19. Dezember 2024

Bahnbeschäftigte fordern eine sichere und nachhaltige Zukunft

Übernommen von der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF):

Mit ihrer globalen Kampagne für sichere und nachhaltige Bahnen machen Gewerkschaften Druck und ergreifen die Chance, im Jahr 2025 Einfluss auf internationale Arbeitsnormen für den Schienenverkehr zu nehmen.

Am 16. Oktober 2024 kamen Gewerkschafter*innen in Marrakesch (Marokko) zur Konferenz der ITF-Sektion Eisenbahn zusammen, um einen Fünfpunkteplan für die nächsten fünf Jahre zu verabschieden, der die folgenden Schwerpunkte enthält:

  1. Ausweitung der Kampagne für sichere und nachhaltige Bahnen
  2. Stärkung der Geschlechtergleichstellung und Inklusion von Frauen in den Eisenbahnsektor,
  3. Prüfung von Möglichkeiten im Hinblick auf die Verbindung von Schienengüterverkehr und Lagerhaltung in globalen Lieferketten,
  4. Entwicklung der Kapazitäten von Gewerkschaften durch Projekte für Gewerkschaftsaufbau,
  5. Sicherstellung von wirksamen Empfehlungen auf der im Jahr 2025 bevorstehenden Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) zum Thema Eisenbahn,

Die Delegierten hoben hervor, dass Sicherheit auf der gewerkschaftlichen Agenda an erster Stelle steht, insbesondere da die Beschäftigten weiter mit den Auswirkungen der Kürzung von Mitteln und Arbeitsplätzen und chronischer Unterbesetzung zu kämpfen haben.

„Bahnbeschäftigte sind entscheidend, um die Sicherheit der Bahnen für die Menschen, die sie benutzen, zu gewährleisten. Wir werden nicht zulassen, dass die Sicherheit oder die Arbeitsnormen bei unseren Eisenbahnen heruntergefahren werden.“

In einem bewegenden Moment legten die Konferenzteilnehmer*innen eine Schweigeminute zum Gedenken an ihre seit der letzten Konferenz 2018 verstorbenen Kolleginnen und Kollegen ein, darunter die stellvertretende Sektionssekretärin Janina Malinovska und José Bonnin Toro, einem Mitglied der Globalen ITF Arbeitsgruppe Eisenbahn, der im Juni gemeinsam mit dem Bahnbeschäftigten Daniel Vega bei einem tragischen Zugunglück ums Leben kam.

„Ihr Verlust erinnert uns eindringlich an die Gefahren, denen unsere Beschäftigten jeden Tag ausgesetzt sind, und ist uns allen ein Ansporn, uns noch stärker für die Sicherheit unserer Kolleginnen und Kollegen und der Menschen, für die wir Dienste erbringen, einzusetzen. Wir schulden es ihnen und allen Bahnbeschäftigten, höchste Sicherheitsnormen im Schienenverkehr zu fordern.“

Die Delegierten verabschiedeten ferner die Charta für Bahnbeschäftigte mit Behinderung, ein wegweisendes Bekenntnis zur umfassenden Unterstützung von Menschen mit Behinderung am Arbeitsplatz.

Lamiaa Kamal, ein Mitglied der marokkanischen UMT mit Behinderung, erklärte, wie wichtig es sei, Barrierefreiheit als Thema der Gleichstellungsarbeit voranzutreiben.

„Als Sehbehinderte kenne ich die Barrieren, mit denen Menschen mit Behinderung am Arbeitsplatz konfrontiert sind, aus eigener Erfahrung. Aber ich weiß auch, dass wir gemeinsam die Macht haben, sicherzustellen, dass allen Menschen, ob mit oder ohne Behinderung, die Würde und der Respekt entgegengebracht werden, die sie verdienen,“ so Kamal.

„Die Charta für Bahnbeschäftigte mit Behinderung ist ein wirksames Instrument für Veränderung. Sie bedeutet eine Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass Beschäftigte mit Behinderung im Eisenbahnsektor einen umfassenden und gleichberechtigten Beitrag leisten können.“

Die Delegierten nahmen auch vier von Mitgliedsorganisationen eingebrachte Entschließungsanträge und einen Dringlichkeitsantrag an, die als wichtige Instrumente für die Sicherung der Zukunft der Beschäftigten in den Fünfjahresplan für die Arbeitsschwerpunkte eingewoben werden:

