23. Dezember 2024

Bundesregierung muss sich für ein Ende der Besatzung einsetzen

Übernommen von Presse | IPPNW.DE:

Die ärztliche Friedensnobelpreisträgerorganisation IPPNW appelliert an die Bundesregierung als Konsequenz aus dem kürzlich veröffentlichten Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofes (IGH), alle strafrechtlichen, diplomatischen und wirtschaftlichen Mittel einzusetzen, um ein Ende der Besatzung der palästinensischen Gebiete zu erreichen. Die Bundesregierung dürfe keine Waffen mehr an die israelische Regierung exportieren, solle Palästina anerkennen und sich innerhalb der EU für eine Suspendierung des EU-Israel-Assoziierungsabkommens einsetzen, das in Artikel 2 alle Vertragspartner zur Wahrung der Menschenrechte verpflichtet.

Laut dem IGH verstößt Israels Siedlungspolitik in den besetzten palästinensischen Gebieten gegen das Völkerrecht. Die israelische Regierung mache sich aufgrund der dauerhaften Besatzung, der Ausbeutung palästinensischer Ressourcen, der Anwendung unterschiedlicher Rechtssysteme für israelische Siedler*innen einerseits und Palästinenser*innen im Westjordanland andererseits faktisch der Annektierung schuldig. Auch israelische Sicherheitsinteressen könnten die Aneignungen von Land nicht rechtfertigen. Die israelische Regierung müsse für die Besetzung des Westjordanlandes und Ostjerusalems Wiedergutmachung leisten.

Völkerrechtlich gesehen ist die israelische Regierung als Besatzungsmacht zudem in der Pflicht, die Bevölkerung in den besetzten Gebieten zu schützen. Seit dem Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 haben Angriffe von Siedler*innen auf Palästinenser*innen im Westjordanland stark zugenommen: Gezählt werden 554 Tote und 5.500 Verletzte. Nach Angaben der israelischen Nichtregierungsorganisation HaMoked, die sich für die Rechte von Palästinenser*innen stark macht, sitzen zudem über 3.300 Menschen in Administrativhaft in israelischen Gefängnissen. Am Montag berichtete Steffen Seibert, deutscher Botschafter in Israel, dass radikale Siedler im Westjordanland internationale und israelische Menschenrechtsaktivist*innen angegriffen hätten, die palästinensische Bauern zu ihren Olivenhainen begleiteten, um ihnen durch ihre Präsenz Schutz zu geben.

Viel gravierender noch sind die humanitären Folgen des Krieges zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen. Die Zahl direkter und indirekter Todesfälle im Gazastreifen beträgt laut einer kürzlich veröffentlichten Berechnung in der medizinischen Fachzeitschrift „The Lancet“ geschätzt 186.000 Menschen. Das entspricht laut den Autor*innen 7-9 Prozent der Bevölkerung. Zu den indirekten Todesursachen gehören u.a. Krankheiten, die aufgrund der zerstörten Infrastruktur des Gesundheitswesens nicht oder nur unzureichend behandelt werden können, sowie die schwerwiegende Knappheit an Nahrung, Wasser und Unterkünften. Laut WHO sind im Gazastreifen derzeit nur noch 16 Krankenhäuser mit 1.532 Betten für Patient*innen teilweise in Betrieb. Die Weltgesundheitsorganisation warnt seit gestern vor einer sehr großen Polio-Gefahr im Gazastreifen.

„Die Bundesregierung muss jetzt handeln und sich engagiert für einen baldmöglichsten Waffenstillstand im Gazastreifen sowie ein Ende der militärischen Gewalt im Westjordanland einsetzen. Sie darf die massive Gewalt von Siedler*innen und Militär im Windschatten des Gazakrieges nicht länger dulden und sich damit mitschuldig machen an gravierenden Völkerrechtsverstößen“, betont die IPPNW-Vorsitzende Dr. Angelika Claußen.

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, erklärte im März dieses Jahres, die Gewalt der Siedler*innen und die Verstöße im Zusammenhang mit der Besiedlung hätten ein schockierendes Ausmaß erreicht und würden die Gefahr bergen, dass jede praktische Möglichkeit zur Errichtung eines lebensfähigen palästinensischen Staates zunichtegemacht wird.

Quelle: Presse | IPPNW.DE

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