Erklärung der Jüdisch-Palästinensischen Dialoggruppe München zum Verbot von Palästina Solidarität Duisburg
Übernommen von Komitee gegen das Verbot von Palästina Solidarität Duisburg
„Ihr seid das Volk, das die Freiheit und die Menschenrechte schützen muss. Ihr müsst den Mut haben, gegen diese Verbrecher aufzubegehren. Ihr dürft nicht schweigen!“ (Weiße Rose, Flugblatt Nr. 6)
Sich auf Artikel 9 des Grundgesetzes zu berufen, um das Recht auf freie Meinungsäußerung und Meinungsbildung zu unterdrücken, und damit Artikel 5 des Grundgesetzes mit Füßen zu treten, ist ein Hohn.
Das Vorgehen gegen die Gruppe Palästina Solidarität Duisburg reiht sich ein in eine Serie von Repressionen gegen all jene, die die Politik der israelischen Regierung an den Pranger stellen. Hausdurchsuchungen und konstruierte Strafanzeigen dienen einzig dazu, diese Stimmen zum Schweigen zu bringen. Politische Ziele durch Einschüchterung (lat. „terrorem“) zu erreichen, ist im wahren Sinn des Wortes Terror.
Wir als Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München (JPDGM) wie auch unsere Mitstreiter, bekam dies vielfach in den letzten Jahren zu spüren.
Saalanmietungen für Vorträge renommierter Professoren kurz vor deren Auftritt seitens städtischer Organe zu kündigen, ist nur ein Beispiel für gescheiterte Repressionen durch die Stadt München. Bekanntlich versuchten diverse Politiker, getrieben von der pro-israelischen Lobby, Konzerte berühmter Künstler wie Roger Waters zu verbieten, weil diese „Equality for all“ religionsunabhängig fordern.
Auch wenn die Exekutive derzeit zunehmend von Politikern für ihre Agenda für Einschüchterungsversuche missbraucht wird, zeigt unsere Demokratie Standhaftigkeit. Die Judikative setzt diesen Politikern Grenzen, und Repressionsversuche sowie damit verbundene Anschuldigungen scheitern kläglich vor Gericht. Die Liste der gewonnenen Verfahren und ergangenen einstweiligen Verfügungen gegen Versuche, Pro-Palästina-Stimmen zum Schweigen zu bringen, ist lang. Weil Politiker glauben, sich zugunsten Israels über das Gesetz stellen zu können, verschwenden Innenminister, Stadträte und Staatsanwaltschaften Steuergelder für verfassungswidrige Versuche, das Recht auf freie Meinungsäußerung zu beschneiden.
Kritik an einer Regierung, deren Minister sich stolz selbst als Faschisten bezeichnen, muss nicht nur erlaubt, sondern aktiv unterstützt werden. Wo bleiben die Lehren aus unserer Geschichte? Ein „Nie wieder“ bedeutet, nicht zuzulassen, dass Volksgruppen oder Religionsgemeinschaften diffamiert und kriminalisiert werden. Doch genau das geschieht derzeit!
Das Verbot der Gruppierung Palästina Solidarität Duisburg hat nichts mit der Bekämpfung von Antisemitismus oder der Sicherung der Völkerverständigung zu tun, sondern dient offensichtlich ausschließlich der Durchsetzung einer pro-israelischen Agenda. Um diese Agenda zu untermauern, werden absurde Kriminalisierungen erfunden. Dieses Vorgehen, für das der angebliche Schutz jüdischen Lebens als Vorwand missbraucht wird, schürt eher Antisemitismus als dass es diesen bekämpft – „zugunsten der Juden werden Grundrechte missachtet“.
Lieber Innenminister Reul und Kollegen, verschwenden Sie keine weiteren Steuergelder und heben Sie das Verbot gegen die Gruppierung Palästina Solidarität Duisburg auf! Treten Sie nicht 79 Jahre intensive Vergangenheitsbewältigung und Erinnerungskultur – durch erneute Repressionen, Diffamierung mit der Absicht der Zensur – in die Tonne!
Mit neuem Unrecht machen Sie altes nicht ungeschehen! Das Unrecht, das den Juden in Europa über Jahrhunderte zugefügt wurde und in der Shoah gipfelte, wurde nicht von den Palästinensern begangen. Europäische Juden fanden stets Zuflucht im arabischen Raum. Palästinenser sind die Opfer des europäischen Antisemitismus, der bis heute weiterbesteht. Bekämpfen Sie den wahren Antisemitismus und schützen Sie auf diese Weise jüdisches Leben, anstatt die Solidarität mit den Palästinensern zu kriminalisieren und Kritiker zum Schweigen zu bringen, sobald sie Israels Kriegsverbrechen und den Massenmord an Unschuldigen in Palästina und im Libanon anprangern und der Öffentlichkeit Details und Wahrheiten zugänglich machen, die von unseren Medien verschwiegen werden. Meinungsfreiheit bedeutet nicht nur die Freiheit des Einzelnen, seine Meinung äußern zu dürfen, sondern auch das Recht der Gesellschaft, sich eine Meinung freiheitlich bilden zu können. Das dafür nötige Informationsspektrum zu garantieren, ist die Aufgabe der Politik, und nicht, politisch motivierte Vorgaben zu machen. Im Grundgesetz ist festgelegt, dass Meinungsbildung von unten nach oben stattzufinden hat – daher verbietet sich eine Einmischung der Politik in das Informationsspektrum. Genau das ist jedoch der Fall, wenn man Gruppen wie die Palästina Solidarität Duisburg verbietet!
Solidarische Grüße aus München!
Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München
Abood Khalifeh
Quelle: Komitee gegen das Verbot von Palästina Solidarität Duisburg