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Absatz mit batterieelektrischen Fahrzeugen zog um fast ein Viertel an. Der Konzern, der mit insgesamt 14 Marken der viertgrößte Automobilhersteller der Welt ist, hatte 2022 weltweit fast sechs Millionen Fahrzeuge abgesetzt und damit einen Jahresumsatz von rund 180 Milliarden Euro erzielt.
Eine halbe Stunde Autofahrt von Florenz entfernt in Campi Bisenzio befindet sich die italienische Filiale des Konzerns, in der Achswellen für Kraftfahrzeuge hergestellt werden. Die Beschäftigten dort können ein Lied davon singen, wie auf ihre Kosten diese Höchstprofite erreicht werden. Den 421 Beschäftigte wurde am 9. Juni 2021 gekündigt, da sie nicht nur höhere Löhne, sondern auch eine klimafreundliche Produktion forderten. Da der Betrieb so nicht genügend Profit einfahren würde, solle er geschlossen werden.
Mit der Besetzung durch die Beschäftigten begann ein bis heute andauernder Arbeitskampf, der als Beispiel für ökosozialen Protest gilt. Die Gekündigten organisierten sich als »unbefristete Betriebsversammlung«, die als legale Form der Werksbesetzung gilt. Ökonomen und Ingenieure legten einen Plan vor, laut dem der Industriestandort in der Toskana als Forschungszentrum für einen ökologischen Wandel dienen sollte. Er sah u.a. vor, als Zulieferer statt für Autos auch für moderne Maschinen, so auch für Busse oder Züge zu produzieren. Während im Betrieb Diskussionen über eine Vergesellschaftung des GKN-Werks oder eine Umwandlung in eine Genossenschaft geführt wurden, konzentrierte sich die Suche nach einer Lösung vor allem darauf, einen neuen Besitzer oder Investoren für die Pläne zu finden.
Parallel forderte die Gewerkschaft CGIL die Regierung auf, zur Rettung des Betriebes einzugreifen. Nachdem das unter der Regierung von Mario Draghi (2021/22) keine Erfolge zeitigte, fand jetzt, wie die CGIL berichtete, am 24. Juli eine Diskussionsrunde zwischen den Gewerkschaften und dem Minister für Unternehmen, Adolfo Urso, über die Zukunft der Stellantis-Produktion in italienischen Fabriken statt,
Es sei »ein wichtiges Treffen gewesen, aber das genügt nicht. Wir werden sehen, ob es konkrete Antworten gibt«, erklärten Maurizio Landini, Generalsekretär der CGIL, und Michele De Palma, Generalsekretär von Fiom CGIL, in einer gemeinsamen Stellungnahme. Es gehe darum, mit Stellantis »eine Rahmenvereinbarung auf industrieller Ebene zu erreichen, mit genauen Verpflichtungen zu Investitionen, Beschäftigungsgarantien, Anlagen, Forschung und Entwicklung für den Neustart des Sektors, angefangen bei den Komponenten«. Die Gewerkschaftsführer verwiesen darauf, daß die Produktion von Stellantis in Italien unter 500.000 Fahrzeugen liege, aber man mit einem überprüfbaren Zeitplan wieder zur Produktion von mindestens einer Million Autos und weiteren 300.000 leichten Nutzfahrzeugen zurückkehren könnte.
Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek