Sternstunden der „werteorientierten“ EU-Politik
Übernommen von Zeitung der Arbeit:
Kommentar von Otto Bruckner, stellvertretender Vorsitzender der Partei der Arbeit (PdA).
Da waren sie besonders schlau, die beiden ehemaligen Jungsozialdemokraten. Olaf Scholz, einst Funktionär bei den deutschen Jusos, und Viktor Orbán, in den letzten Jahren des sozialistischen Ungarn noch Funktionär im längst sozialdemokratisierten „kommunistischen“ Jugendverband KISZ. Sie knobelten aus, dass Herr Orban einfach aufs Klo geht, wenn die Abstimmung stattfindet.
Mit diesem Streich gab es einen einstimmigen Beschluss der anderen 26 EU-Länder, Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine aufzunehmen. Der ganze Krawall, den Orban vorher veranstaltete, war also wieder einmal Theater. Erfolgreiches Theater, muss man sagen, denn immerhin hat er mit seiner Vetodrohung 10 von 30 Milliarden Euro losgeeist, die die EU Ungarn schuldet. Unter dem Vorwand der Bedenken gegen die Aushöhlung des Rechtssstaates wurde das Geld von der EU-Kommission zurückgehalten. Diese Woche fielen plötzlich die Bedenken, und man gab 10 Milliarden frei.
Da haben wir sie wieder, die ganze „werteorientierte“ (Außen) Politik. “ Die Moralheuchler sind nicht darum hassenswert, weil sie anders tun, als sie bekennen, sondern weil sie anders bekennen, als sie tun“ schrieb Karl Kraus. Man hat Bedenken wegen des angeschlagenen Rechtsstaats in Ungarn, hat aber kein Problem mit der Ukraine, in der es gleich gar keinen Rechtsstaat gibt.
Eine neuerliche Finanzspritze in der Höhe von 50 Milliarden Euro für Kiew, das seine gesamten zivilen Ausgaben wie schon in diesem Jahr, auch 2024 wieder durch Kredite und Zuschüsse aus dem Ausland finanzieren will, hat Orbán vorläufig abgelehnt. Erst müssen die restlichen 20 Milliarden nach Budapest wandern, dann ist er sicher wieder bereit, umzufallen.
Die Empörung des „Wertewestens“ über das wahllose Dahinschlachten von Zivilisten, das nach letzten Informationen 1.200 Todesopfer forderte, darunter hunderte israelische Soldaten, aber auch zahlreiche Kinder, war und ist groß. Dass aber Israel dabei ist, den Gazastreifen durch tausende Bombardements und Angriffe auf dem Boden vollständig zu zerstören, ruft höchstens ein Naserümpfen bei den Moralisten in den USA und Europa hervor. Die Zahl der toten Zivilisten, die Israel mit seinem primitiven Rachefeldzug zu verantworten hat, nähert sich den 20.000, darunter tausende Kinder. Weitere Tausende wurden im Gazastreifen und im Westjordanland willkürlich verhaftet, gedemütigt, gefoltert. Weitere Tausende wurden verletzt, ganz zu schweigen von den Traumata, die Erwachsene wie Kinder durch das brutale Vorgehen der israelischen Armee erleiden. Oder von der Obdachlosigkeit, vom Hunger, vom Mangel an Trinkwasser, von der Zerstörung von Krankenhäusern. Wo ist da der Rechtsstaat? Wo die Moral?
Hütet euch also vor den Moralisten. Je mehr sie sich empören, desto größer ist die Schweinerei, die sie decken. Rechtsradikale Clans in Tel Aviv und in Kiew können wüten, wie sie wollen, denn sie sind ja auf Seiten der „Guten“. Grüne, Sozialdemokraten, Konservative und Liberale, Faschisten, aber auch sogenannte „Linke“ bilden die politische Einheitsfront Europas, die sich der Kriegshetze, der Aufrüstung und einer Diplomatie des Elefanten im Porzellanladen verschrieben haben. Die Waffenschmieden in den USA und in Europa danken es ihnen. Superprofite und volle Auftragsbücher,. was will der Militärisch-industrielle-Komplex mehr!
Auf der anderen Seite der Barrikade stehen die Werktätigen und alle unteren Volksschichten. Sie zahlen den Preis der Doppelmoral. 2/3 des Steueraufkommens werden durch Lohn- Einkommens- und Mehrwertsteuer aufgebracht. Sie zahlen die Aufrüstung und den Kriegskurs, während der Sozialstaat und das Gesundheitswesen zertrümmert werden. Die großen Medienorgeln des Landes brauchen da nur ab und zu einen „Sozialschmarotzer“ vorzuführen, der zu Unrecht oder durch Kleinkriminalität Leistungen bezogen hat, die ihm nicht zustehen. Herrlich lässt sich das Volk mit solchen Geschichten aufhetzen, während die wahren Sozialschmarotzer, nämlich, die oberen 10.000, kaum Steuern zahlen, und dem Staat und der Sozialversicherung hunderte Millionen Euro schuldig bleiben, wenn ihre Spekulationen schief gehen. Siehe Kika/Leiner und Signa.
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