27. Dezember 2024

Marx in Afrika

Am Vortag des 10. Jahrestags des revolutionären Sturzes des Kaisers Haile Selassie (12. September 1974), wurde am 11. September 1984 in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba das – von Jo Jastram gestaltete – erste Marx-Denkmal auf afrikanischen Boden feierlich eingeweiht. Eine nur scheinbare Marginalie, die es angesichts der gegenwärtigen Umbrüche auf dem „schwarzen Kontinent“ durchaus mit zu vergegenwärtigen gilt.

Gleichzeitig erschien am selben Tag eine Festausgabe des I. Bands des „Kapitals“ auf Amharisch und markierte damit die erstmalige Übersetzung des Marx’schen Hauptwerks in eine afrikanische Sprache. Schon davor gab es freilich Übersetzungen anderer Schriften ins Amharische und Oromo. Das „Kapital“ selbst fand in Äthiopien – und anderen Ländern – zuvor jedoch vor allem auf Englisch (resp. Französisch) Eingang.

Wie immer man das nationaldemokratische, pro-sowjetische PMAC bzw. COPWE-Äthiopien, oder Burkina Faso unter „Afrikas Che“ Thomas Sankara, Tansania unter Julius Nyerere, die Volksrepubliken Angola und Mosambik und andere an Marx inspirierte revolutionäre Aufbrüche und alternative Entwicklungswege historisch des Näheren und im Detail auch einschätzen mag, sei alle – sowie zahlreiche afrikanische Befreiungsbewegungen – stehen als geschichtliche Wegmarken eines grundlegenden, sozialrevolutionären Ausbruchs aus Unterentwicklung, Armut, der Degradierung zu Rohstofflieferanten und dem herrschenden Neokolonialismus.

Denn noch heuteweist ein Blick auf Afrika auf die von Marx gebrandmarkte „tiefe Heuchelei der bürgerlichen Zivilisation und die nicht von ihr zu trennende Barbarei“, die sich gerade im Kolonialismus und heute: Neokolonialismus in ihrer „ganzen Nacktheit“ zeigt. (MEW 9)

Bzw., wie Marx schon bezüglich der „Morgenröte“ des Kapitalismus in globalem hervorhebt: „Die Entdeckung der Gold- und Silberländer in Amerika, die Ausrottung, Versklavung und Vergrabung der eingeborenen Bevölkerung in die Bergwerke, die beginnende Eroberung und Ausplünderung von Ostindien, die Verwandlung von Afrika in ein Gehege zur Handelsjagd auf Schwarzhäute bezeichnen die Morgenröte der kapitalistischen Produktionsära. Diese idyllischen Prozesse sind Hauptmomente der ursprünglichen Akkumulation. Auf dem Fuß folgt der Handelskrieg der europäischen Nation, mit dem Erdrund als Schauplatz.“ (MEW 23)

Und das gilt in prinzipieller Hinsicht desgleichen unvermindert für seine spätkapitalistische „Abenddämmerung“. Umso diffiziler natürlich, dass in der Gegenwart auch in Afrika – mit freilich wichtigen Ausnahmen – die marxistischen Kräfte vielfach fehlen oder marginalisiert sind.

Allerdings: Die erste Marx Statue auf afrikanischen Boden steht immer noch und verkörpert ungebrochen einen Vorschein auf eine noch uneingelöste emanzipatorische Zukunft sowie Wege der Öffnung zu dieser.

Quelle: KOMintern

KomIntern