26. Dezember 2024

Ein Abschluss mit Haken

Übernommen von der Gewerkschaftlichen Linken:

Josef Stingl zum Metaller:innen KV-Abschluss

Der Mindestlohn in der Metalltechnischen Industrie, der sogenannte Kollektivvertragslohn, um die eigentlich primär verhandelt wird, steigt um 8,5 Prozent. Die rollierende Inflationsrate lag bei 9,6 Prozent, also ein nicht gerade berauschendes Ergebnis. Ein Urteil, das ungewollt ist. 

Es hat Tradition, dass Lohnabschlüsse positiv, erfolgreich und hervorragend präsentiert werden und die Medien spielen mit und berichten unkontrolliert die arithmetische Schönfärberei. Beispielsweise die Tiroler Tageszeitung: „In der untersten Einkommensgruppe steigt der Bruttogehalt von 2.236 auf 2.426 Euro. Bis zu einem Einkommen von bisher 3.791 Euro gibt es ein Lohnplus von zehn Prozent, eine Lohnstufe höher von 9,6 Prozent, also der rollierenden Inflation, die Basis für die heurigen KV-Verhandlungen war. Eine weitere Gehaltsstufe höher liegt das Plus bei 7,9 Prozent. Die Deckelung der Gehaltserhöhung mit 400 Euro greift ab einem Einkommen von bisher rund 4.150 Euro.” 

Nachgerechnet ergibt sich aus 2,236 plus 10 Prozent nicht ein Ergebnis von  2.426, sondern 2.460 Euro. Hätten sie nachkontrolliert, hätten sie gemerkt, dass etwas nicht stimmt und den Fehler der Vernebelung erkannt. Es werden  bewusst Äpfel mit Birnen bzw. Ist-Lohn- und KV-Lohnerhöhung verglichen, denn bei der Lohntabellen der KV-Löhnen gilt die 10-Prozent-Regelung nämlich nicht. 

Konkret heißt das, dass alle, die am 1. November in einem Unternehmen der Metalltechnischen Industrie ein Beschäftigungsverhältnis hatten die höhere Ist-Lohnregelung gilt. Für Leiharbeiter:innen, Jobwechsler:innen und Neueintritte nach dem 1. November gilt die niedrigere KV-Lohnregelung. 

Aber auch die Ist-Löhner:innen sollten beim Freuen vorsichtig sein. Der Lohnabschluss hat noch weitere Haken. Einer davon ist die sogenannte Wettbewerbssicherungsklausel. Sie sichert den Unternehmen bei „hoher Personalkostenbelastung“ eine Reduktion der Ist-Erhöhung um bis zu drei Prozent. 

Die genauen Regelungen müssen erst ausgehandelt werden. Ebenso ein Haken ist der Zwei-Jahres-Abschluss, der in einem Jahr die Möglichkeit des Arbeitskampfes stiehlt. 

Josef Stingl ist stv. Bundesvorsitzender des GLB und Gründungsaktivist der Gewerkschaftlichen Linken

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Quelle: Aktuelles Archive – Gewerkschaftliche Linke

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