19. Dezember 2024

Stoltenberg übernimmt Vorsitz der „Münchener Sicherheitskonferenz“

Übernommen von DKP Bayern:

UZ-Kommentar von Markell Mann: Sicherheit nur ohne NATO

Eine außenpolitische Personalie versetzt die Hauptstadtpresse in pure Freude: Jens Stoltenberg, der nach zehn Jahren Amtszeit im Oktober dieses Jahres die Leitung der NATO an Mark Rutte abgibt, soll Chef der sogenannten Münchner Sicherheitskonferenz („Siko“) werden. Wolfgang Ischinger, langjähriger „Siko“-Chef, Kohl-Berater und BRD-Botschafter in Washington, freut sich über seinen Coup und wechselt dafür wohl seinen Nachfolger und aktuellen „Siko“-Vorsitzenden Christoph Heusgen aus. Diese Personalie ist keine besonders erfreuliche Entwicklung, doch was ist von dieser privat veranstalteten und mit Geldern der Bundesregierung finanzierten Konferenz schon anderes zu erwarten? Die Gegendemonstranten verweisen seit jeher auf den De-facto-Charakter dieser Veranstaltung als NATO-Kriegskonferenz, bei der es sich der deutsche Imperialismus als Gastgeber nicht nehmen lässt, das Schaulaufen von Staats- und Regierungschefs mit markigen Reden von „neuer Macht“ und „neuer Verantwortung“ zu begleiten.

Der Vorsitz der Konferenz lag deshalb bisher stets in der Hand eines bundesdeutschen Spitzendiplomaten – mit Heusgen und Ischinger auch mit guten Verbindungen zur NATO-Führungsmacht. Dass deren bisheriger Chef nun den Vorsitz in München einnehmen wird, ist Ausdruck einer neuen Ausgangslage. Oft wurde in den letzten Jahren auf der „Siko“ um Deutschlands Rolle in der Multipolarität oder das Russlandgeschäft gestritten – teils auf offener Bühne. Doch ob Sigmar Gabriel oder Angela Merkel: Niemand von ihnen sieht Deutschland ohne NATO-Bündnis. Stets wurde die Treue zum transatlantischen Bündnis betont.

Auf der diesjährigen „Siko“ im Februar spielte das Einschwören auf die NATO-Perspektive für die Ukraine die zentrale Rolle. Dort schworen NATO-Chef Stoltenberg, sein Nachfolger Rutte und EU-Präsidentin von der Leyen die anwesenden Partner auf weitere Waffendeals mit Kiew ein. Dazu passend formulierte „Siko“-Chef Heusgen die Gefahr eines russischen Angriffs auf NATO-Territorium, wohl im Wissen, dass es ein halbes Jahr später genau anders herum kommt: NATO-Waffen gegen russisches Territorium. Für seinen Nachfolger ist das kein Problem: Für Stoltenberg sind „russische Soldaten, Panzer und Stützpunkte nach internationalem Recht legitime Ziele“. So lässt sich die internationale Ordnung den eigenen Inte­ressen entsprechend verbiegen.

Mehr Sicherheit ist damit nicht geschaffen, doch auch das war von der „Siko“ und ihren Gastgebern nicht zu erwarten. Vielmehr ist zu erwarten, dass die Konferenz zum Propagandainstrument der NATO-Kriegsstrategie in Europa wird. Unabhängig vom Ausgang der US-Präsidentenwahl soll dann Stoltenberg, der die NATO beim Versuch der Zerschlagung Syriens geleitet und sie gegen China in Stellung gebracht sowie die Integration und Aufrüstung der Ukraine zu verantworten hat, den wenigen NATO-kritischen Stimmen in der deutschen öffentlichen Debatte Paroli bieten. Denn seine Haltung ist klar und so ist er trotz fehlender Staatsbürgerschaft gut geeignet als informeller außenpolitischer Sprecher des deutschen Imperialismus. Schon jetzt hört er sich so an: „Ich begrüße Deutschlands klares Bekenntnis, der größte militärische Geber in Europa und zugleich der zweitgrößte militärische Geber in der Welt für die Ukraine zu bleiben.“

Damit ist auch die Agenda für die nächste NATO-Sicherheitskonferenz klar: Weiterhin geht es nicht um Dialog und Sicherheit, sondern um militärische Stärke der NATO und Konfrontation mit ihren Gegnern und „Rivalen“. Hier muss die Kritik von Friedenskräften konkret ansetzen: Wer den Charakter der „Siko“ kritisiert, braucht sich nicht mit Planspielen zur Reform der NATO oder utopischen Forderung nach ihrer Auflösung oder „Überwindung“, der alle Mitgliedstaaten zustimmen müssten, zu beschäftigen, sondern muss den Bruch mit der NATO fordern, also den Austritt Deutschlands aus der NATO.

Dieser Kommentar erschien in der UZ vom 27. September 2024

Quelle: DKP Bayern

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