23. Dezember 2024

Terroristen oder Freiheitskämpfer?

Mitte der 90er Jahre fragte eine Kommilitonin in einem politikwissenschaftlichen Proseminar einer westdeutschen Hochschule, ob Nelson Mandela, der gerade zum ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas gewählt worden war, vor seiner Verurteilung zu lebenslanger Haft auf der berüchtigten Gefängnisinsel Robben Island im Oktober 1963 »Terrorist oder Freiheitskämpfer« gewesen sei. Das komme ganz auf den Standpunkt an, antwortete ihr der Professor, fügte aber hinzu, der auch bewaffnet geführte Kampf des Afrikanischen Nationalkongresses ANC und der mit ihm verbündeten Südafrikanischen Kommunistischen Partei SACP sei aus völkerrechtlicher Sicht legitim gewesen.

Heute bestreiten nur noch wenige, daß es sich bei Nelson Mandela, Denis Goldberg, Ahmed Kathrada, Govan Mbeki, Walter Sisulu, und wie die Kämpfer gegen die Apartheid in Südafrika alle hießen, Freiheitskämpfer waren, doch Palästinenser, die gegen das israelische Apartheidregime kämpfen, werden noch immer »Terroristen« genannt.

Doch erfreulicherweise gibt es auch Stimmen, die nicht erst von den Peter Gabriels und Simple Minds unserer Tage eines Besseren belehrt werden müssen. So erklärte der chinesische Völkerrechtler Ma Xinmin, Vertreter der Volksrepublik beim Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag, am Donnerstag, der bewaffnete Kampf der Palästinenser für ihre Freiheit von ausländischer und kolonialer Herrschaft sei legitim.

Aus dem Völkerrecht, so Ma, ergebe sich, daß »der Einsatz von Gewalt durch das palästinensische Volk, um sich gegen ausländische Unterdrückung zu wehren und die Gründung eines unabhängigen Staates zu vollenden«, »ein unveräußerliches Recht« sei, das »im Internationalen Recht gut begründet ist«. Unter Berufung auf etliche UNO-Resolutionen erklärte der Vertreter Chinas, Völker, die für ihre Selbstbestimmung kämpfen, könnten »alle erforderlichen Mittel, einschließlich des bewaffneten Kampfes« einsetzen.

Vor den Ausführungen Mas hatten die USA den IGH aufgefordert, kein bedingungsloses Ende der israelischen Besatzung Palästinas anzuordnen. Doch diese Gefahr bestand leider nie, denn die heutigen internationalen Institutionen, inklusive der wichtigsten UNO-Organisationen und internationalen Gerichte, werden nach wie vor von den USA und ihren Verbündeten in Europa und Asien kontrolliert. Deshalb konnte sich das Gericht in Den Haag bisher nur dazu durchringen, den Völkermordvorwurf Südafrikas und anderer Staaten gegen Israel als »nicht unbegründet« einzuschätzen, und Israel – bisher völlig unerhört – aufzufordern, Maßnahmen zu ergreifen, um einen Völkermord zu verhindern.

Seit Mitte Januar stehen auch die schiitischen Huthi im Jemen wieder auf der Terrorliste der USA. Die bewaffnete Bewegung, die unmittelbar nach dem Beginn des völkermörderischen Vorgehens der israelischen Armee im palästinensischen Gazastreifen begann, israelbezogene Frachtschiffe im Roten Meer, im Golf von Aden und im Arabischen Meer anzugreifen, sollte vielmehr als Vollstrecker des Haager Urteils angesehen werden.

Am Donnerstag untersagten die Huthi offiziell die Durchfahrt von Handelsschiffen durch die von ihnen kontrollierten Gewässer, falls sie Güter transportieren, die mit Israel in Zusammenhang stehen. Man setze auf Eskalation als Antwort auf die Eskalation Israels im Gazastreifen, sagte Abdel-Malik al-Huthi, der Anführer der Organisation, in einer Fernsehansprache. Bislang seien 48 Schiffe angegriffen worden. Bis zum Ende der Angriffe Israels auf den Gazastreifen würden nun auch Unterwasserwaffen eingesetzt.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek

JemenPalästinaSüdafrikaZLV