Ein Schlaglicht auf die Arbeit der VVN-VdA Neukölln
Übernommen von VVN-VdA:
Die VVN-VdA hat speziell in Neukölln als Schwerpunkt das Erinnern und Gedenken an Werner Seelenbinder, der mit Neukölln über seine sportliche Laufbahn verbunden ist und deshalb auch sein Grab als Widerstandskämpfer gegen die Faschisten seit Juli 1945 im Sportpark hat, der seit 2004 wieder seinen Namen trägt.
Das Wissen über Werner Seelenbinder wachzuhalten, ist für uns eine vorwärts gerichtete Aufgabe. Es geht uns nicht einfach um Erinnerungsarbeit, gerade in den jetzigen Zeiten kann seine Geschichte Inspiration und Ansporn für den aktuell besonders notwendigen Kampf gegen das Erstarken der Faschisten sein. Es geht um Bewusstseinsbildung.
Dabei freut uns auch unsere Verbindung zum SV Tasmania, mit seinen vielen Kindern und Jugendlichen, der das Stadion im Werner-Seelenbinder-Sportpark bespielt. Er steht mit seinen gefühlt 70% oder mehr Mitgliedern mit Migrations-hintergrund für ein Deutschland als Einwanderungsland. Ein Deutschland, das Werner Seelenbinder auf jeden Fall besser gefallen hätte, als das Deutschland der Propagandisten der deutschen Leitkultur und gar der Remigration.
Wir organisieren als VVN-VdA jedes Jahr zum Todestag von Werner Seelenbinder eine Gedenkkundgebung an seinem Grab. Im August 2023 haben wir in Absprache mit dem Bezirksamt Neukölln die Grabpflege übernommen.
2024, als das Jahr, in dem sich W. Seelenbinders Geburtstag zum 120sten Mal und seine Ermordung zum 80sten Mal jährt, haben wir zum Anlass genommen, ein besonderes Gedenkjahr zu gestalten mit Veranstaltungen und Lesungen, einer Seelenbinder-Ausstellung in der Neuköllner Helene-Nathan-Bibliothek (Kurator Prof. Dr. Oliver Rump, THW Berlin) und einem bundesweit ausgeschriebenen Turnier der 12 bis 17jährigen Ringerinnen und Ringern, organisiert mit dem Berliner Ringerverband im Werner Seelenbinder-Sportpark. Am 20. Oktober schlossen wir das Gedenkjahr 2024 mit der Kundgebung an seinem Grab ab.
So standen an diesem Sonntag zusammen gegen den Faschismus, etwa 200 Menschen, auf der Gedenkveranstaltung zum 80. Todestag Werner Seelenbinders, Kommunisten unterschiedlicher Schattierungen neben Sozialdemokraten, Grünen oder Parteilosen, Menschen aus Bündnissen, Organisationen, Sportler und Künstler, Junge und Alte. Wir hatten uns überlegt, das Gedenken in diesem Jahr auf mehr Schultern zu verteilen, nicht nur wegen der runden Zahl, sondern vor allem weil die politische Situation es erfordert, dass die Arbeit aller antifaschistisch bewegten Menschen und Gruppen in Neukölln gebündelt wird. Einige waren mit ihren Infotischen, mit Sportmatte, Bastelmaterial, Instrumenten und Stimmen gekommen, um ihre Arbeit zu präsentieren. So auch die U15-Mannschaft des SV Tasmania und Muhammed und Abdulaye mit einer Vorführung ihrer Balltechnik. Andere waren einfach da, um zuzuhören, zu diskutieren oder still ihre Blumen am Grab niederzulegen.1
Erfreulicherweise wurden 2024 Ende September auch endlich die Gedenk- u. Infotafeln für W. Seelenbinder am Eingang des Sportparks in einer ersten, einfachen Umsetzung montiert, die bereits 2017 von der BVV Neukölln beschlossen wurden und für die wir uns gemeinsam mit Prof. Oliver Rump und dem Historiker Matthias Heisig auch in Bezug auf die Gestaltung sehr eingesetzt haben. Wir danken an dieser Stelle auch der bisherigen Stadträtin für Bildung, Kultur und Sport, Frau Korte, für ihren Einsatz für die Verwirklichung der Tafeln. Für die kommende nachhaltige Ausführung der Gedenk- und Infotafeln mit verlinktem weiteren Informationsmöglichkeiten läuft eine Spendensammlung.
