Trump 2.0
Übernommen von Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek:
Der Preis für die unpassendste Schlagzeile des gestrigen Tages sollte an diese gehen: »Amerika hat sich entschieden«. Der größere Teil der Bürger des Kontinents Amerika dürfte dem sicher nicht zustimmen, zudem trifft das nicht einmal auf die Bürger der USA zu, denn selbst wenn mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen aufgrund des nicht besonders demokratischen Wahlsystems durch »Wahlmänner« an Donald Trump gehen, ist das nicht einmal die Mehrheit der US-Amerikaner, denn die USA gehören zu den Ländern mit einem sehr hohen Anteil an Nichtwählern.
Gleichwohl scheint die Entscheidung festzustehen, daß der Ex-Präsident neuer Boss im Weißen Haus wird. Ein »Boss« wie er im Buche steht, denn wohl keiner seiner Vorgänger in den letzten Jahrzehnten hat sich im Oval Office so aufgeführt wie Trump, nämlich als die Inkarnation eines unumschränkten Herrschers. Keiner seiner Vorgänger war derartig unberechenbar, derartig auf sich selbst bezogen, derartig besessen von der Überzeugung, nur ER wisse den einzig richtigen Weg.
Wenige Stunden nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses ist es zu früh für eine tiefer gehende Analyse, zu früh, die Frage endgültig zu beantworten, warum Kamala Harris es nicht vermochte, die Mehrheit der Wähler zu gewinnen. Zwei Gründe liegen auf der Hand. Einerseits ist das Land, in dem weiße Frauen erst seit 1920, schwarze Frauen erst seit 1965 wählen dürfen, offensichtlich immer noch nicht reif für eine Präsidentin, noch dazu eine nicht-weiße. Im Weißen Haus regiert »traditionell« ein an Jahren reifer, weißer Mann. Die Obama-Jahre waren eine Ausnahme, allerdings ohne die Erfahrung positiver Veränderungen für die Mehrheit der Bürger.
Hauptsächlich aber fehlten trotz aller medienwirksamen Unterstützung durch prominente Politiker und Stars die inhaltlichen Argumente. Was spricht dafür, eine Frau zu wählen, von der zu erwarten war, die Politik von Joe Biden fortzusetzen, dem sie vier Jahre lang ohne sichtbare eigene Initiativen gefolgt war?
Nun also »Trump 2.0«. Zu erwarten ist eine Neuauflage einer voluntaristischen Führung, die vor allem dadurch bestimmt ist, daß der Präsident das gesamte Land so betrachtet wie sein eigenes Firmenimperium. Trump trifft keine Entscheidungen auf der Grundlage politischer Analysen. Trump ist weder ein Republikaner – was auch immer das sein mag –, noch ein Politiker. Trump hat keine politische Ideologie, er ist im ursprünglichsten Sinne des Wortes ein Kapitalist. Auf ihn trifft zu, was man kurzgefaßt als Grundgesetz des Kapitalismus definieren kann: »Ein Kapitalist unternimmt nichts, wovon er sich nicht einen Gewinn versprechen kann«.
Dazu ist dem Mann jedes Mittel recht, und es wird seinen Beratern noch schwerer fallen als in der ersten Amtszeit, ihn von einigen Entscheidungen fernzuhalten. Das betrifft alle wichtigen Themen der nationalen Wirtschaft, den weiteren Zerfall der Infrastruktur, des Gesundheitswesens, der Bildung, die Migration, aber auch die Position der USA zur NATO, zur EU, zu China, zu Rußland, zur Ukraine und zur Lage im Nahen Osten. Alle diese Fragen betrachtet er nicht unter dem Aspekt der Politik oder gar ihm nachgesagter »Freundschaft«, sondern einzig unter dem eines zu erwartenden Profits, für sich und seine Milliardärs-Kumpane – und das alles weiterhin zu Lasten sozialer Rechte, der Rechte der Gewerkschaften, der öffentlichen Sozialausgaben – und mit umfangreichen negativen Konsequenzen auf die Entwicklungen in den USA und weit darüber hinaus.
Das ist es vor allem, worauf wir uns bei »Trump 2.0« einstellen müssen.
Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek