Synonym für Demokratie, Antifaschismus und Frieden
Übernommen von Unsere Zeit:
Nach den Gedanken von Hans Bauer, Stellvertretender Vorsitzender des Ostdeutschen Kuratoriums von Verbänden, zum 75. Jahrestag der Gründung der DDR am 7. Oktober, veröffentlichen wir nun einen Aufsatz von Anton Latzo, Historiker und Mitglied der DKP Brandenburg, zum Jubiläum. Er erinnert an die Anfänge und die Gründe für die Schaffung eines antifaschistischen Staates nach der Befreiung. Er erinnert an die Verhinderung der Konzeption von Potsdam und die erneute Aggression des Imperialismus – unmittelbar nach 1945. An den Grundpfeilern Demokratie, Antifaschismus und Frieden zeichnet Anton Latzo nicht nur die Notwendigkeit der DDR, sondern auch des Sozialismus auf.
Die DDR wurde am 7. Oktober 1949 als Reaktion auf die vorherige Konstituierung der BRD gegründet. Diese Vorgänge sind nur dann richtig einzuordnen, wenn man mit dem 8. Mai 1945 beginnt. An diesem Tag wurden die Tage des deutschen Faschismus, des wahnsinnigen Traumes vom deutschen Tausendjährigen Reich beendet. Die Niederlage des deutschen Imperialismus und Militarismus war noch nie in der Geschichte so erdrückend wie 1945. Sein Zusammenbruch hatte alle Bereiche erfasst. Er war geschwächt wie selten zuvor eine herrschende Klasse in der Geschichte.
Der Zusammenbruch des deutschen Imperialismus und Militarismus erfolgte aber infolge des Krieges, durch äußere Faktoren, nicht durch revolutionäre Aktion der Volksmassen. Die antiimperialistischen fortschrittlichen Krähte waren durch die faschistische Herrschaft selbst geschwächt.
Kurze Hoffnung auf ein ganzes Deutschland des Friedens
Als die Kämpfe zwischen der Sowjetarmee und den faschistischen Kräften in Berlin noch tobten, traf am 30. April 1945 eine Initiativgruppe der KPD unter Leitung von Walter Ulbricht in der Stadt ein, die sich die Aufgabe stellte, die ersten Schritte zur Überwindung der Kriegsfolgen und zum Aufbau einer antifaschistisch-demokratischen Ordnung einzuleiten. Am 5. Juni 1945 verkündeten die Regierungen der UdSSR, der USA, Großbritanniens und Frankreichs in einer gemeinsamen Deklaration, dass die oberste Gewalt in Deutschland von den Oberbefehlshabern der Streitkräfte der vier Mächte auf Weisung ihrer Regierungen ausgeübt wird.
Die erste deutsche Partei, die mit einem Programm an die Öffentlichkeit trat, war am 11. Juni 1945 die KPD. Darin wurde ihr Programm zur nationalen Wiedergeburt ganz Deutschlands als friedliebender und demokratischer Staat dargelegt. Das war ein Programm einer grundlegenden Umwälzung und des Aufbaus einer antifaschistisch-demokratischen Ordnung in ganz Deutschland, der Errichtung einer einheitlichen parlamentarisch-demokratischen Republik mit allen demokratischen Rechten und Pflichten, was sowohl den nationalen Interessen als auch dem Potsdamer Abkommen entsprach, das im August 1945 von den Alliierten Mächten vereinbart wurde. Der am 15. Juni 1945 veröffentlichte Aufruf der SPD hat wesentliche Übereinstimmungen offenbart. Ihre Verwirklichung wurde durch die Schumann-Gruppe verhindert.
„Operation Unthinkable“ zeigt den Geist des Imperialismus
Schon im Frühjahr 1945 wurde im Auftrag von Winston Churchill der Plan zur „Operation Unthinkable“ zum Einmarsch in die Sowjetunion erarbeitet. Der Angriff sollte am 1. Juli beginnen. Der Plan war zwar irrsinnig, aber er legt Zeugnis ab vom wahnsinnigen Denken, das bestimmende Kreise der westlichen Alliierten beherrschte und das von Antisowjetismus, Antikommunismus und Revanche geprägt war. Die Konzentrationslager der Nazis waren noch nicht befreit, und man erwog schon, eine deutsche Armee wieder aufzubauen, um gegen die Sowjetunion zu kämpfen.
