Bunker-Mentalität
Übernommen von Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek:
Als Berlin, die Hauptstadt von Hitlers »Drittem Reich« im April 1945 bereits weitgehend in Trümmern lag, die Rote Armee der Sowjetunion sich von Osten her unaufhaltsam dem Stadtzentrum näherte, die westlichen Alliierten in Torgau an der Elbe mit sowjetischen Soldaten auf den bevorstehenden Sieg anstießen, saß der GRÖFAZ, der »Größte Führer aller Zeiten«, tief unten in seinem »Führerbunker« unter der Reichskanzlei und diktierte sein »Politisches Testament«. Die wesentliche Aussage in diesem Wisch: Das deutsche Volk hat einen solchen Führer nicht verdient. Wenn der Führer untergeht, möge auch das deutsche Volk untergehen,,,
Wenige Tage danach erlöste er die Welt durch eine Giftkapsel und einen Pistolenschuß von seiner Gegenwart, und der ratlosen Generalität blieb nichts anderes übrig, als zunächst die Hauptstadt aufzugeben und dann, in der Nacht vom 8. zum 9. Mai die Urkunde über die bedingungslose Kapitulation der gesamten Wehrmacht zu unterzeichnen.
Ein wenig ruhmloses Ende dürfte sich auch der israelische Regierungschef Netanjahu ausrechnen. Ein Krieg gegen die Palästinenser in Gaza und in der Westbank, gegen die Hisbollah im Libanon und gegen den »Erzfeind« Iran ohne »totalen Sieg« wird nicht nur das Aus seiner Regierungszeit bedeuten, sondern auch die relativ sichere Aussicht auf eine Gefängnisstrafe, denn mit dem Verlust seiner Immunität als Premierminister werden diverse Anklagepunkte vor einem ordentlichen Gericht zu verhandeln sein.
Also meint Herr Netanjahu, daß er diese Frist verlängern kann, indem er gemeinsam mit seinen rechtsradikalen Kumpanen noch möglichst viele Palästinenser umbringen läßt, den Nachbarn Libanon weiter zu einem offenen Krieg herausfordert und auch den Iran zu einem größeren Gegenschlag provoziert. Die Folgen sind ihm offensichtlich egal, für einen großen Brand im Nahen Osten trüge er zwar die Schuld, würde jedoch nicht dafür zur Verantwortung gezogen werden. Seine engsten Verbündeten, die in Washington und Berlin immer noch vom »Recht Israels auf Selbstverteidigung« faseln, wissen nun nicht mehr, wie sie die Büchse der Pandora wieder schließen können. Der deutsche Kanzler versucht es mit einem leisen Aufruf zur Vernunft, und der USA-Präsident schickt vorsichtshalber eine mittlere Streitmacht. Ob dadurch die Katastrophe verhindert werden kann, ist bisher nicht klar.
Nicht viel anders scheint es auch dem Alleinunterhalter in Kiew zu gehen, dessen Amtszeit als Präsident zwar abgelaufen ist, der sich aber dank eigener Dekrete einer Neuwahl verweigert und weiterhin allabendlich Botschaften aus seinem Bunker über das ukrainische Einheitsfernsehen verbreiten läßt. Zwar hat er einige Fühler ausstrecken lassen, um die Möglichkeiten für Verhandlungen zu sondieren, aber im Gegensatz dazu propagiert er öffentlich den »totalen Krieg«. Nachdem er ihn auf dem Schlachtfeld auf ukrainischem Boden trotz der zig Milliarden Doller und Euro, trotz der Unmassen an Waffen und Munition, trotz der medialen Beihilfe fast sämtlicher westlicher Medien nicht herbeireden kann, läßt er nun seine Truppen auf russisches Territorium los – ausgerechnet im Gebiet Kursk, auf dem schon einmal eine große Panzerschlacht verloren gegangen ist.
Besinnung auf die Geschichte kann zuweilen helfen, Wege zu suchen und zu finden, um fatale Fehler zu vermeiden. Kriege sollten nicht auf dem Schlachtfeld, sondern am Verhandlungstisch beendet werden.
Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek