Putschversuch in Bolivien gescheitert
Die Plaza Murillo im Zentrum von La Paz in Bolivien ist am Mittwoch zum Schauplatz eines Putschversuchs von Teilen des Militärs geworden. Vermummte und schwer bewaffnete Soldaten sowie Panzerfahrzeuge besetzten zunächst ohne auf Widerstand zu treffen das Zentrum der politischen Macht Boliviens, was sich jedoch im Laufe weniger Minuten änderte.
Alles begann gegen 14:30 Uhr. Militärs und Panzer sperrten die Zugänge zum Platz. Als Anführer des Überfalls traten General Juan José Zúñiga und die Kommandeure der Luftwaffe und der Marine auf. Das Militär bildete durch Metallgitter gestützte Kolonnen in einem Umkreis von einem Block um die Plaza Murillo, während Präsident Luis Arce und sein Kabinett im Regierungssitz, dem Großen Haus des Volkes, blieben und beschlossen, den Putschisten Widerstand zu leisten.
Regierungsminister Eduardo del Castillo forderte die Besatzung eines unmittelbar vor dem Eingang des Regierungspalastes stationierten Panzers auf, er solle „herunterkommen“ und den Putschversuch beenden. In dem Fahrzeug befanden sich auch Zúñiga und Vizeadmiral Juan Arnez Salvador. Zúñiga stieg in Uniform und mit kugelsicherer Weste aus dem Panzer und verkündete eine „wahre Demokratie“ etablieren wollen, die nicht einigen wenigen gehören solle, „die das Land bereits seit 30 oder 40 Jahren regieren“. Er kündigte sogar die „Freilassung aller politischen Gefangenen“ an. „Es kann nicht sein, dass Nachwuchskräfte einfach deshalb inhaftiert werden, weil sie einem Befehl Folge geleistet haben. Wir werden alle politischen Gefangenen freilassen. Von (Fernando) Camacho, (Jeanine) Áñez, den Generälen und den Leutnants, das ist die Bitte der Streitkräfte, und wir werden sie erfüllen“, versprach er.
Die genannten waren die Köpfe hinter dem Putsch, durch den im November 2019 der damalige Präsident Evo Morales gestürzt worden war. Nach der Wiederherstellung der Demokratie in dem südamerikanischen Land waren sie vor Gericht gestellt und inhaftiert worden.
Einer der Panzer rammte das Haupttor des Palacio Quemado und machte damit Zúñiga, Arnez und dem Kommandeur der bolivianischen Luftwaffe, Marcelo Zegarra, den Zugang zum Nebengebäude der Casa Grande del Pueblo frei. Drinnen stellte sich Boliviens Präsident Luis Arce den Putschisten entgegen und forderte von Zúñiga: „Wenn Sie das militärische Kommando respektieren, ziehen Sie alle diese Streitkräfte sofort ab. (…) Das ist ein Befehl.“ Der Putschistenchef verweigerte dies und kehrte zum Panzer zurück.
In einer Botschaft an Vizepräsident David Choquehuanca und seine Minister prangerte Arce an, dass ein Putschversuch im Gange sei. Das Volk rief er auf, die Demokratie zu verteidigen.
Zu diesem Zeitpunkt hatten sich bereits Hunderte Menschen in den Straßen rund um den Regierungspalast versammelt. Sie zündeten Feuer an, um die Auswirkungen des Tränengases zu reduzieren, das die Militärs gegen die Demonstrierenden eingesetzt hatten. „Putschisten! Putschisten!“ riefen sie den Uniformierten entgegen.
Nach Angaben von Verteidigungsminister Edmundo Novillo hatte die irreguläre Militärbewegung um 9:00 Uhr in Challapata im Departement Oruro begonnen, als die Uniformierten in sechs Transportern nach La Paz transportiert wurden. Gleichzeitig erfuhr der Minister, dass es in der siebten, achten und neunten Division der Armee eine Garnisonsanweisung gab, und meldete diese dem Präsidenten. Er berief sofort die drei Mitglieder des Oberkommando zu einer Sitzung ein, doch keiner der drei antwortete.
Als Reaktion auf den Putschversuch wurden Zúñiga, Arnez und Zegarra ihrer Posten enthoben. Gegen 17:30 Uhr übernahm José Sánchez Velásquez das Kommando über die Armee, Gerardo Zabala Álvarez das über die Luftwaffe und Renán Guardia Ramírez das üb er die Marine. Als erste Amtshandlung befahl Sánchez den Uniformierten, die die Plaza Murillo besetzt hatten, in die Kasernen zurückzukehren.
Ab 18:00 Uhr verließen die Soldaten die Plaza Murillo. Vom Balkon des Palacio Quemado aus dankte Präsident Arce den Menschen, die sich versammelt hatten, um die Demokratie zu verteidigen. „Die mobilisierten Menschen haben es möglich gemacht, dass dieser Putschversuch gescheitert ist, vielen Dank an das bolivianische Volk“, erklärte er.
Zúñiga und Arnez wurden verhaftet und müssen sich vor zivilen und Militärgerichten verantworten. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen aufgenommen. Regierungsminister Eduardo del Castillo äußerte die Hoffnung, dass auch die anderen Hintermänner dieses gescheiterten Staatsstreichs gefunden werden, der von Staatschefs der Region und internationalen Organisationen einhellig verurteilt wurde.
Quelle: Agencia Boliviana de Información / Übersetzung und Bearbeitung: RedGlobe