Diese Grundhaltung bestimmte die Haltung der Westmächte und der von den ihnen gestützten Vertreter der Interessen des deutschen Kapitals bei der Umsetzung der Nachkriegsbeschlüsse zur Einheit Deutschlands, zur Herstellung seiner Souveränität und zum Abschluss eines Friedensvertrages in den folgenden Jahren und Jahrzehnten. Sie verhinderte die Verwirklichung der Konzeption von Potsdam. Erst 40 Jahre später fand sich ein Bundespräsident, der formulierte: „Der 8. Mai (1945) war ein Tag der Befreiung.“
Die Revanche, das „Roll back“ bestimmten die Haltung der Westmächte ebenso wie die des deutschen Kapitals. Die damit verbundenen Ziele dienten als Leitfaden für ihre Politik, die zur Spaltung Deutschlands und zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland führte.
Die DDR als Alternative
Die DDR ist als Alternative zu dieser den Frieden und sogar die Existenz der Menschheit gefährdenden Politik entstanden.
Je mehr Zeit seit der Zerschlagung der DDR mit ihrer gleichzeitigen Einverleibung in die BRD vergeht, umso deutlicher wird die historische Bedeutung der DDR und ihres Wirkens für eine sozialistische Gesellschaft und für eine Welt des Friedens und der Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil.
Angesichts des krisengeschüttelten kapitalistischen Systems und der damit zunehmenden ökonomischen, sozialen und politischen Widersprüchen in und zwischen den kapitalistischen Mächten, des schwindenden Einflusses der regierenden Parteien, der intensivierten Militarisierung des politischen und gesellschaftlichen Lebens und der verstärkten Durchsetzung der Ziele des Kapitals im Inneren und auch international mit Mitteln der Gewalt, einschließlich der militärischen Gewalt, gewinnen die Erfahrungen der DDR zunehmend an Bedeutung.
Demokratie ist immer konkret
Die DDR ist entstanden als eine Gemeinschaft gleichberechtigter Bürger zum Zwecke der Ermöglichung der besten Lebensführung des Menschen in Frieden und Sicherheit für alle Völker und ihren Staaten. Sie war ein sozialer Staat und ein demokratischer. Sie war sozial, aber im Unterschied zur BRD nicht durch die Zugeständnisse und Almosen der Besitzenden, sondern von ihrem Wesen her. Das war der Sinn ihrer Gründung, ihrer Existenz und ihres nationalen und internationalen Wirkens. Und deshalb war sie auch ein Friedensstaat, von dem niemals die Gefahr eines beziehungsweise ein tatsächlicher Krieg ausging.
Sie war demokratisch, aber nicht im Rahmen der von den tatsächlich herrschenden Milliardären und Millionären zugestandenen Auslegung von Freiheit und Demokratie. Es gibt keine Demokratie schlechthin, keine Demokratie für alle Zeiten. Auch Demokratie ist immer konkret und wird immer durch das jeweilige Adjektiv definiert – also kapitalistische oder sozialistische Demokratie.
Es gibt keine „westliche“ oder „östliche“ Demokratie. Nicht nur die Beseitigung der DDR, sondern auch das Beispiel Chiles und später die Zerschlagung der UdSSR und des Sozialismus in anderen europäischen Staaten haben das gezeigt. In Chile hat man versucht, die reale staatliche Existenz von Sozialismus mit der bürgerlichen Demokratie zu verbinden. Der Imperialismus, besonders der der USA, bediente sich ihrer, um den chilenischen Sozialismus zu zerschlagen – ebenso wie später in der Sowjetunion und in Osteuropa!