  1. Fahrerlose Züge: Ein Entschließungsantrag der JRU (Japan) warnt vor den Risiken der Automatisierung und fordert stärkere Kontrolle und regulatorische Rahmenbedingungen, um Unfälle und Stellenabbau zu verhindern. Der Entschließungsantrag unterstreicht die Bedeutung qualifizierter menschlicher Arbeitskräfte für die Aufrechterhaltung der Sicherheitsnormen.
  2. Verhinderung von Fragmentierung und Privatisierung: Ein von der deutschen Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) unterbreiteter Entschließungsantrag, der von fünf europäischen Bahngewerkschaften unterstützte wurde, betont die Notwendigkeit, die Aufspaltung von integrierten öffentlichen Bahnunternehmen zu stoppen, ein zunehmender Trend, der zur Fragmentierung von Dienstleistungen, der Beeinträchtigung der Sicherheit und einem Verlust von Arbeitsplätzen zu führen droht. Dieser Entschließungsantrag wird den Anstoß für Kampagnen zur Beendigung von Privatisierungsmaßnahmen geben, bei denen Profite vor Menschen gestellt werden.
  3. Investitionen in die Bahnen zur Bekämpfung des Klimawandels: Die britische Gewerkschaft ASLEF reichte einen Antrag ein, der für öffentliche Investitionen in die Bahninfrastruktur als Schlüssel zur Reduzierung der globalen Kohlenstoffemissionen wirbt und die Bedeutung eines erschwinglichen Schienenpersonenverkehrs zur Erreichung dieser Ziele unterstreicht.
  4. Schulung junger Beschäftigter Die Notwendigkeit, in die nächste Generation zu investieren, wurde durch einen Entschließungsantrag bestärkt, der von der CGT (Frankreich) eingebracht und von der RMT (Großbritannien) und marokkanischen, französischen und niederländischen Gewerkschaften unterstützt wurde. Bei dem Entschließungsantrag geht es darum, junge Beschäftigte über den sozialen und politischen Kontext der Arbeit im Bahnsektor aufzuklären und sie in die Kampagne für sichere und nachhaltige Bahnen einzubinden.

Die Delegierten verabschiedeten auch den Dringlichkeitsantrag: „Gewerkschaftsrechte bei der pakistanischen Eisenbahn“, der von der pakistanischen Bahngewerkschaft Railway Workers‘ Union (Open Line) eingebracht wurde. Die Konferenz verurteilte das Verbot gewerkschaftlicher Aktivitäten auf dem Bahngelände durch die pakistanische Eisenbahnbehörde und die ungerechte Behandlung von Bahnbeschäftigten.

Die auf dieser Konferenz verabschiedeten Entschließungsanträge und der Fünf-Punkte-Arbeitsplan werden den Gewerkschaften im Rahmen der künftigen Tätigkeit der Sektion als Richtschnur dienen, um mehr Sicherheit und Gerechtigkeit im Eisenbahnsektor zu erreichen. Vom Widerstand gegen personelle Unterbesetzung bis zum Schutz der öffentlichen Eisenbahnen vor Privatisierung werden die Bahngewerkschaften ihren Kampf entschlossen fortsetzen, um sicherzustellen, dass der Schienenverkehr den Beschäftigten und der Bevölkerung gleichermaßen dient.

„Bahnbeschäftigte und die Bevölkerung haben ein gemeinsames Interesse daran, den Schienenverkehr als eine nachhaltige Option für die Beförderung sowohl von Personen als auch von Gütern zu fördern,“ erklärte Noel Coard, Sekretär der ITF-Binnenverkehrssektionen. „Wir werden uns dafür einsetzen, dass unsere Bahnen im Interesse des Gemeinwohls mit sinnvollen Ausbildungsmöglichkeiten für junge Menschen betrieben werden und dass kommerzielle Lieferketten die Grundsätze der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht erfüllen.“

Noel Coard bedankte sich beim Sektionsvorsitzenden David Gobé für dessen hervorragende Arbeit und gratulierte Julio Sosa von der argentinischen Gewerkschaft La Fraternidad zu seiner Wahl als neuer Vorsitzender der Sektion Eisenbahn.

Ferner wurde Julio Sosa mit einer goldenen ITF-Auszeichnung für seine engagierte Tätigkeit und wichtigen Verdienste um die ITF geehrt.

Die gewählten Amtsträger*innen der Sektion sind:

  • Vorsitzender – Julio Sosa (La Fraternidad, Argentinien)
  • Stellvertretender Vorsitzender – Raul Sengo (SINPOCAF, Mosambik)
  • Stellvertretender Vorsitzender – Mohammad Naseem Rao (RWU, Pakistan)
  • Stellvertretender Vorsitzender (Öffentlicher Personennahverkehr) – 
    C. A. Rajasridhar (AIRF, Indien) 
  • Vertreterin für weibliche Beschäftigte – Simi Lalsingh (NFIR, Indien)
  • Vertreterin für junge Beschäftigte – Preeti Singh (AIRF, Indien)

 

Quelle: Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF)

ITF