Frankreichs Linke treten zur Wahl gemeinsam als »Volksfront« an
Nachdem der französische Präsident Emmanuel Macron am Sonntag als Reaktion auf den Wahlerfolg des rechtsextremen Rassemblement national (RN) die Auflösung des Parlaments und Neuwahlen verfügt hatte, trafen die linken Parteien am Montagabend zusammen, um einen gemeinsamen Wahlkampf zu vereinbaren.
Die sozialistische (PS) und die kommunistische Partei (PCF) waren durch ihre Präsidenten Olivier Faure und Fabien Roussel und die Bewegung La France insoumise durch ihren Koordinator Manuel Bompard vertreten. Diese politischen Führer waren seit fast einem Jahr nicht mehr gemeinsam aufgetreten. Das Treffen war nicht zuletzt möglich geworden, weil Jean-Luc Mélenchon, der Gründer von La France insoumise, den die Sozialisten und die Kommunisten wegen seiner oft überzogenen und kontraproduktiven Äußerungen als Belastung empfinden, im Hintergrund blieb.
Die Verhandlungspartner einigten sich nach mehrstündigen Diskussionen darauf, im Wahlkampf gemeinsam als »Volksfront« aufzutreten und in allen Wahlkreisen jeweils nur einen Kandidaten aufzustellen, diesen aber gemeinsam zu unterstützen, um den Erfolg zu optimieren. In einem Kommuniqué erklärten PS, PCF, La France insoumise und die Partei der Grünen sowie die Bewegungen Place publique und Générations: »Wir rufen zur Schaffung einer Volksfront auf, die in völlig neuer Form alle Kräfte der humanistischen Linken, der Gewerkschaften und der links eingestellten Bürgervereinigungen sammelt und den gemeinsamen Kampf organisiert.« So wollen sie den Franzosen eine Alternative sowohl zur Politik von Macron als auch zu den rassistischen Vorhaben des RN bieten.
Zwischen den Partnern bleiben noch einige Frage zu klären, vor allem die Details des gemeinsamen Wahlprogramms der Volksfront, über die sie sich in den nächsten Tagen verständigen wollen. Sie müssen auch noch für jeden Wahlkreis ihren gemeinsamen Kandidaten aushandeln und nominieren, damit die Liste bis zum gesetzlichen Endtermin am kommenden Sonntag um 18 Uhr bei der Nationalen Wahlkommission eingereicht werden kann. Am Montag beginnt dann der offizielle Wahlkampf, der nur die gesetzliche Mindestfrist von zwei Wochen umfaßt und damit der kürzeste in der Geschichte der Fünften Republik sein wird.
Ebenfalls am Montagabend kam es auf dem Pariser Platz der Republik zu einer spontanen Demonstration von mehreren tausend Menschen gegen die Rechtsextremen, die sich »kurz vor der Machtübernahme« befänden, und für die Verteidigung der Demokratie in Frankreich und Europa (Foto). Die meisten der großen Gewerkschaften des Landes haben gemeinsam für kommenden Sonntag für Paris und die großen Städte des Landes zu Demonstrationen aufgerufen, um ihrer Ablehnung der rechtsextremen Ideologie als auch ihren sozialen Forderungen Nachdruck zu verleihen.
Zu einer linken Volksfront zur Abwehr einer rechtsextremen Machtübernahme haben 350 namhafte Persönlichkeiten des politischen und intellektuellen Lebens, Künstler und Vertreter von Bürgervereinigungen in einem am Dienstag veröffentlichten Appell aufgerufen. Raphaël Glucksmann, der sozialistische Spitzenkandidat bei der EU-Wahl, hat vorgeschlagen, den ehemaligen Präsidenten der Gewerkschaft CFDT, Laurent Berger, zum führenden Vertreter der Volksfront und zum Kandidaten für das Amt des Regierungschefs im Falle eines Wahlsiegs zu ernennen.
Der Parteipräsident der rechtsbürgerlichen Republikaner, Eric Ciotti, beschuldigte die Sozialisten, die Kommunisten, die Grünen und vor allem La France insoumise, sie trügen durch ihren »Extremismus« eine »große Verantwortung für das Erstarken des Rassemblement national« und sie seien »die eigentliche Gefahr für Frankreich«. Auf die Republikaner setzt das RN, das zum Erlangen der absoluten Parlamentsmehrheit auf der Suche nach einem potentiellen Koalitionspartner ist, seine größten Hoffnungen.
Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek