Lieferando geht gegen Streikende vor
An 25. Juni 2024 fand die dritte Streikwelle der Fahradbot:innen statt. Sie streiken unter dem Motto „Ihr sponsert – Wir streiken“ für faire Löhne über der Armutsgrenze. Nun will einer der Arbeitgeber, Lieferando, den Streikenden verbieten, Flyer zu verteilen. Dieses undemokratische Verhalten reiht sich ein in eine Serie von „Union-Busting“ und Angriffen auf das Streikrecht. Im Herbst etwa kriminalisierte das Management von ZKW Lichtsysteme einen Streik und ließ ihn per einstweiliger Verfügung abdrehen. Die Riders jedoch lassen sich nicht einschüchtern!
Bericht von vida.at: Die Streiks finden wieder bewusst zu Zeiten der Fußball-Europameisterschaft, an denen Österreich seine Matches spielt, statt. Grund dafür ist der seit Monaten anhaltende Stillstand bei den KV-Verhandlungen: „Während die Arbeitgeber Gesprächsverweigerung betreiben, frisst die Inflation die Löhne der Beschäftigten auf. Die Arbeitgeber geben zwar Unsummen für u.a. UEFA-Sponsoring aus, aber für die Mitarbeiter:innen ist nicht genug Geld da“, kritisiert Markus Petritsch, Vorsitzender des Fachbereichs Straße in der Gewerkschaft vida, dieses „Foul-play gegenüber den Beschäftigten“.
Löhne deutlich unter der Armutsgrenze
„Die Arbeitgeber und die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) sind nicht bereit, mit uns über faire Lohnerhöhungen zu verhandeln, die über der Armutsgrenze liegen“, so Petritsch weiter. Der Monatslohn in dieser Niedrigentlohner-Branche liege mit 1.430 Euro netto deutlich unter der aktuellen Armutsgrenze, die in Österreich seit April 2024 1.572 Euro beträgt. Das Angebot der Arbeitgeber liegt seit Monaten bei nur 5,8 Prozent. Das decke nicht einmal die von der Gewerkschaft geforderte rollierende Inflation für das Jahr 2023 in Höhe von 8,7 Prozent ab. „Wir fordern den Sozialpartner auf, endlich ein faires Angebot auf den Tisch zu legen, wir sind jederzeit verhandlungsbereit“, betont Petritsch.
Lieferando übt Druck auf Mitabeiter:innen aus
Für Unmut sorgte während der Streiks bisher auch, dass Lieferando Druck auf seine Mitarbeiter:innen ausübt, dass sie während der Arbeitszeit keine Flyer, in denen sie für ihre Anliegen und um Verständnis für die Streiks werben, weder an Partnerrestaurants noch an Kunden verteilen dürfen. Die Gewerkschaft hat in einem Schreiben an Lieferando klargestellt, dass die Arbeitnehmer:innen und die Gewerkschaft über einen Arbeitskampf informieren und der Druck auf die Beschäftigten einzustellen ist.
Laut Artikel 28 der Grundrechtecharta sowie Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention haben Arbeitnehmer:innen das Recht, sich für ihre Arbeitsbedingungen einzusetzen und dafür auch zu streiken. Auch eine Verteilung während der Lieferzeit ist eine berechtigte Ausübung des Streikrechts. Es ist daher zulässig, die Arbeitsleistung im Rahmen eines Streiks zur Gänze zu verweigern. Daher ist eine nur wenige Sekunden dauernde Übergabe von Informationsmaterial noch viel mehr erlaubt und geschützt, stellte die vida gegenüber der Lieferando Geschäftsführung klar.
Gewerkschaft wendet sich an Mininster:innen Gewessler und Kocher
Die Gewerkschaft vida hat sich in Schreiben auch an Verkehrsministerin Gewessler und Arbeitsminister Kocher gewandt: „Wir ersuchen Sie, die Mitarbeiter:innen Ihres Hauses anzuweisen, die Bestellungen und Kooperationen mit allen Unternehmen dieser Branche einzustellen. Insbesondere jene bei Foodora und Lieferando. Wir fordern die Bundesregierung auf, auch im Sinne der Arbeitgeber, die Regelungen zum Einsatz von freien Dienstnehmer:innen abzuändern und ersuchen diesbezüglich dringend um einen Termin“, heißt es im Schreiben der vida. Antworten aus den Ministerien stehen noch aus.
Quelle: KOMintern