Klimarettung muß warten – Autoindustrie first
Übernommen von Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek:
Der US-amerikanische Autokonzern Ford will an seinen deutschen Standorten in den kommenden zwei Jahren rund 3.000 Stellen abbauen, dies größtenteils in der »Ford-Metropole« Köln. Bereits in gut einem Jahr ist im saarländischen Saarlouis die letzte Schicht eines ganzen Standortes. Der Konzern begründet das unter anderem mit einer schwachen Nachfrage. Vor rund einem Jahr wurde in Deutschland bekanntlich quasi über Nacht die staatliche Subvention für den Kauf eines E-Fahrzeuges ersatzlos gestrichen. Seither stehen diese Autos wie Senkblei in den Verkaufsräumen. Das in Köln produzierte Modell »Explorer« ist, wie so viele E-Neuwagen, ein SUV und kostet trotz einer eher durchschnittlichen Reichweite pro Ladung stolze 42.000 Euro.
Gleichzeitig drohen auch die Manager von VW mit der Schließung ganzer Werke und damit dem Abbau tausender Stellen. Nichtsdestotrotz war offenbar genug Geld vorhanden, um sich selbst wie gewohnt üppige Renditen in Milliardenhöhe auszuschütten. Die Krise wird also, wie sollte es anders sein, auf dem Rücken der Lohnabhängigen bewältigt. Auch Volkswagen hat, wie Ford und andere Autobauer in Deutschland, jahrzehntelang am Rockzipfel der fortschrittsbremsenden, fossilbrennstoffliebenden konservativen Politik gehangen und war glücklich, neue Antriebstechnologien höchstens als Feigenblatt konzipieren zu müssen. Gleichzeitig haben asiatische Hersteller keineswegs geschlafen: Nicht nur aus China kommen mittlerweile elektrische Fahrzeuge, mit denen europäische Modelle in Sachen Reichweite, Ausstattung und vor allem Preis nicht mehr konkurrieren können. Selbstverständlich sind die Arbeitsbedingungen und das Lohnniveau nicht vergleichbar, doch diese Konkurrenz hat man sich schlafenden Auges selbst gemacht. Dazu kommen drohende Strafzölle seitens der USA.
Die Rettung soll nun nicht nur auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden, sondern auch auf Kosten der Klimarettung. Nicht später als gestern sprach sich die konservative EVP im EU-Parlament dafür aus, angesichts der prekären Lage beim ab 2035 vorgesehenen Verbrenner-Verbot in der EU angesichts der mißlichen Lage der Konzerne nochmal nachzuverschlechtern. Strafen für deutsche Konzerne sollen durch neue Berechnungsgrundlagen vermieden werden. Aktuell sieht die Regelung Strafen bei Übertretung sogenannter Flottengrenzwerte für den CO2-Ausstoß vor. Zur Ankurbelung des Absatzes sollen auch neue Ermäßigungen beim Kauf kommen.
Dem Klimawandel ist dies indes alles völlig egal. Er nimmt seinen Lauf, während die Industriestaaten sich gegenseitig mit Strafzöllen und anderen Spielchen auszubremsen versuchen, als wolle man sich im Sandkasten die Förmchen klauen. Kaum ein elektromobilitätsinteressierter Konsument da draußen wird verstehen, warum das von ihm ins Auge gefaßte Modell plötzlich nicht mehr leistbar ist, nur weil es aus China stammt und durch einen Strafzoll teurer wurde, so daß er sich dann nach einem Blick auf sein Konto doch einen neuen Verbrenner kauft, weil die Modelle europäischer Autobauer viel zu teuer und technisch schlechter sind.
Es soll hierzulande Menschen geben, die ihre Autos deutlich länger als nur bis zur nächsten technischen Kontrolle fahren. Autokäufe in den kommenden Jahren dürften also vielerorts durchaus auch bereits mit Blick auf 2035 getätigt werden. Daß die Klimaziele der Wirtschaft untergeordnet werden, ist, besonders auch bei der Automobilindustrie, nicht verwunderlich, jedoch trotzdem sehr beunruhigend. Ein neues Klima läßt sich nicht kaufen.
Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek