7. November 2024

Trump, die Moralisten und die Arbeiterklasse

Übernommen von Zeitung der Arbeit:

Ein Kommentar zum Ausgang der US-Präsidentenwahl von Otto Bruckner, stellvertretender Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA).

Ob es einen Zusammenhang zwischen dem Ende der deutschen Ampelkoalition und dem Ausgang der US-Wahlen gibt, ist noch nicht belegt. Bundeskanzler Olaf Scholz wird auch so schon Gründe genug gehabt haben, die Irrfahrt seines Geisterschiffs kurz vor dem Kentern zu stoppen. Einen objektiven Zusammenhang gibt es jedenfalls: Die „woken“ Kräfte in der deutschen Regierung, allen voran Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck, aber in abgemilderter Form auch der Kanzler und seine SPD, müssen sehr traurig über die neuerliche Wahl Donald Trumps sein. Repräsentiert er doch genau die andere Seite der Medaille. Hier die woken Kriegshetzer, die Rüstungskonzernen zu Superprofiten verhelfen, dort die finsteren Reaktionäre, die eine Handelspolitik der Abschottung betreiben und ihren Binnenmarkt schützen wollen. Beide Seiten streuen der Arbeiterklasse Sand in die Augen, beide, indem sie ihnen ständig neue Feindbilder erschaffen: Bei den einen ist es „der Russe“, bei den anderen „der Chinese“, für die einen sind die Einwanderer schuld, für die anderen diejenigen, die sich nicht politisch korrekt benehmen.

Während die BRD bald keine Regierung mehr hat, haben wir in Österreich noch keine. Der alte und vermutlich auch neue Außenminister Alexander Schallenberg hofft derweil darauf, dass Trump Pragmatiker ist. Das ist er wohl, aber kaum zum Nutzen Österreichs.

Dass die europäischen Transatlantiker nun etwas ratlos dastehen, hat mit ihrer dümmlichen Nibelungentreue zum US-Imperialismus zu tun. Nicht Trump hat den Protektionismus erfunden. Mit seinem „Inflation Reduction Act“ hat der noch amtierende Präsident Joe Biden ein Instrumentarim geschaffen, das durch staatliche Superförderung, billiger Energie und anderen Standortvorteilen sehr erfolgreich Unternehmen aus Europa nach Nordamerika lockt. Während die unsäglich einfältige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Wirtschaftskrieg mit China wegen staatlich geförderter E‑Autos begonnen hat, den die EU nur verlieren kann, traut sie sich gegen den US-Protektionismus natürlich nicht vorzugehen. Ebenfalls aufs Konto dieser Frau und ihrer EU-Kamarilla geht die Verteuerung der Energie in Europa. Russisches Öl und Gas ist verpönt, während die USA immer mehr russisches Öl kaufen. Nach Europa verschiffen die US-Amerikaner dafür das teure und umweltschädliche Fracking-Gas.

Trumps Politik zielt auf einen Abbau des Handelsbilanzdefizits der USA mit der EU und China. China ist darauf vorbereitet, die EU weniger. Widerstreitende nationale Interessen und völlig überforderte politische Führungskräfte, die sich den USA bis zur Selbstaufgabe unterordnen, lassen nichts Gutes erwarten. Weitere massive Arbeitsplatzverluste in den traditionellen Industrien sind ebenso zu befürchten wie allgemeine Wohlstandsverluste. Wer nicht darunter leiden wird, sind die Reichen und die Konzerne. Sie sind bestens vernetzt und vorbereitet, und jene, die es nicht sind, werden halt untergehen. So ist der Kapitalismus.

Untergehen wird auch die „moralische Supermacht“ der EU-Außenpolitik, die der ganzen Welt erklären will, wie sie zu handeln und zu sprechen hat. Niemand braucht die Belehrungen von Von der Leyen, Baerbock und Co. Weder die Länder des globalen Südens und Ostens, noch die USA.

Die größte Misere ist aber das Fehlen starker kommunistischer Arbeiterparteien in den imperialistischen Hauptländern. Viel Geld wurde investiert, um der Arbeiterklasse Ideen unterzujubeln, die entweder reaktionär oder „woke“-indiviualistisch sind. Beides dient dazu, zu verhindern, dass sie sich als Klasse für sich begreift und sich ihrer Stärke besinnt. Zahlreiche Arbeitskämpfe zeigen zwar immer wieder auf, dass Kampfbereitschaft vorhanden ist, es fehlt aber die Sicht aufs Ganze, die internationale Verbindung der Kämpfe und vor allem die Kraft, die diese Verknüpfung der Kämpfe herstellen könnte.

Trump wird möglicherweise den Krieg in der Ukraine zu einem beschleunigten Ende bringen. Die Kosten des Aufmarsches der von NATO, USA und EU unterhaltenen ukrainischen Armee gegen die regionale Imperialmacht Russland werden zu hoch. Dass die reaktionären Kräfte vielleicht mehr Sicherheit für die Welt bringen, ist nicht ohne Ironie. Wirklich sicher vor Krieg und Verderben wäre die Welt aber nur dann, wenn die Arbeiterklasse in den Schützengräben selbst die Kriege beendet, indem sie die Waffen umkehrt gegen die Ausbeuter und Kriegsgewinnler, wie im Oktober 1917 in Russland!

 

Quelle: Zeitung der Arbeit

USAZeitung der Arbeit