Weltweiter Protest gegen Ecuadors Piratenakt
Schwer bewaffnete Spezialeinheiten der ecuadorianischen Sicherheitskräfte haben am 5. April in Quito die Botschaft Mexikos gestürmt und den früheren Vizepräsidenten des südamerikanischen Landes, Jorge Glas, aus der diplomatischen Vertretung verschleppt. Glas war Stellvertreter des linken Staatschef Rafael Correa. Zwischen 2017 und 2022 saß er wegen angeblicher Korruption im Gefängnis und wurde dann unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt. Als die Staatsanwaltschaft auf Geheiß des neuen Staatschefs Daniel Noboa Ende vergangenen Jahres erneut Haftbefehl gegen ihn erließ, flüchtete Glas in die mexikanische Botschaft und beantragte politisches Asyl. Das wurde ihm am 5. April gewährt – wenige Stunden, bevor die Uniformierten die diplomatische Vertretung überfielen. Bei der brutalen Polizeiaktion sollen auch mehrere mexikanische Diplomaten verletzt worden sein.
Mexikos Regierung brach als Reaktion sofort die offiziellen Beziehungen mit Quito ab und beorderte seine Vertreterinnen und Vertreter nach Hause. Zudem reichte Mexiko beim Internationalen Gerichtshof Klage gegen Ecuador wegen der Verletzung der diplomatischen Immunität ein. Außenministerin Alicia Bárcena verglich das Vorgehen des ecuadorianischen Regimes mit der faschistischen Diktatur in Chile: „Nicht einmal Pinochet hätte es gewagt, die mexikanische Botschaft in Chile zu betreten“, erklärte sie. Zahlreiche Länder Lateinamerikas und Europas sowie die Europäische Union verurteilten den Überfall Ecuadors, die Lateinamerikanische und Karibische Staatengemeinschaft CELAC kam zu einer Sondersitzung zusammen, das antiimperialistische Staatenbündnis ALBA verurteilte die Aggression. Neben Mexiko brach auch Nicaragua die diplomatischen Beziehungen zu Ecuador ab.
Ecuador, das unter der Regierung Correa als eines der sichersten Länder des Kontinents gegolten hatte, versinkt seit der Machtübernahme der Rechten im Chaos. Seit der Bananen-Multi Daniel Noboa im Oktober 2023 zum neuen Präsidenten gewählt wurde, eskaliert die Gewalt. Anfang Januar konnten mehrere hochrangige Drogenbosse aus dem Gefängnis fliehen, Angehörige der Mafiabanden griffen Sicherheitskräfte an, besetzten öffentliche Einrichtungen, Hochschulen und Einkaufszentren und stürmten sogar einen Fernsehsender in Guayaquil, wo sie während einer Livesendung vor laufenden Kameras Moderatoren als Geiseln nahmen. Als Reaktion darauf verkündete Noboa den Kriegszustand.
Correa, der mit einer Belgierin verheiratet ist und seit 2017 in der Heimat seiner Frau lebt, verurteilte die Piratenaktion des ecuadorianischen Staates. „Was die Regierung Noboa getan hat, ist in der lateinamerikanischen Geschichte ohne Beispiel. Keine der schlimmsten Diktaturen hat die Botschaft eines Landes verletzt.“ Ecuador sei kein Rechtsstaat, sondern „ein Staat der Barbarei mit einem Unfähigen (Präsidenten), der das Land mit einer seiner Bananenplantagen verwechselt.“
Die kubanische Tageszeitung „Granma“ erinnerte allerdings daran, dass der Überfall in Quito nicht der erste Angriff auf eine Botschaft in Lateinamerika gewesen sei. 1956 hatten Schergen der Batista-Diktatur die Botschaft Haitis in Havanna überfallen und mehrere Widerstandskämpfer ermordet, die dort Zuflucht gesucht hatten. 1980 besetzten staatliche Todesschwadronen die spanische Botschaft in Guatemala und setzten sie in Brand. Dennoch, so das Zentralorgan der KP Kubas, dürfe die internationale Gemeinschaft nicht nur die Verletzung der Wiener Konvention anprangern, sondern müsse sich für das Leben von Jorge Glas einsetzen, das aktuell in großer Gefahr sei.
Quelle: Unsere Zeit