Späte, aber würdige Ehrung
Übernommen von Unsere Zeit:
Am 20. September wurde in Biebesheim im südhessischen Kreis Groß-Gerau eine Gedenkstelle für Wilhelm Hammann eingeweiht: „Biebesheimer – Lehrer – Antifaschist – Mensch“ ist darauf zu lesen. Auch der Weg zwischen Rathaus und Kulturhalle, auf dem sich die Stele befindet, wurde nach dem „Gerechten unter den Völkern“ benannt.
Hammann war ab 1927 Abgeordneter im Hessischen Landtag für die KPD. Nach der Machtübertragung an die Faschisten war es nicht nur vorbei mit seiner Tätigkeit als Lehrer, mehrfach wurde er verhaftet und schließlich 1938 in das KZ Buchenwald verschleppt. 1945 übernahm er dort im Auftrag der illegalen Lagerleitung als Kapo den Kinderblock 8. Den politischen Häftlingen war es gelungen, sowjetische und polnische Kinder im Lager in einem eigenen Block zusammenzulegen, angeblich um ihnen „deutsche Ordnung und Disziplin“ beizubringen. Es gelang Hammann die Deportation der Kinder dieses Blocks in den letzten Tagen des Lagers zu verhindern, als die SS plante, alle jüdischen Häftlinge auf Todesmärsche zu schicken. So konnte er bei der Selbstbefreiung des KZ Buchenwalds 159 Kinder vor das Tor des Lagers führen.
Norbert Hefermehl, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereis, erinnerte bei der Einweihung der Stele an die Schwierigkeiten bei dem Vorhaben, den Kommunisten zu ehren – es hatte Jahre gedauert. Erst die Ehrung Hammanns als „Gerechter unter den Völkern“ durch die israelischen Gedenkstätte Yad Vashem habe 1984 zu einem Umdenken geführt.
Ulrich Schneider, Generalsekretär der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer, hat im Februar 2022 zum 125 Geburtstag von Wilhelm Hammann in UZ ausführlich über dessen Leben und auch die antikommunistischen Reflexe berichtet, die seine Ehrung behindert haben. „Es bedurfte eines Anstoßes von außen, nämlich der Arbeit einer Schülergruppe aus Kassel, die sich – unterstützt von der Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora – für eine Würdigung Hammanns als „Gerechter unter den Völkern“ in der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem einsetzte. Gleichzeitig unterstützte die DKP mit einer eindrucksvollen Broschüre, in der zahlreiche Menschen aus der Region Zeugnis über Hammanns Arbeit ablegten, die Erinnerungsarbeit.“ Die Ablehnung der politischen Gremien und die monatelangen Versuche der Verhinderung einer solchen Ehrung seien an Peinlichkeit nur schwer zu überbieten, zeigten aber, dass der Kalte Krieg auch bei einer Würdigung eines verdienten Buchenwald-Häftlings nicht haltmachte, so Schneider. Mit der Einweihung der Stele ist nun eine würdige und bleibende Erinnerung gelungen.
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Quelle: Unsere Zeit