„Lügenpresse“ und seriöse bürgerliche Medien – heute: Der Standard
Übernommen von Zeitung der Arbeit:
Seit vielen Jahren gibt es das Wort „Lügenpresse“. Er fand erstmals weitere Verbreitung, als die bürgerlichen Medien hierzulande allzu einseitig über den Putsch in der Ukraine 2013/14 berichteten. Seither taucht der Begriff immer wieder auf und das vielfach zu Recht, wenn es um die Berichterstattung in den bürgerlichen Medien geht. Ein Paradebeispiel dafür liefert „Der Standard“ aktuell in einem Artikel über die Solidarität mit Palästina in Frankreich.
Wien. In der Online-Ausgabe veröffentlichte Der Standard am Abend des 1. Mai einen Artikel über die Solidaritätsproteste mit Palästina an französischen Universitäten und Hochschulen. Besagter Artikel ist ein Paradebeispiel dafür, wie vermeintlich seriöse Medien einseitig und tendenziös berichten. Das beginnt bereits eingangs, wenn davon geschrieben wird, dass die Studentinnen und Studenten an der renommierten Pariser Universität Sciences Po Israel einen Völkermord unterstellen würden. Fakt ist aber, dass die Studierenden Israel das nicht unterstellen müssen, sondern ein entsprechender Prozess gegen Israel und gegen Deutschland wegen Unterstützung des Völkermords in Gaza vor dem Internationalen Gerichtshof läuft. Die Absicht hinter solchen Formulierungen ist vollkommen klar: die Kritik an Israel delegitimieren und als an den Haaren herbeigezogen darstellen.
Im weiteren Verlauf des Artikels werden die Proteste als Wahlkampfmunition für die linke Partei La France insoumise (LFI) bezeichnet. Ihr wird vorgeworfen, die Proteste zu Gunsten des Wahlkampfes weiter eskalieren zu wollen. Erreicht werden soll das über eine Einbeziehung der in den Banlieues zusammengepferchten und sozial und wirtschaftlich abgehängten Migrantinnen und Migranten. Das LFI „bläst seit Wochen in die Glut“, wie Der Standard wortwörtlich schreibt. Eigentliches Ziel ist aber nicht nur die LFI allgemein, sondern die palästinensisch-französische Anwältin Rima Hassan und die Fraktionssprecherin des LFI im französischen Parlament, Mathilde Panot.
Vorwurf „Terrorverherrlichung“
Beide sind zum Ziel der Repression gegen die Solidaritätsbewegung mit dem palästinensischen Volk in Frankreich geworden. Unter dem Vorwand der „Verherrlichung des Terrorismus“ soll jede Solidarität mit dem palästinensischen Widerstand unterdrückt werden.
Hassan und Panot sind dabei nicht die einzigen, die davon betroffen sind. Die deutsche Tageszeitung junge Welt berichtete, dass Jean-Paul Delescaut, Sekretär der Gewerkschaft CGT-Sektion „Nord“, in einem Schnellverfahren zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung verurteilt wurde. Der Grund für das Urteil war der Kommentar: „Die Schrecken der illegalen (israelischen) Besatzung haben sich aufgestaut. Seit Sonnabend erleben sie die Antwort, die sie provoziert haben.“
Dem Artikel in der junge Welt ist auch der Kommentar Panots zu entnehmen, weshalb ihr „Terrorverherrlichung“ vorgeworfen wird. Im Standard ist der Kommentar hingegen nicht zu finden. Panots angebliche „Verherrlichung des Terrorismus“ klingt nämlich so: „Die von der Hamas geführte bewaffnete Offensive palästinensischer Kräfte bewegt sich im Kontext der Intensivierung der israelischen Besatzungspolitik in Gaza, im Westjordanland und Ostjerusalem. Wir betrauern die israelischen und palästinensischen Toten.“
Es zeigt sich, dass der Standard in seiner Berichterstattung bewusst Fakten auslässt, um bei der Leserinnen- und Leserschaft den entsprechenden Eindruck erwecken zu können. In diesem Fall, dass es sich bei den Unterstützerinnen und Unterstützern Palästinas nur um Terroristen, Terrorverherrlicher, Antisemiten und Populisten handeln würde. Entsprechend endet der Artikel mit dem Vorwurf: „Die beiden Frauen hatten die Hamas-Attacke vom 7. Oktober auf Israel mehr oder weniger explizit gerechtfertigt.“
Kritik an der eigenen Berichterstattung will man dabei natürlich nicht stehen lassen. Wird mit dem Hinweis, was der Standard in seiner Berichterstattung als mehr oder weniger explizite Rechtfertigung des Angriffs vom 7. Oktober bezeichnet, Panots Text in die Kommentare gepostet, wird der Kommentar gelöscht. Löschungsgrund: Moderation – Forenregeln.
Quelle: Der Standard/jW
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