Beliebig dumm
Übernommen von Unsere Zeit:
Jetzt regen sich deutsche Politiker und bürgerliche Journalisten über Elon Musk auf. Habt ihr ihm nicht 300 Hektar Land in Brandenburg für seine Tesla-Fabrik hingeworfen, nicht mal mit der Bedingung eines Tarifvertrags? Seid nicht ihr es, die jeden Arbeitsunfall verschweigen, jeden Protest delegitimieren? Rechtfertigt nicht ihr jede Gewerkschaftsfeindlichkeit und jede Umwelthavarie in euren Blättern mit Worten wie „Wohlstand“ und „Fortschritt“? Ihr seid lächerlich.
Der größte Hanswurst der USA hat es auf die Bundesrepublik abgesehen. Seit Wochen inszeniert der reichste US-Kapitalist auf seiner Plattform X die AfD als einzige Rettung Deutschlands. Auch beschimpft er dort Olaf Scholz (SPD) oder fordert dessen Rücktritt. Nun hofiert ihn die Springer-Zeitung „Welt“. In einem Beitrag prophezeit er den „wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenbruch Deutschlands“ und ruft zur Wahl der AfD auf. Wundert es euch, dass ein Multimilliardär die Partei der Millionäre und Bonzen lobt, eine Partei, dessen Vorsitzende in der Steueroase der Finanzkapitalisten namens Schweiz lebt?
Dem designierten Berater für effizientes Regieren in den USA gefällt das Programm der AfD eben wegen seiner Absichten zum „Abbau staatlicher Überregulierung, zur Steuersenkung und Deregulierung des Marktes“ und wegen der rassistischen Remigrationsfantasien zur weiteren Spaltung der arbeitenden Klasse. Genau deshalb steht er an der Seite von Donald Trump. Außerdem: Es klinge ja nicht nach Hitler, wenn die gleichgeschlechtliche Partnerin von Alice Weidel (AfD) aus Sri Lanka stammt. Das ist genauso dämlich wie: Weil der rechte Attentäter in Magdeburg aus Saudi-Arabien stammt, kann er kein Rechter sein, also muss er Islamist sein. So macht es Weidel. Rechte Identitätspolitik ist im Freund-Feind-Schema beliebig dumm.
Musk und Weidel eint der unerbittliche Kampf gegen die Armen und Verdammten dieser Erde, die restlose Zerschlagung des von der Arbeiterklasse erkämpften Sozialstaats und was davon noch übrig ist, und schließlich der Lobgesang auf eine selbstbewusste Elite von Monopolkapitalisten, die im Zweifel die Regierungsgeschäfte und staatlichen Organe in die Hand nehmen, wenn die traditionellen Berufspolitiker nicht zum kompromisslosen Durchgreifen des bürgerlichen Staates taugen. Die billigen Flirtversuche von Christian Lindner (FDP) haben da das Nachsehen.
Musk verfolgt seine Interessen als Kapitalist ebenso radikal, wie er als Amtsgehilfe im Weißen Haus die imperialistischen Interessen der USA verfolgen wird. Dafür organisiert er auf seiner Plattform X reaktionäre, klerikale, marktfundamentalistische und halbfaschistische Kräfte. Der Axel-Springer-Verlag macht seit seinem Bestehen nichts anderes. Sie hetzen gegen Arme, denunzieren aufmüpfige Arbeiter und Gewerkschafter, zetern gegen Umweltaktivisten und verbreiten gewalttätigen Hass gegen Sozialisten und Kommunisten. Es wird nicht lange dauern, da wird die AfD zum Liebling bürgerlicher Journalisten, mit derselben Rechtfertigung wie die Chefredaktion zu Musks Beitrag: „Demokratie und Journalismus leben von Meinungsfreiheit.“ Die Kunst der Lüge liegt im Bluff.
Sein „Recht“, über Deutschlands „politische Ausrichtung zu sprechen“, begründet Musk damit, dass er „bedeutende Investitionen in die deutsche Industrie- und Technologielandschaft getätigt hat“. Dasselbe nehmen sich im Übrigen deutsche Kapitalisten im Rest der Welt raus, auch in Europa, wenn man an die Euro-Krise und Griechenland denkt. Vielleicht kommt als Nächstes, dass mit dem Amtsantritt Donald Trumps die USA nicht nur den Panamakanal und Grönland einverleiben will – sondern gleich auch die gesamte Bundesrepublik. Denn ohne den US-Dollar, ohne US-Atomwaffen auf deutschem Gebiet und ohne NATO-Imperialismus könne die Bundesrepublik die „Freiheit in der Welt“ gefährden. Was ist schon Deutschland für einen US-Kapitalisten, der den Mars kolonisieren will. Freilich erst, wenn die Menschheit und die internationale Arbeiterklasse aus dem Weg geräumt wurden.
Quelle: Unsere Zeit