Das zeigt: Sozialistische Demokratie geht von da aus, wo sie im Kapitalismus gar nichts zu suchen hat, nämlich am Arbeitsplatz. Und von da aus kann sie stabil erweitert werden. Dazu braucht man ein großes Maß an Wissen, Gemeinsamkeit und bewusster Solidarität, ebenso an Kritik des Imperialismus, des überkommenen bürgerlichen Denkens und Verhaltens.
In den westlichen Besatzungszonen und dann in der BRD ging es aber immer darum, Sicherheit und Profit für die Monopole zu schaffen und zu sichern. Sie schufen sich den Staat und eine solche Demokratie, die als Instrument dazu geeignet waren – und nannten sie Freiheit und westliche Demokratie. In Wirklichkeit schufen sie ein Instrument, das als „Pfahl im Fleisch der DDR“ und des Sozialismus eingesetzt wurde.
Antifaschismus und Antiimperialismus
Der Geburt des ersten Arbeiter- und Bauernstaates ging eine ereignisreiche umwälzende Entwicklung in den Jahren 1945 bis 1949 voraus. Der im Kampf gegen den Faschismus entwickelte Antifaschismus wurde nach der Befreiung im Prozess der antifaschistisch-demokratischen Umwälzung umgesetzt und weiter bereichert. Er wurde zu einem klärenden und verbindenden Faktor bei der Herstellung der Einheit der deutschen Arbeiterparteien, der Gründung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) und bei der Gestaltung ihrer Bündnispolitik.
Der Antifaschismus wurde zum konstitutiven und konstituierenden Faktor, zu einem Faktor von entscheidender Bedeutung für die Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) als Antwort auf die Restaurations- und Spaltungspolitik der deutschen Monopole, die von den westlichen Alliierten aktiv gestützt und gefördert wurde. Er wurde ebenso zur Motivation und zum Leitfaden für die Entwicklung und Umsetzung der Innen- und Außenpolitik der DDR in den folgenden Jahrzehnten.
Sowohl die historischen Erfahrungen als auch die konkreten Bedingungen und Erfordernisse in ganz Deutschland als auch die Politik der DDR haben gezeigt, dass die Wirksamkeit des Antifaschismus davon abhängig ist, ob die Handlungen zu seiner Verwirklichung bewusst vom Zusammenhang zwischen Monopolkapital und Faschismus, zwischen Imperialismus und Faschismus ausgehen.
Die antifaschistisch-demokratischen Kräfte und die Regierungen der DDR ließen sich davon leiten, dass die von den Faschisten erzielten Ergebnisse durch die Täuschung der Massen möglich wurden. Die Faschisten täuschten eine Opposition gegen die Auswüchse des Kapitalismus vor und gaben sich demagogisch als Interessenvertreter des Mittelstandes, der Bauern und Arbeiter aus. Die Verfälschung der Wirklichkeit erfüllte schon damals ihren politischen Zweck.
Davon ausgehend sahen die Antifaschisten eine ständige Aufgabe darin, die Menschen darüber aufzuklären, dass der Faschismus keine auf die Zeit vor 1945, also der Vergangenheit angehörende politische Bewegung ist. Es ging darum, nicht nur das Ausmaß der begangenen Verbrechen vor Augen zu führen, sondern den Charakter, das Wesen des Faschismus zu verdeutlichen. Es ging darum, aufzuklären, wessen Instrument der Faschismus war.
Auf dieser Grundlage wurden der Antifaschismus und der Antiimperialismus als zusammengehörende Erscheinungen, als objektiv existierende Einheit betrachtet.
Die Umsetzung dieser Betrachtungsweise in konkrete Politik im Prozess der Gründung der DDR und in ihrer Politik danach fand zunehmend weltweite Anerkennung und ist ein wichtiger Grund für die internationale Anerkennung für die Innen- und Außenpolitik der DDR.
Frieden gehört zum Wesen des Sozialismus
Die Einheit zwischen Antifaschismus und Antiimperialismus war Grundlage nicht nur der Innenpolitik, sondern auch der Außenpolitik der DDR, die vom Streben nach Frieden und gleichberechtigter Zusammenarbeit der Völker und Staaten zum gegenseitigen Vorteil gekennzeichnet war.