Foto: VVN-VdA
Zweiter, aber umso gewichtiger Schwerpunkt ist für die VVN-VdA in Neukölln die Arbeit zum Neukölln-Komplex, der NeoNazi-Terrorserie, die aktuell 2009 begann, und zu den skandalösen Versäumnissen der sogenannten Sicherheitsbehörden, also Polizei, LKA, Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz, bei deren Nicht-Aufklärung. Wir arbeiten dabei mit Betroffenen der Anschlagsserie und anderen Initiativen bei der Beobachtung und kritischen Begleitung des parlamentarischen Untersuchungsausschuss „Neukölln II“ zusammen. Wir haben auch den Prozess gegen die ursprünglich 5 NeoNazis wegen dem Neukölln-Komplex in beiden Instanzen kritisch beobachtet.
Zu den Ausschuss-Sitzungen werden regelmäßig Kundgebungen vor dem Abgeordnetenhaus organisiert. Mit den Kundgebungen soll der öffentliche Druck, der erst dafür gesorgt hat, dass der Untersuchungsausschuss eingesetzt wurde, aufrechterhalten werden. Es waren die Betroffenen selbst, die die Nicht-Aufklärung der Anschlagsserie durch die Behörden und den mangelnden Schutz im Bezirk zum Thema machten. Die Abgeordneten im PUA „Neukölln II“ sollen mit den Kundgebungen ermuntert werden, weniger gemächlich zu ermitteln und den Ermittlungsbehörden und den Täter*innen energischer auf die Pelle zu rücken, denn ein Untersuchungsausschuss ist kein Selbstläufer.
„Wenn aus dem Studium von Akten und der Befragung von Zeug*innen in einem parlamentarischen Ausschuss etwas herausspringen soll, ist bei den Abgeordneten ein Verständnis von den Wirkungsweisen von gesellschaftlichem und institutionellem Rassismus genauso elementar wie das Wissen über die Kontinuität der Nazistrukturen in Berlin. Dieses Wissen ist nicht selbstverständlich vorhanden und es ist sehr ungleich verteilt, auch bei den „Politprofis“ im Parlament. Deshalb lohnt es sich, das kollektive Wissen über Nazistrukturen und die mangelnde Strafverfolgung durch Behörden immer wieder zu verdeutlichen und die Arbeit der Abgeordneten daran zu messen.“
„Ausgelöst durch den genannten öffentlichen Druck wurden im Zuge von journalistischen Recherchen, aber auch bei neuen Aktivitäten der Behörden, bereits vor der Einsetzung des Ausschusse immer wieder neue Details bekannt. Dadurch konnte zwar immer noch nicht die Tatserie aufgeklärt werden, aber eins wurde deutlich: Die Arbeitsweisen sowohl der Polizei als auch der Staatsanwaltschaft gehören auf den Prüfstand. Die Untersuchung rassistischer, antisemitischer und extrem rechter Strukturen in den Behörden muss Teil der Untersuchungen des Ausschusses sein.“2
Bei der Beobachtung des Ausschuss „Neukölln II“ haben auch wir den Eindruck, dass genau dieses Bewusstsein, dieses Verständnis und dieses Wissen der Mehrheit der Abgeordneten fehlt und dass sie sich nicht die Mühe gemacht haben, sich mit den Aussagen der Betroffenen im Ausschuss und denen von den Expertinnen von MBR, Reachout und Berliner Register, also deren Expertise, tiefer auseinanderzusetzen und sich darüber Hintergrundwissen anzueignen (s. oben Zitat NSU-Watch). Das aber wäre möglich und für eine erfolgversprechende Ausschuss-Arbeit notwendig gewesen, denn diese Expertinnen haben Grundsätzliches zu den NeoNazistrukturen und ihrem Vorgehen gesagt.
Insbesondere wurde mehrfach erläutert, dass es nicht um Einzeltäter geht, sondern dass faschistische Netzwerke in Neukölln und berlinweit ihr Unwesen treiben.
