21. November 2024

Überlegungen zu den Ergebnissen der US-Präsidentenwahl

Anders als bei den letzten Präsidentschaftswahlen sind die Mehrheitsverhältnisse für die amerikanischen Republikaner klarer ausgefallen, als Demoskopen und Medien vorhergesagt haben. Es zeigt sich einmal mehr, dass Vorhersagen sich vor allem auf städtische Mittelschichten stützen, die Bevölkerung in ländlichen Regionen, aber auch die Stimmungslage unter den arbeitenden Menschen nicht angemessen abbilden. Wochenlang wurde von einem Kopf-an-Kopf-Rennen gesprochen. Das Wahlergebnis selber fiel in einer Deutlichkeit aus, die selber politische Beobachter überraschte. Trumps klare Mehrheit der Wahlmänner korrespondiert mit einem Vorsprung bei den Wählerstimmen. Bei relativ hoher Wahlbeteiligung erhielt er gut 5 Mio. Stimmen mehr als die Kandidatin der Demokratischen Partei. Sichtbar wird dieser Erfolg auch in den beiden Parlamenten. Die Republikaner gewinnen die Mehrheit sowohl im Senat, als auch im Repräsentantenhaus. Aufgrund dieser Ergebnisse verfingen auch keine Spekulationen über „russische Wahleinflussnahme“, von der amerikanische Geheimdienste noch wenige Tage vor dem Wahltermin in den Medien schwadronierten.

Die Besonderheit des US-Wahlsystems führte dazu, dass sich die Medien vor allem auf die so genannten Swing-States konzentrierten. Die inhaltlichen Unterschiede zwischen Kamala Harris und Donald Trump wurden weniger reflektiert. Vielleicht lag es auch daran, dass die politischen Unterschiede eher in der gewählten Wortwahl, weniger in den angestrebten Maßnahmen lagen. Es war, wie in verschiedenen europäischen Wahlen zu erleben, wohl so, dass Wählerinnen und Wähler, die mit der Biden-Regierung unzufrieden waren, nicht den Versprechungen von Kamala Harris folgen, sondern das Trump‘sche Original wählten. Denn eines hat sich im Wahlkampf immer deutlicher gezeigt. Ob bei der US-Hegemoniepolitik, der Wirtschaftspolitik gegenüber China, der Unterstützung der Netanjahu Regierung in Israel oder dem Feindbild Iran und Nordkorea, es gab zwischen den Parteien eigentlich keine inhaltlichen Unterschiede. Trumps vollmundige Erklärung, er würde den Krieg in der Ukraine an seinem ersten Regierungsamtstag beenden, spiegelt nur die wachsende Unzufriedenheit der amerikanischen Bevölkerung mit der Militärhilfe für die Regierung Selensky, die damit weder militärische Fortschritte, noch Resultate im Sinne einer Beendigung des Krieges erzielt, wider. Trumps Ankündigung wäre im Sinne der Menschen in der Kriegsregion wünschenswert. Mit Blick auf die politische Wirklichkeit dürfte dieses Wahlversprechen das erste sein, das Trump brechen wird.

Wie wenig dieses Wahlergebnis an den tatsächlichen Verhältnissen in den USA und deren Wirtschafts- und Außenpolitik ändern wird, zeigt ein anderer Indikator. Das klare Wahlergebnis für Donald Trump führte an den amerikanischen und teils auch an europäischen Börsen zu deutlichen Kurssteigerungen. Das Finanzkapital erhofft sich von Trumps Wirtschaftspolitik auch zukünftig satte Gewinne und ein hohes Maß an Stabilität für die Profitmaximierung, vor allem aber eine Eindämmung der chinesischen Konkurrenz.

Was bedeutet nun das Wahlergebnis für Antifaschisten in Europa? Die politischen Herausforderungen werden größer. Die extreme Rechte, die sich bereits nach den Europawahlen im Aufwind sieht, erwartet nun einen weltweiten Rechtstrend, bei dem es um mehr Protektionismus und Nationalismus, extrem rechte Menschenbilder und Zunahme rassistischer Spaltung geht. Dagegen wird man sich nicht allein in den USA politisch zur Wehr setzen müssen. Der Kurs der US-Wirtschaftspolitik wird dazu führen, dass international tätige Unternehmen in Europa versuchen werden, mit Verweis auf US-Sanktionen die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten zu verschlechtern. Hier haben Gewerkschaften ihr Handlungsfeld. Antifaschisten sollten die Gewerkschaften in ihrem Handeln unterstützen.

Gleichzeitig wird die amerikanische Regierung im Rahmen der NATO die europäischen Staaten zu erhöhten Rüstungsausgaben und Kriegsanstrengungen drängen. Hier ist eine Friedensbewegung gefordert, die sich nicht mit ihren eigenen Differenzen beschäftigt, sondern als gesellschaftliche Gegenkraft sichtbar in Erscheinung tritt. Angesichts der amerikanischen Außenpolitik müssen in Europa endlich Gespräche beginnen für ein neues gesamteuropäisches Sicherheitssystem. Sich auf die USA und deren in Europa stationierten Waffensysteme zu beziehen, wird für die Menschen und Staaten in Europa zunehmend risikoreicher.

FIRUSA