Die Armee im Klassenzimmer
Übernommen von Schweizerische Friedensbewegung:
Der Besuch der Armee in einer Zuger Primarschule hat für Empörung gesorgt, nachdem siebenjährige Kinder mit Waffen und Militärfahrzeugen hantierten. Während die Schulleitung dies als «authentisches Lernen» darstellt, fordert eine SP-Motion vom Bundesrat Massnahmen zur Reglementierung von Militärbesuchen an Schulen.
Von Tarek Idri, SFB-Sekretär
Panzer auf dem Pausenplatz. Siebenjährige Kinder, die mit Armeegewehren spielen. Klettern auf dem Geschützturm. In der Primarschule Kirchmatt im Kanton Zug konnten die Schüler:innen den «Arbeitsbereich» Armee hautnah kennenlernen. Krieg als Spiel, Morden als ganz normaler Beruf – das wird den Kindern damit vermittelt. Laut Medienberichten haben die Sieben- bis Zwölfjährigen die Militärfahrzeuge begutachtet, den Geschützturm bedient und mit Gewehren hantiert. Besonders fragwürdig war, dass ein Mädchen aus Spass mit einem Gewehr auf andere Kinder gezielt habe. Es sei zurechtgewiesen worden: Man ziele nur auf «Dinge», die man auch treffen will.
Ein Vater eines Schülers, ein Oberst in der Armee, organisierte den umstrittenen Anlass im März 2024, der für einige Kritik sorgte. Die Schulleitung spielte die Sache herunter mit den Worten, dass damit das Lernen «authentisch» gemacht würde, «solche Aktionen machen unsere Schule lebendig». Die Zuger Regierungsrätin Laura Dittli (Mittepartei) findet, man würde damit das «Bewusstsein für das Militär in der Bevölkerung» stärken, und weist im selben Atemzug auf sinkende Rekrutierungszahlen hin: in zehn Jahren werden diese Kinder an der Reihe sein für die RS. Der Bundesrat rechtfertigt solche Anlässe mit dem «Informationsbedürfnis», das die Jugendlichen und Kinder angeblich hätten. – Zur Erinnerung: Es handelte sich in Zug um Kinder im Primarschulalter. Den Kindern wurden Fahrzeuge und Waffen vorgeführt. Wozu? Was lernen sie hier? Wohl nur, wie «cool» und «lässig» die Militärausrüstung aussieht, denn der wirkliche Zweck der Mordswerkzeuge wird den Kindern sicher nicht vorgeführt. Besser informiert werden sie nicht, indem man ihnen Panzer und Gewehre zeigt. Und objektive, ausgeglichene Informationen über die Armee werden sie von den Militärvertreter:innen auch nie erhalten.
Ein grundsätzliches Problem
Seit einiger Zeit wird wieder versucht, verstärkt Militärpropaganda an den Schulen und in der Jugend zu verbreiten. Die Armee mit ihrem Budget in Milliardenhöhe dreht Werbespots, stellt Videos auf YouTube, verbreitet Memes auf Tiktok, «um eine junge Zielgruppe direkt» anzusprechen. Sie stellt Lehrmaterial her und schickt Offiziere an die Schulen, um Vorträge zu halten, um die Vorteile einer «Karriere» in der Armee anzupreisen. An jeder Berufsmesse ist die Armee mit einem eigenen, «lässigen» Stand dabei. Das Problem ist nicht der einzelne Fall in Zug, das Problem ist ganz grundsätzlich: die Armee gehört nicht in die Schulen und Bildungseinrichtungen! Wir müssen uns die Frage stellen, zu welchen Menschen wir unsere Kinder erziehen wollen. Sollen die Kinder kritisch denken können oder kriegstüchtig gemacht werden? Soll die Armee freie Hand an den Schulen haben oder nicht?
Die SP hat den Vorfall in Zug zum Anlass genommen, eine Motion im Nationalrat einzureichen. Vom Bundesrat werden klare Vorgaben zu Besuchen der Armee an Bildungseinrichtungen gefordert: Besuche müssen dem Militärdepartement gemeldet werden, es dürfen keine Militärfahrzeuge und Waffen mitgebracht werden, die Kinder und Jugendlichen müssen vor Traumatisierungen geschützt werden, für Besuche in Primarschulen sollen «besondere Vorgaben» gelten. Die Motion geht sicher in die richtige Richtung. Allerdings wäre zu wünschen gewesen, dass insbesondere Armeebesuche in Primarschulen nicht nur reglementiert, sondern komplett unterbunden werden. Wie die Vorstösse der SP im Nationalrat übrigens offengelegt haben, hat der «Event» an der Zuger Primarschule sogar eine bestehende Vorschrift des Bundesrats verletzt. Bei der Präsentation von Militärausrüstung müsse nämlich der «direkte Kontakt von Kindern und Jugendlichen mit Waffen» verhindert werden. Konsequenzen wird der Vorfall mit Sicherheit keine haben.
Quelle: Schweizerische Friedensbewegung