27. Dezember 2024

Rückenwind für Siedler

Übernommen von Unsere Zeit:

Bezalel Smotrich von der „Religiös-zionistischen Partei“ ist israelischer Finanzminister und zugleich verantwortlich für die Verwaltung der besetzten Gebiete der Westbank. In dieser Funktion hat er angeordnet, dass seine Behörde die nötige Infrastruktur bereitstellen soll, um die besetzten Gebiete zu annektieren. Ob diese Anordnung zeitnah realisiert wird – Smotrich erwartet die Annexion für 2025 – bleibt offen. Mit dem Wahlsieg von Trump aber steigen seine Chancen.

Es ist eine Triade von radikalen Siedlern, Armee und offizieller Politik, die die Situation auf der Westbank bestimmt. Die israelische Regierung weitet den Siedlungsbau immer weiter aus, die Armee kämpft gegen bewaffnete Gruppen und zerstört ganze Stadtviertel und radikale Siedler versuchen gewaltsam und unter dem Schutz der Armee, Palästinenser zu vertreiben. Seit dem 7. Oktober 2023 wurden im Westjordanland 736 Palästinenser getötet und etwa 5.500 verletzt – die meisten durch die Armee. Immer wieder kommt es zu Überfällen durch Siedler. Seit Oktober 2023 wurden 1.270 solche Vorfälle aufgezeichnet, das sind etwa drei pro Tag.

Tatsächlich hatte es aber schon seit dem Regierungsantritt von Netanjahu einen steilen Anstieg der Siedlergewalt gegeben. Sie überfallen – zum Teil schwer bewaffnet – palästinensische Ortschaften, beschädigen oder zerstören Häuser und Fahrzeuge. Ihr besonderes Ziel: Olivenhaine, wo sie versuchen, Bäume und Ernte zu verbrennen. Oft werden Autos angezündet, wenn die Besitzer kommen, um zu löschen, werden sie beschossen.

Ronen Bar, der Direktor des israelischen Geheimdienstes, warnte in einem Brief an Ministerpräsident Netanjahu vor dem „wachsenden Phänomen des jüdischen Terrorismus“, und der Sprecher des US-Außenministeriums äußerte die „tiefe Besorgnis“ der USA. Sanktionen gegen einzelne Individuen und Organisationen treffen nur ein Element der Triade und davon nur die Spitze des Eisbergs. Immer wieder überfallen ungezählte Siedler Palästinenser, sanktioniert werden von den USA 14 Personen und 13 Organisationen, von Frankreich 28 Personen. Immerhin forderten Ende Oktober 88 US-Parlamentarier Sanktionen gegen die beiden Minister Smotrich und Ben Gvir – eine Reaktion der US-Regierung blieb aus. Mit Trumps Wahlsieg können sich die Siedler Hoffnung auf noch größeren Einfluss machen.

Die Ablehnung eines palästinensischen Staates durch Israel ist seit Langem offensichtlich und seit einer Abstimmung in der Knesset aktenkundig. 68 Abgeordnete unterstützten die Resolution, die einen palästinensischen Staat westlich des Jordan ablehnt. Die Bildung eines palästinensischen Staates „im Herzen des Landes Israel“ – das heißt auf der Westbank – sei eine Bedrohung für Israel.

Israels neuer Außenminister Gideon Sa’ar kommentierte Smotrichs Vorstoß mit dem Hinweis, man werde das Thema mit der kommenden Trump-Regierung diskutieren. Da stehen Israel wohl alle Türen offen. Trumps Wahl als neuer Botschafter für Israel fiel auf Mike Huckabee, den früheren republikanischen Gouverneur von Arkansas und Präsidentschaftskandidaten. Huckabee lehnt einen palästinensischen Staat ab. Für ihn ist Israel das Land „from the river to the sea“, auf dem es keinen Raum für Palästina gebe. „Die Palästinenser sollen doch woanders ihren Staat gründen.“ Trumps Golfpartner und künftiger Sonderberater für den Nahen Osten, der Immobilienhändler Steve Witkoff, ist ein Bewunderer Netanjahus.

Präsident Biden unterstützte Israel im letzten Jahr mit 18 Milliarden Dollar Militärhilfe. Präsident Trump wird das womöglich noch steigern.

Quelle: Unsere Zeit

UZ - Unsere Zeit