Zum Tod des Baumeisters
Übernommen von Zeitung der Arbeit:
Kommentar von Otto Bruckner, stellvertretender Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA)
Als hätte Österreich keine anderen Sorgen, zelebrieren die Medien aller Coleurs – von Krawallblättern bis „Qualitätszeitungen“ – die Nachricht vom Tod des Baumeisters und Shoppingcenter-Betreibers Richard Lugner. Er starb im 92. Lebensjahr und die Lobhudeleien auf sein Lebenswerk überschlagen sich. Grundtenor: Er war etwas eigenartig, aber ein sehr erfolgreicher Unternehmer.
Über Tote soll man nur Gutes sagen, gebietet uns das lateinische Sprichwort (De mortuis nil nisi bonum). Deshalb schweigen wir besser nobel über seine politischen Ambitionen.
Ein paar Fragen zu seinem Werdegang drängen sich dann aber doch auf: Er ist sehr reich gestorben, soll ein Vermögen von 100 Millionen Euro und mehr angehäuft haben. Hat er das alles selbst erarbeitet, Ärmel aufgekrempelt und zum Beispiel alleine die Moschee in Wien-Donaustadt gebaut? Ein paar Architekten, Zeichner, Sekretärinnen, Bauleiter, Poliere, Facharbeiter, Hilfsarbeiter, Reinigungskräfte und Subfirmen wird er dann doch gebraucht haben, und nicht zu wenige.
Was wurde aus dem Maurer, der unter Lebensgefahr den letzten Ziegelstein auf die Spitze des Minaretts setzte, was aus dem Zeichner, der die orientalischen Bögen konstruierte, was aus dem Fliesenleger, der die Mosaike herstellte? Wir wissen es nicht und werden es nicht erfahren. Denn sie alle sind nicht wichtig in einer Welt, in der Profit über alles geht. Da sind jene, die ihn erwirtschaften, unwichtig und austauschbar. Wie viele haben sich ihre Gesundheit runiert beim Schuften für den Baumeister? Niemand von ihnen konnte sich Privatärzte leisten, die einen bis ins hohe Alter in Schuss halten. Nicht wenige hatten nicht mehr viel von ihrer Pension, weil sie früh verstarben. Sie sind die namenlosen Franz und Mehmet, Elisabeth und Dragan, die den Reichtum des Baumeisters erschufen.
Richard Lugner möge in Frieden ruhen. Er hatte den Ruf, seine Belegschaften anständig zu behandeln und über dem Branchendurchschnitt zu bezahlen. Er galt auch als unbestrittener Fachmann, der Respekt in der Bauzunft genoss. Dennoch war er ein Ausbeuter wie andere auch, mit dem Unterschied, dass er auch noch den Kasperl geben musste. Seinen Reichtum, und damit auch die finanzielle Basis für schillernde Opernball-Gäste und andere Unnötigkeiten schuf die Arbeiterklasse.
Sogar der frühere Grünen-Politiker und heutige Bundespräsident Alexander Van der Bellen verspürte den Drang, ein paar salbungsvolle Worte der Trauer zu finden. Er, der bekennende Feminist, für den Mann, dem die Medien einen „Zoo“ von Frauen zuschrieben, denen er alle Tiernamen verpasste.
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Quelle: Zeitung der Arbeit