Den Osten endlich voranbringen!
Übernommen von Die Linke:
Zum Tag der Einheit in einem zweigeteilten Land
„Einigkeit und Recht und Freiheit“ – heißt es im Text der deutschen Nationalhymne. Doch von Einigkeit kann in diesem Land keine Rede sein. Im Gegenteil: Die Politik der Bundesregierung vertieft die soziale und politische Spaltung des Landes und treibt die Menschen weiter auseinander. Auch 34 Jahre nach der sogenannten Wiedervereinigung ist und bleibt das Land zweigeteilt. Der Soziologe Steffen Mau spricht vom „Fortbestand zweier Teilgesellschaften“.
Ein Blick auf die Statistiken zeigt, wie groß das Gefälle zwischen beiden Landesteilen noch ist: So liegt das Jahresbruttogehalt der Vollzeitbeschäftigten im Osten im Durchschnitt fast 10.000 Euro unter dem im Westen. Gleichzeitig wird dort pro Einwohner fast neunmal so viel Vermögen vererbt oder verschenkt wie im Osten. Jeder dritte Rentner im Osten bekommt weniger als 1.000 Euro Rente im Monat. Auch mehr als drei Jahrzehnte nach dem Beitritt der DDR sucht man Ostdeutsche in Führungspositionen oftmals vergebens. Seit Jahren stagniert der wirtschaftliche Aufholprozess: Der Osten erreicht nur 75 Prozent der westdeutschen Wirtschaftsleistung, obwohl die Menschen hier länger arbeiten als im Westen.
Wohin man auch schaut, die Unterschiede bleiben. Das nährt den Frust im Osten und so setzt sich bei immer mehr Bürgerinnen und Bürgern der Eindruck fest, Menschen zweiter Klasse zu sein. Längst spiegelt sich die Wut auch in den Wahlergebnissen wider. Der AfD ist es gelungen, den Frust der Menschen auf jene zu umzulenken, die hier Schutz vor Krieg, Verfolgung und Armut suchen. Sie machen die Geflüchteten zu Sündenböcken für die verfehlte Politik der letzten Jahrzehnte. Kein Wunder, dass die für das Desaster verantwortlichen Parteien hier aufspringen. Anstatt die AfD zu schwächen, hat man sie gestärkt und es ist nicht absehbar, wie man den blau-braunen Geist wieder in die Flasche kriegen will.
Für uns ist klar: Die abgehängten Teile des Ostens, in denen die AfD besonders stark ist, sind oft auch die wirtschaftlich schwächsten Regionen. Hier haben die Menschen oft zu Recht das Gefühl, dass die Bundespolitik sie vergessen hat. Weil der alten BRD ihre Industrie wichtiger war als das Überleben der DDR-Betriebe, wurde der Osten großflächig deindustrialisiert. Darum hat kein großer DAX-Konzern seinen Sitz in den neuen Ländern. Deshalb brauchen wir endlich mutige Investitionen in den Standort Ostdeutschland, damit die neuen Länder aufholen können.
Wir müssen Cluster schaffen, in denen Forschung, Entwicklung und Produktion in einer Region stattfinden. Nur so können wir neue und gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen, die auch Bestand haben, wenn die Fördergelder nicht mehr fließen. Dazu brauchen wir eine ehrliche Analyse der Bedingungen vor Ort. Schluss mit dem Stückwerk und der Förderung von sogenannten Leuchttürmen, die die Strukturschwäche ganzer Landstriche überstrahlen sollen. Die Politik muss sich ehrlich machen. Wir brauchen dazu eine aufrichtige Bestandsaufnahme und müssen schauen, wo Chancen und ungenutzte Potenziale liegen.
Das kann nur gelingen, wenn sich Bund und Länder auf eine Ost-Strategie einigen, um so dafür zu sorgen, dass die abgehängten Regionen wieder eine Zukunft haben. Ohne eine solche Strategie bleiben alle Versuche, dem Osten mit Fördermilliarden auf die Beine zu helfen, nur Stückwerk. Zudem brauchen wir eine Lohnoffensive Ost für mehr Tarifbindung und flächendeckende Tarifverträge sowie einen höheren Mindestlohn von 15 Euro. Die Linke fordert auch eine solidarische Mindestrente von 1.250 Euro als Sockelbetrag und die sofortige Angleichung der Ostrenten an das Westniveau sowie die Fortsetzung der Umrechnung der Ostlöhne für die Rentenversicherung bis mindestens 2030. Wenn die Bundesregierung jetzt nicht handelt, wird der Osten nicht mehr aufholen können.
Quelle: Die Linke