Mutmachendes Antifa Camp in Stukenbrock
„Und sorget ihr, die ihr noch im Leben steht, dass Frieden bleibt, Frieden zwischen den Menschen, Frieden zwischen den Völkern.“ Dies ist die Mahnung von Stukenbrock, dies ist was uns die Überlebenden des Stammlagers 326 mitgeben wollten. Insgesamt durchliefen 300.000, vor allem sowjetische Kriegsgefangene die Qualen des Lagers. 65.000 von ihnen starben in Stukenbrock an der Senne in der Nähe von Bielefeld.
Um ihnen zu gedenken findet jährlich am 1. September eine Kundgebung der Initiative „Blumen für Stukenbrock“ auf dem sowjetischen Ehrenfriedhof statt (www.blumen-fuer-stukenbrock.eu). Seit einigen Jahren organisiert die SDAJ mit ihren Bündnispartnern zudem wieder das dreitägige „Antifa Camp Stukenbrock“. In diesem Jahr konnten wir 100 Jugendliche auf dem Camp begrüßen und mit ihnen gemeinsam aus der Geschichte für unsere Zukunft lernen. „Lasst uns an diesem Wochenende Kraft schöpfen für unsere zukünftigen Kämpfe und in den Workshops, Vorträgen oder einfach hier auf dem Platz diskutieren wie wir diesen Kampf gestalten wollen! Und lasst und vor Allem nie vergessen was hier vor weniger als 80 Jahren passiert ist! Und lasst uns das so tun wie wir es immer tun: kämpferisch! Denn Gedenken heißt Kämpfen!“ Mit diesen Worten wurde das Antifa Camp 2023 am Antikriegstag, dem 1. September, eröffnet.
Darauf folgte ein Wochenende, das den Jugendlichen vor Ort ermöglichte sich intensiv mit der Geschichte des Stalag 326 und den aktuellen Angriffen auf unsere Klasse auseinanderzusetzen. Jürgen Lloyd (Marx-Engels-Stiftung) referierte zur aktuellen Rechtsentwicklung, Ulrich Schneider (VVN-BdA) lieferte eine Analyse des Aufstiegs des Hitlerfaschismus und Elfriede Haug (DKP) erzählte von der Geschichte des Stalags, des Antifa Camps und des Arbeitskreises Blumen für Stukenbrock. Neben den Expertenvorträgen gab es viele Workshops von Genossinnen und Genossen der SDAJ. Laura und Nils sprachen über die innerdeutsche Militarisierung. Henriette zeigte, dass die bürgerliche Presse eine zentrale Rolle dabei spielt, uns gegen unsere eigenen Interessen in das kapitalistische System zu integrieren.
Die SDAJ konnte auch einige Bündnispartner auf dem Camp begrüßen. An dem Hauptpodium: „Kampf für Frieden, aber wie?“ nahmen Vertreter der DGB Jugend OWL und der Initiative gegen Krieg und Militarisierung teil. Dort wurde zuerst diskutiert wo wir stehen: unsere Schulen sind marode, die Reallöhne sinken immer weiter und wir haben Schwierigkeiten dabei, die Jugend in Aktion gegen die Militarisierung zu bringen. Schlussendlich konnten aber doch Antworten auf die Leitfrage des Podiums gefunden werden: Wir können uns nur gegen den massiven Kriegskurs wehren, wenn wir uns in breiten gesellschaftlichen Bündnissen zusammenschließen und dabei jeden ehrlichen Friedensfreund mitnehmen. Wir müssen unsere antimilitaristischen Forderungen zusammen mit der sozialen Frage mit unseren Kollegen und Mitschülern diskutieren und sie in die kommenden Tarifrunden, wie beispielswiese den TVL, einfließen lassen.
Doch keiner dieser Programmpunkte hinterließ bei den Teilnehmern so viel Eindruck wie die Jugendfriedhofsführung. Marco, Mitglied der SDAJ und des Arbeitskreises Blumen für Stukenbrock, führte uns eineinhalb Stunden über den Friedhof und erzählte die Geschichte des Stalag 326. Das Stammlager diente der Unterbringung von Kriegsgefangenen der deutschen Wehrmacht. Hier sollten sie fit gemacht werden, um dann Zwangsarbeit in der Industrie des Ruhrpotts oder auf den Bauernhöfen in OWL zu verrichten. Doch die Realität des Lagers war eine andere. Die Insassen waren geplagt von Hunger und Krankheiten. Sie schliefen in selbst gegrabenen Erdhöhlen oder unter freiem Himmel. Sie waren gezwungen, harte körperliche Arbeit zu verrichten. Wer dem nicht standhielt starb. 65.000 hielten diesen Bedingungen nicht stand. 65.000 starben. 65.000 Tote alleine im Stalag 326.
Nach der Selbstbefreiung des Lagers 1945 kehrten die Überlebenden nicht direkt nach Hause zurück. Sie blieben an dem Ort zurück, an dem sie so vieles erleiden mussten, an dem sie so viele Kameraden und Genossen haben sterben sehen. Sie wollten dafür sorgen, dass nie vergessen wird was im Stalag 326 geschah und was Faschismus wirklich für uns bedeutet. Sie hinterließen uns ein Denkmal, den Obelisken, und eben jene Mahnung.
Um diesen mutigen Antifaschisten gebührend zu gedenken, haben viele Genossinnen und Genossen viel Arbeit in die Organisation des Camps gesteckt. Wir konnten viele junge Genossen in neue Aufgaben entwickeln und auch unsere Bündnisarbeit stärken. Wir hatten die Chance ein Wochenende lang hautnah zu erleben was echte Solidarität bedeutet und was wir erreichen können, wenn wir gemeinsam kämpfen!
Quelle: Unsere Zeit