2. Januar 2025

Einmischung par excellence

Übernommen von Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek:

Die Führung der Europäischen Union bemüht sich nach Kräften, ein Spieler in der Weltpolitik zu sein. Zwar ist es nicht weit her mit der großspurig angekündigten Zielstellung, zur »größten Wirtschaftsmacht der Welt« zu werden, wie es in einem der Grundsatzdokumente der EU vor Jahren festgehalten wurde, dafür mischen sich ihre Führungskräfte immer aggressiver und skrupelloser in Angelegenheiten anderer Länder ein. Die Zielstellung ist immer die gleiche, und sie entspricht dem Regierungsauftrag eines jeden kapitalistischen Staates: Schaffung der günstigsten Bedingungen für das Groß- und Finanzkapital zur Erzielung von Maximalprofit.

Deutliches Beispiel ist die jüngste Entwicklung im Nahen Osten. Dort hatte die EU eines der härtesten Sanktionsregime gegen Syrien verhängt, nachdem es im »Arabischen Frühling« vor über zehn Jahren nicht gelungen war, die Regierung unter Präsident Baschar al-Assad mit militärischen Mitteln zu Fall zu bringen. Die Sanktionen, gut abgestimmt mit den von den unterschiedlichen Regierungen der USA verhängten Strafmaßnahmen, führten zu harten Strangulationen des einst wirtschaftlich prosperierenden Landes, unter denen vor allem die Bevölkerung zu leiden hatte.

Kaum hatten bewaffnete Islamisten Damaskus eingenommen, dachte man in Brüssel bereits über die Aufhebung der Sanktionen nach. Zwar gibt es noch gewisse Skrupel – immerhin handelt es sich bei der HTS um eine international als Terrororganisation gelistete bewaffnete Gruppierung – aber man ist auf dem Weg, Beziehungen aufzunehmen und die EU-Botschaft in Damaskus wieder zu eröffnen.

Interessant ist hierbei das Verhältnis zu zwei Nachbarn Syriens, die sich anschicken, Teile des geschundenen Landes zu übernehmen oder zumindest einen bedeutenden Einfluß in Syrien zu sichern.

Hält sich die EU mit jeglicher Kritik an der völkerrechtswidrigen Einverleibung der syrischen Golan-Höhen durch Israel zurück, so enthält sie sich auch jeglicher Bemerkungen zu den fortgesetzten Bombardierungen, bei denen innerhalb weniger Tage mindestens 85 Prozent der syrischen Luftverteidigung komplett zerstört wurden, wie die »The Times of Israel« stolz meldete. Nicht zur Kenntnis genommen wird, daß sich Israel damit ganz offensichtlich den Weg freibombt, um auch Ziele im Iran angreifen zu können. In Brüssel und in fast allen angeschlossenen Hauptstädten wird das stillschweigend bis wohlwollend zur Kenntnis genommen – ebenso wie die Kriegsverbrechen Israels in Gaza und im Libanon.

Auch die fortgesetzten militärischen Angriffe der Türkei werden nicht kritisiert. Im Gegenteil hat die EU am Dienstag eine Milliarde Euro »für die Versorgung von Flüchtlingen« bereitgestellt. Die Kommissionschefin lobte dabei ausdrücklich die »wichtige Rolle«, die Erdogan und die Türkei »bei der Stabilisierung der Region« spielen.

Gleichzeitig versucht man in Brüssel, die Einmischung in Georgien zu forcieren. Man hält an der – selbst von OSZE-Vertretern widerlegten – Behauptung eines Wahlbetrugs fest und will das Land weiterhin zwingen, sich für die EU und definitiv gegen Rußland zu entscheiden. Man unterstützt die Demonstranten in Tbilissi, die kritisieren, daß der neue Präsident nicht vom Volk gewählt wurde.

Die Liste der EU-Länder, in denen das Volk sein Staatsoberhaupt direkt wählen darf, ist allerdings nicht besonders lang…

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek

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