Die DDR berücksichtigte die Erkenntnis von Karl Marx: „Die Völker aneinander zu hetzen, das eine zur Unterdrückung des anderen zu benutzen und so für die Fortdauer der absoluten Herrschermacht zu sorgen – das war die Kunst und das Werk der bisherigen Gewalthaber und ihrer Diplomatie.“
Mit der Politik der Restauration in den westlichen Besatzungszonen und mit der diesem Zweck dienenden Gründung der BRD haben die westlichen Alliierten und die Herren des deutschen Kapitals bewiesen, dass dies nicht nur Vergangenheit war. Es wurde erneut ein deutscher Staat der Monopole geschaffen, der ihre ökonomischen und politischen Interessen in seiner Innen- und Außenpolitik zu verwirklichen hatte.
Angesichts des antisowjetischen und antisozialistischen Kurses der westlichen Alliierten und ihres offenen und verdeckten Zusammenwirkens mit den auf Restauration und Militarisierung setzenden Kreise der BRD verstärkte sich für die DDR auch die Notwendigkeit, eine selbständige Außenpolitik zu entwickeln, die erstmalig „… im allgemeinen Kampf für die Emanzipation der Arbeiterklasse“ eingeschlossen ist, „deren internationales Prinzip der Frieden sein wird, weil bei jeder Nation dasselbe Prinzip herrscht, die Arbeit“ (Karl Marx).
Mit der Beseitigung der Grundlagen des Imperialismus und Militarismus auf dem Gebiet der DDR wurden die Voraussetzungen für eine neue deutsche Außenpolitik geschaffen. Sowohl die Verfassung der DDR von 1949 als auch die von 1968, letztere wurde durch Volksentscheid angenommen, verankerten die Friedenspolitik als staatsrechtlichen Grundsatz. Die Außenpolitik der DDR war ausdrücklich darauf ausgerichtet, alles zu tun, um den Krieg zur Durchsetzung politischer Ziele auszuschließen. Während ihrer gesamten Existenz ist sie diesem Grundanliegen treu geblieben und hat nachgewiesen, dass der Frieden zum Wesen des Sozialismus gehört.
Dabei war sie jahrelang mit einer offenen Grenze zur BRD und zu Westberlin konfrontiert, die durch die BRD und ihren Verbündeten in den USA/NATO im Kampf gegen den Sozialismus ständig für Provokationen missbraucht wurde, die nicht nur eine Gefahr für die DDR darstellten, sondern zugleich die gesamte europäische Nachkriegsordnung in Frage stellten.
Dazu gehörten massive, auf die Beseitigung der DDR gerichtete ökonomische Embargomaßnahmen (Stahl/Röhren) und politische und handelspolitische Störaktionen, massive Abwerbung von qualifizierten Arbeitskräften durch die BRD-Regierung. Hinzu kamen Anti-DDR-Kampagnen der westlichen Medien.
Westberlin wurde systematisch zu einem Zentrum der Diversion und Spionage gegen die DDR und die anderen Staaten des Warschauer Vertrages ausgebaut.
Es ging um Existenz und Selbstbehauptung der DDR, aber auch um die Stabilität der Entwicklungsbedingungen in den anderen sozialistischen Staaten, und nicht zuletzt um die europäische Ordnung. Es ging immer um die Frage von Krieg und Frieden!
Diese und viele gleichartige Vorgänge werden durch die Politik, aber auch durch die Medien und in publizistischen und analytischen Arbeiten leider ausgeblendet oder verfälscht. Sie gehören aber dazu, wenn man eine gerechte Beurteilung der DDR und ihrer Politik vornehmen will. Besonders wichtig ist ihre Berücksichtigung durch die Anhänger der Friedensbewegungen in ihren Bemühungen um historische Wahrheit und Klarheit, um realistische Orientierung.
Quelle: Unsere Zeit