21. Dezember 2024

Foresight-Studie: Weiter hoher Anstieg psychischer Belastung in Wien

Übernommen von Zeitung der Arbeit:

Die vierte Studie zur psychischen Gesundheit in Wien zeigt, dass Erschöpfung, Ängste und Depressionen weiterhin zunehmen, insbesondere bei jungen Menschen und Frauen insgesamt.

Wien. Die Stadt Wien hat erneut eine Untersuchung zur mentalen Verfassung der Bevölkerung in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse zeigen, dass Erschöpfung, Ängste und Depressionen weiterhin ansteigen. Besonders junge Menschen und Frauen sind hiervon stark betroffen. Im Mai vorigen Jahres befragte das Institut Foresight (ehemals SORA) 1.033 Einwohnerinnen und Einwohner von Wien für ihre Studie, wobei knapp die Hälfte bereits im Vorjahr befragt worden war. Von den Befragten gaben mehr als ein Viertel (28 Prozent) an, dass ihre psychische Gesundheit im Vergleich zum Vorjahr schlechter geworden sei. Bei einem Fünftel der Befragten verschlechterte sich die psychische Gesundheit sogar kontinuierlich über einen Zeitraum von zwei Jahren.

 Die vorliegende Studie wurde bereits zum vierten Mal durchgeführt, erstmals im Jahr 2020. Die Auftraggeber waren die Psychosozialen Dienste in Wien, die Magistratsabteilungen 23 und 57 sowie der Fonds Soziales Wien. Trotz der herausfordernden Ergebnisse zeigte sich an einigen Stellen auch eine positive Entwicklung. Zum ersten Mal gab es eine größere Gruppe von Personen, bei denen sich die psychische Gesundheit verbesserte – nämlich 19 Prozent, was mehr als doppelt so viele sind wie im vorherigen Jahr. Zudem nahmen Einsamkeit und Orientierungslosigkeit erstmals wieder ab.

Frauen besonders belastet

Fast 70 Prozent der Befragten berichteten von Beeinträchtigungen im Alltag aufgrund von Erschöpfung – im Vergleich zur vorherigen Befragung, in der es noch 61 Prozent waren. Auch Ängste nahmen erneut zu, wobei 65 Prozent angaben, betroffen zu sein, während es im Vorjahr 60 Prozent waren.

Ewald Lochner, Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, wies in einer Mitteilung darauf hin, dass Personen, die bereits vor der Pandemie mit Herausforderungen zu kämpfen hatten, signifikant stärker von den Auswirkungen betroffen sind als andere. Besonders stark belastet sind demnach Frauen, die Sorgearbeit leisten, und Frauen unter 29 Jahren, insbesondere wenn sie über begrenzte finanzielle Mittel verfügen.

In den vergangenen Jahren stiegen Erschöpfung und Ängste bei jungen Menschen und Frauen kontinuierlich an. Insbesondere bei Frauen unter 29 Jahren im unteren wirtschaftlichen Drittel sind beispielsweise neun von zehn von Erschöpfung und Ängsten betroffen.

Teuerung zentrales Thema

Unter den abgefragten spezifischen Themen wurde von 59 Prozent der Befragten die steigende Teuerung als erhebliche Belastung empfunden. Zukunftsängste belasteten 41 Prozent, während globale Entwicklungen wie der Krieg in der Ukraine von 30 Prozent und die Coronavirus-Pandemie von 21 Prozent als belastend empfunden wurden.

Erstmals wurde auch nach dem Gebrauch von Medikamenten gefragt. Ein Viertel der Befragten gab an, in den letzten Wochen zumindest an einzelnen Tagen Schlaf- oder Beruhigungsmittel eingenommen zu haben. Knapp ein Fünftel griff zu Mitteln gegen Müdigkeit und Depression. Insbesondere bei jungen Menschen waren die Zahlen höher – hier verwendete ein Drittel Schlaf- oder Beruhigungsmittel, während 31 Prozent Medikamente gegen Depression und Müdigkeit einnahmen.

Regina Walter-Philipp, die ärztliche Leiterin der Suchthilfe Wien, äußerte nicht nur Bedenken hinsichtlich der hohen Zahlen, sondern auch bezüglich der „vergleichsweise geringen ärztlich begleiteten Medikation“. Bei den Personen unter 29 Jahren handelte es sich beispielsweise nur in knapp 60 Prozent der Fälle um verschreibungspflichtige Medikamente. Walter-Philipp betonte, dass selbst bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln eine ärztliche Beratung erfolgen sollte, da Selbstmedikation mit erheblichen Risiken verbunden ist.

Psychische Belastungen als Tabuthema

Die Studie zeigt weiterhin, dass es nach wie vor mit Schamgefühlen verbunden ist, Hilfe zu suchen, unabhängig von der Verwendung von Medikamenten. Ardjana Gashi, Leiterin der Psychosozialen Information in Wien, erklärte, dass immerhin 28 Prozent der Personen, die Unterstützung in Anspruch nehmen wollten, dies aufgrund von Schamgefühlen unterlassen haben. Sie betonte, dass im Bereich der Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen noch erhebliche Fortschritte erzielt werden müssen.

Quelle: ORF

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