Das »soziale Europa« existiert nicht
Trotz der seit Wochen anhaltenden massiven Propaganda, die von unterschiedlichen politischen Parteien dank Geldern aus dem Staatshaushalt verbreitet, und in Fernsehspots und während Rundtischgesprächen gebetsmühlenartig wiederholt wird, vermochten die Anhänger der Europäischen Union keinen wirklichen Beweis für die Existenz eines »sozialen Europa« zu erbringen.
Die Internationale Arbeitsorganisation, eine Sonderorganisation der UNO, kam zur Schlussfolgerung, dass inzwischen knapp 73 Millionen Menschen in der EU arm sind, und 123 Millionen Einwohner in EU-Ländern die Folgen von Sozialabbau verkraften müssen – so viele wie nie zuvor.
Diese Armut ist keine Folge von Naturkatastrophen, sondern von politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen, die auf EU-Ebene und von Regierungen von EU-Ländern in enger Zusammenarbeit mit den Lobbyisten der Banken und Konzerne in Brüssel getroffen wurden und zu jener Austeritätspolitik führten, die bis heute so vielen Menschen zum Verhängnis wird.
Die EU wirkt seit jeher als Triebkraft, wenn es um die Durchsetzung von Austerität geht, und viele Regierungen von EU-Ländern sind deren willige Helfer. Parallel dazu wurde die Liberalisierung von öffentlichen Dienstleistungen und die Privatisierung von öffentlichen Betrieben durchgepeitscht, was zur Folge hat, dass Lohn- und Arbeitsbedingungen von vielen Beschäftigten verschlechtert, die Arbeitszeiten flexibilisiert und öffentliche Dienstleistungen abgeschafft oder teurer wurden, während auf EU-Ebene ein Angriff auf die bestehenden Sozial- und Rentensysteme bevorsteht.
Geradezu lächerlich ist es da, wenn angesichts dieses Rückschritts die Sozialdemokraten und christlichen Konservativen es als großen Sieg feiern, dass erst kürzlich eine Richtlinie über Plattformarbeit angenommen wurde, welche die Arbeitsbedingungen von Plattformbeschäftigten verbessern soll, und seit längerem die EU-Länder gebeten wurden, dafür zu sorgen, dass in Zukunft Löhne und Arbeitsbedingungen von 80 Prozent der Beschäftigten über Kollektivverträge geregelt werden.
Abgesehen davon, dass die Richtlinie über die Plattformarbeit zuvor im Interesse von Plattformkonzernen massiv verschlechtert wurde, werden die Plattformbeschäftigten auch weiterhin überausgebeutet und in Armut gehalten. Ändern wird sich das nur, wenn sie sich kollektiv dagegen zur Wehr setzen.
Das trifft auch auf den Bereich der Kollektivverträge zu. Wer hierzulande auf das »soziale Europa« wartet, um einen Kollektivvertrag und damit bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen zu bekommen, wird das bis zu seinem Pensionsalter wohl nicht erleben.
Das gleiche gilt, wenn es um eine Erhöhung des Mindestlohnes und der Mindestrente, bessere soziale Dienstleistungen, größere Bildungschancen, mehr Gesundheitsfürsorge, Arbeitszeitverkürzung sowie Maßnahmen gegen die Armut, die Arbeitslosigkeit und für den Bau von genügend bezahlbaren Mietwohnungen geht – alles Forderungen, die auch im Programm der KPL zu den EU-Wahlen zu finden sind.
Möglich wird das alles (und vieles mehr) nur, wenn der gewerkschaftliche und politische Kampf solidarisch und konsequent auf nationaler Ebene geführt wird.
Dazu braucht es persönliches Engagement und einen langen Atem. Kurzfristig kann man seine Zustimmung zu dieser Perspektive zum Ausdruck bringen, in dem man bei den EU-Wahlen am 9. Juni 2024 die KPL stärkt, die Partei, die kämpferische Gewerkschafter unterstützt und konsequent die politischen Interessen der Lohnabhängigen vertritt.
Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek