»Schon jetzt muss der Kampf gegen das geplante unerhörte Verbrechen geführt werden«
»Wie uns aus glaubwürdiger Quelle mitgeteilt wird, sind in einem bestimmten Büro der Zivilverwaltung die Listen der wehrfähigen Luxemburger bis zum Alter von 40 Jahren bereits fertiggestellt … Kein Zweifel, dass Hitlerdeutschland in diesem Jahre alles versuchen wird, die allgemeine Wehrpflicht in Luxemburg einzuführen«, schrieb im Februar 1942 die illegale Zeitung der KPL »Die Wahrheit«, die besonders unter den Berg- und Stahlarbeitern im Süden des Landes Verbreitung fand.
»Soweit darf es überhaupt nicht kommen, schon jetzt muss der Kampf gegen das geplante unerhörte Verbrechen geführt werden. Jeder Widerstand gegen die deutschen Bestrebungen, einerlei auf welchem Gebiet, ist auch ein Kampf gegen die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht«, schlussfolgerte die Zeitung, die seit Februar 1941 Monat für Monat zum Kampf gegen die faschistischen deutschen Besatzer aufrief, die Luxemburg am 10. Mai 1940 überfallen hatten und seither besetzt hielten.
Zeitgleich mit diesem Aufruf der »Wahrheit« bemühten sich die Kommunisten verstärkt, Kontakte zu anderen Widerstandsgruppen zu knüpfen, insbesondere zu der in Schifflingen gegründeten Alweraje, der Sozialisten und Linksintellektuelle angehörten, aber auch die Kommunistische Kampfgruppe Schifflingen.
Mit der Alweraje, die wiederum Kontakte zur Rümelinger »Letzeburger Freihétsbewegong« (LFB) und zum »Letzeburger Ro’de Lé’w« (LRL) hatte, einigten sich die Kommunisten auf einen »Appell zur Einheit«.
In dem Appell, vom kommunistischen Lehrer und Journalisten Jean Kill handschriftlich vorbereitet, wurde zur Bildung von gemeinsamen Aktionskomitees und eines zentralen Kampfausschusses aller Resistenzorganisationen aufgerufen, einschließlich der bürgerlichen, konservativen und nationalistischen Widerstandsgruppen in anderen Landesteilen, deren Widerstand nicht auf einer antifaschistischen Grundlage erfolgte.
Ziel der Nazis, die in Trier ein Sonderkommissariat eingerichtet hatten, um die Informationen über die Zusammensetzung und die Aktivitäten der kommunistischen Resistenzgruppen im industriellen Süden auszuwerten, war es, die kommunistische Resistenz noch im Vorfeld der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht auszuschalten.
Diesem Ziel diente die Razzia, die am 5. August 1942 »auf besonderen Führerbefehl« von der Gestapo (die Geheimpolizei der Nazis), der Schutzstaffel SS und der Wehrmacht durchgeführt wurde.
Einen Tag zuvor, am 4. August 1942, hatten KPL und Alweraje damit begonnen, ein Flugblatt zu verbreiten, auf dem es hieß: »Kein Luxemburger stirbt für Hitler – Wenn dein starker Arm es will, stehen alle Räder still«.
Weil die Nazis Informationen aus verhafteten Resistenzlern herausgeprügelt hatten und sich auf die Angaben eines Verräters stützen konnten, der bereits seit 1936 als Polizeispitzel in die KPL eingeschleust worden war, konnten sie innerhalb eines Tages über 70 Kommunisten und Resistenzler, von denen sie annahmen, sie würden der KPL angehören, zu verhaften und den Druckapparat, auf dem die illegale »Wahrheit« hergestellt wurde, zu beschlagnahmen.
Dennoch vermochten die Nazis nicht zu triumphieren, denn es gelang ihnen mit der Razzia nicht, der kommunistischen »Rädelsführer« Jean Kill, Nik. Moes, Dominique Urbany und Arthur Useldinger habhaft zu werden, so dass sie von einem Schauprozess gegen die KPL absehen mussten.
Auch scheiterten sie mit ihrem Ziel, die Berg- und Stahlarbeiter durch die Repression gegen die KPL so einzuschüchtern, dass sie die kurz bevorstehende allgemeine Wehrpflicht widerspruchslos hinnehmen würden. Das Gegenteil war der Fall, und der Generalstreik vom 31. August bis 2. September 1942 lieferte den Beweis dafür.
Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek