Hinhaltetaktik
Übernommen von Unsere Zeit:
Das Komitee gegen das Verbot des Vereins Palästina Solidarität Duisburg (PSDU) wirft dem Innenministerium Nordrhein-Westfalens vor, die Erwiderung auf die Klage gegen die Verbotsverfügung zu verschleppen. Am 16. Mai hatte Herbert Reul (CDU) den Verein verboten, die Verfügung lag jedoch bereits seit dem 18. März in der Schublade des NRW-Innenministers. Mit vier Hausdurchsuchungen und umfangreicher bundesweiter Berichterstattung war die Polizeiaktion groß in Szene gesetzt worden.
Die Betroffenen hatten gerade einmal einen Monat Zeit, um gegen das Verbot zu klagen. Am 16. Juni reichten sie Klage beim Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster ein und strengten ein Eilverfahren gegen das Verbot an. Man habe es sich nicht gefallen lassen wollen, untätig zuhause zu sitzen, während in Gaza ein Völkermord mit Unterstützung der deutschen Bundesregierung stattfinde, heißt es in einer Erklärung auf der Webseite des Komitees.
Vor kurzem hat das NRW-Innenministerium nun in einer Mitteilung erklärt, dass die Behörde noch bis Ende August brauche, um auf die Erwiderung zu antworten, die in der Begründung für das Eilverfahren steht. Dies nehmen die Kläger sowie das Komitee gegen das Verbot zum Anlass, dem Ministerium vorzuwerfen, das Verfahren unnötig in die Länge zu ziehen und auf Zeit zu spielen.
Immerhin handele es sich um „ein Ministerium mit hunderten Mitarbeitern, das bereit ist, ungeheure Summen für die Repression gegen die Palästina-Solidaritätsbewegung zu verprassen. Ein Ministerium, das mutmaßlich schon seit Oktober 2023, auf jeden Fall aber seit März 2024, also seit fünf bis zehn Monaten, zu diesem Fall arbeitet und sich entsprechend vorbereiten konnte. Ein Ministerium, das diesen Fall selber und unprovoziert angestoßen hat“, heißt es in dem Statement.
Das OVG Münster hatte das NRW-Innenministerium am 18. Juni um eine Stellungnahme zur Klage gegen das Verbot gebeten. In einem Schreiben vom 29. Juli, das UZ vorliegt, erklärte auch das OVG, dass sich die zuständige „Berichterstatterin des hiesigen Verfahrens noch bis Mitte August 2024 im Urlaub befindet“. Eine Vertretung in diesem von Seiten der Behörden sehr hoch gehängten Verfahren mit Symbolwirkung für mögliche weitere Repressionsschläge scheint es beim OVG nicht zu geben. Damit ist es sehr wahrscheinlich, dass das Innenministerium zweieinhalb Monate Zeit bekommt, um seine Stellungnahme abzugeben. Dies wertet das Komitee als eine Dreistigkeit, aber auch als Zeichen der Schwäche.
„Wir sind überzeugt, dass es sich um eine bewusste Verschleppung handelt, damit eine mögliche Wiederherstellung der Legalität von PSDU möglichst spät zustande kommt. Offenbar spekuliert man im NRW-Innenministerium darauf, dass, je länger das PSDU-Verbot gilt, desto stärker der Schaden für die Palästina-solidarische Bewegung in Duisburg und NRW ist“, erklärt das Komitee in der Stellungnahme. Gleichzeitig zeige dieses Vorgehen, dass Innenminister, Verfassungsschutz und LKA offenbar wüssten, auf welch tönernen Füßen das PSDU-Verbot stehe. Die Entscheidung liege nun bei den Richtern in Münster, ob sie dieser rechtlich äußerst fragwürdigen Taktik des Innenministeriums einen Riegel vorschieben oder den Behörden und ihrer Unverschämtheit freien Lauf lassen.
Um sich solidarisch zu erklären und gegen das Vorgehen der Behörden zu protestieren, hielten rund 30 Aktivistinnen und Aktivisten der Gruppe Palästina Antikolonial und der Studierendenverband SDS aus Münster am 2. August eine Kundgebung vor dem OVG ab. In einer Rede bedankte sich der anwesende Kläger Leon Wystrychowski für die Solidarität. „Dass ihr heute hier seid, dass ihr das organisiert habt, um Druck zu machen, das ist echte Solidarität! Das brauchen wir“, erklärte der linke Aktivist vor den Anwesenden. „Man kann sich in diesem Land heute nicht davor schützen, verboten zu werden. Das geht nur, wenn man aufhört, eine Meinung zu haben, aufhört, gegen Unrecht zu kämpfen, aufhört, Mensch zu sein. Nur dann ist man vor Repression wirklich sicher. Aber wir können uns schützen in dem Sinne, dass wir uns auf ihre Repression vorbereiten.“
UZ-Friedenstage in Berlin
Solidarität mit Palästina
Solidaritätsgruppen mit Palästina aus Duisburg, Leipzig und Berlin stellen ihre Arbeit vor und berichten über Fälle von Repression. Gemeinsam mit ihnen diskutieren wir über die Perspektiven der Palästina-Friedensbewegung und den Widerstand gegen die Kriminalisierung der Solidaritätsarbeit in Deutschland.
Sonntag, 25. August, 12.00 Uhr, Kultursalon
Quelle: Unsere Zeit