18. Dezember 2024

IG Metall im MIK?

Übernommen von Unsere Zeit:

Es war der Schwur „Nie wieder Krieg – nie wieder Faschismus!“, der alle vernünftigen Menschen in Deutschland im Jahr 1945 einte. Das kommende Jahr hat viele 80. Jahrestage, an denen daran erinnert wird. Vor allem der 8. Mai ist da zu nennen. Ein 80. Jahrestag blieb leider ausgeblendet – der Tag, an dem die erste deutsche Großstadt vom Faschismus befreit wurde. Am 21. Oktober 1944 wurde in Aachen die weiße Fahne gehisst, und die US-Army rückte ein. Noch vor dem 8. Mai 1945 tagte in Aachen ein erster freier Gewerkschaftskongress. Von ihm ging am 18. März 1945 der Ruf in die Welt: „Wir wollen nicht, dass unsere Nachkommen wieder in ein Völkerringen gestürzt werden.“ Daher solle im Sinne der Völkerverständigung die Gewerkschaftsbewegung der ganzen Welt zusammenarbeiten. In diesem Sinne sei die Jugend in Wort und Schrift aufzuklären. Und gefordert wurde der „Kampf gegen preußischen Militarismus und Faschismus“.

Zwar begeht der DGB jedes Jahr den 1. September in Erinnerung an den Überfall auf Polen 1939 als Antikriegstag. Doch die Gewerkschaften sind sehr zurückhaltend, wenn es um konkrete Forderungen an die Regierung geht, sich gegen den Krieg und für Abrüstung zu positionieren.

Doch nun war in der Zeitschrift „Metall“ knallharte Kritik an der Regierung zu lesen: „Die Zeitenwende ging für uns in Manching allerdings erstmal nach hinten los. Die Bundesregierung kaufte in den USA 35 amerikanische Kampfjets unseres Konkurrenten ein und eben keine Eurofighter.“ So sprach der Kollege Thomas Pretzl, Betriebsratsvorsitzender bei Airbus Defence and Space, in einem Interview mit seiner Gewerkschaftszeitung. Die Zeitung kommentierte seine Einlassung nicht. Inzwischen habe Kanzler Scholz die Absicht geäußert, 20 weitere Eurofighter zu beschaffen, meldet Pretzl. Das sei das Ergebnis einer erfolgreichen Aktionswoche der IG Metall gewesen. Es gehe doch um den Schutz der Arbeitsplätze.

Es gab eine Zeit, da bestanden in den Metallbetrieben Friedensinitiativen der Gewerkschaften. Die machten sich durchaus Gedanken über die Sicherung von Arbeitsplätzen, und zwar durch Konversion von Rüstungsproduktion hin zu Friedensproduktion. Lang ist es her.

Reiht sich die IG Metall nun in den MIK ein? Dieser Militärindustrieelle Komplex bildet sich derzeit in Reinkultur heraus, worüber Fred Schmid in einer Untersuchung des Instituts für Sozial-ökologische Wirtschaftsforschung (isw) aus München berichtet. Darin heißt es: „Mit der NATO-Zwei-Prozent-Marke, dem Ukraine-Krieg und der damit postulierten ‚Zeitenwende‘ gewinnt der Militär-Industrie-Komplex zunehmend auch in großen europäischen NATO-Ländern an Einfluss.“ In Deutschland vereinigen sich die Säulen Waffenindustrie, Militär und politische und personelle Lobby zum MIK. Lobby nun auch seitens der Gewerkschaften. Dies in einer Zeit, in der weltweit alle dreizehn Sekunden ein Kind an den Folgen von Hunger stirbt, wie die Welthungerhilfe feststellte. „Nein, es stirbt nicht, es wird ermordet“, zitiert Fred Schmid den langjährigen UNO-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Jean Ziegler. Ohne Rüstung und Kriege könnten heute zwölf Milliarden Menschen ausreichend ernährt werden. „Rüstung tötet“, sagte Dorothee Sölle einst, und zwar durch Krieg, aber auch ohne Krieg. Haupttreiber ist der MIK. Es gilt, sich ihm entgegenzustellen. Das Jahr 2025 stellt uns viele Aufgaben.

Dieser Beitrag ist ein Nachdruck aus Ossietzky 25/2024, den wir geringfügig redigiert haben.

Quelle: Unsere Zeit

UZ - Unsere Zeit