Bei der aktuellen Anschlagsserie kommen weiterhin etliche Skandale innerhalb der Sicherheitsbehörden dazu, z.B. eine rechte Chatgruppe in der Polizei, Treffen eines Polizeibeamten mit einem Tatverdächtigen in einer Kneipe, versäumte (oder heruntergespielte) Warnung von den Sicherheitsbehörden bekannten voraussichtlichen Anschlagsopfern. Prominentes Beispiel hierfür als Anschlagsopfer sind Ferat Kocak und seine Eltern. Die Versäumnisse der Sicherheitsbehörden bei der Aufklärung der NeoNazi-Anschlagsserie bedürfen selbst der Aufklärung. Mensch fragt sich, sind die Strukturen von Polizei, LKA, Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz einfach so miserabel oder/und wirken hier rechte Netzwerke in diesen Behörden? Vermutungen über Letzteres äußerte als Zeuge im Untersuchungsausschuss sogar der frühere Leiter der Ermittlungsgruppe „Rechte Straftaten in Neukölln“ (Resin), Michael E. Er sagte, dass er die Neuköllner Polizeiabschnitte nicht mehr über geplante Observationen informierte, da er den Eindruck hatte, die Informationen würden zu den Nazis durchgestochen, diese verhielten sich während dieser Observationen immer völlig unauffällig.3
Im Fall des Mordes an Burak Bektaş am 5. April 2012 zum Beispiel, wo Angehörige und solidarische Menschen – wie die bereits kurze Zeit nach dem Mord gegründete Initiative – seit Jahren fragen, ob Rassismus das Tatmotiv war und zudem aus rassistischen Motiven nicht ausreichend ermittelt und deshalb auch nach neun Jahren noch kein Täter gefunden wurde, stellt sich die Frage nach einer Art von Interessenidentität, einer Kollusion (lateinisch collusio, „geheimes Einverständnis“) zwischen neonazistischen Gewalttätern und extrem rechten Mitgliedern der Behörden. Im Fall von Burak Bektas stellte sich 2024 heraus, dass der ursprünglich ermittelnde Kommissar 387 Fälle von rechtsextremen Straftaten liegen ließ, nicht bearbeitete. Muß es da eine/n wundern, wenn der Mörder von Burak Bektas nicht ermittelt wurde?4
Wenn jetzt ein ehemals in Neukölln bei der Ermittlungsgruppe Rechtsextremismus als Kontaktbeamter für Betroffene der rechtsextremen Anschlagsserie tätiger Polizist (Stefan Kollmann), der gemeinsam mit zwei polizeibekannten Rechtsextremen einen
afghanischen Geflüchteten verprügelt und versucht hat, den Flüchtling in den fließenden Verkehr zu treiben, trotz eines rechtskräftigen Urteils wegen gefährlicher Körperverletzung aus rassistischen Motiven weiter im Dienst bleiben und in Lichtenberg auf Streife gehen darf, wirft das ein bezeichnendes Licht auf die Polizeistrukturen. Bestätigt das das oben Gesagte.
Das Gleiche gilt, wenn wir hören, welche Sorgen sich die Jugendsozialarbeit und Jugendstraßensozialarbeit Neukölln machen wegen der zunehmenden rassistischen Polizeigewalt in Neukölln gegen muslimisch gelesene Kinder und Jugendliche. Racial profiling fällt mensch da gleich als Stichwort ein.
Das alles braucht Aufarbeitung und strukturelle Veränderungen, sowie Veränderung in der Schulung der Mitarbeiter*Innen der Behörden.
Worum geht es beim Neukölln-Komplex? Wir reden hier über schwerste neonazistische Straftaten, Bedrohungen und lebensgefährdende Brandanschläge gegen Menschen, die sich gegen Rassismus und Faschismus engagieren, bis hin zu den genannten zwei Morden an Burak Bektaş und Luke Holland, deren Motivation eindeutig als rassistisch und extrem rechts zu begreifen ist.
Weiter umfasst die aktuelle Terrorserie 23 schwere Brandanschläge, mit Steinen (und Flaschen mit Bitumenfarbe) eingeschmissenen Scheiben von Wohnungen und Geschäften, das Markieren von Treppenfluren und Gebäuden mit Morddrohungen und extrem rechten und verfassungsfeindliche Symbolen, körperlichen Attacken und das Anfertigen von sogenannten Feindeslisten mit über 1.000 Adressen. Betroffene wurden über Jahrzehnte immer wieder angegriffen, bedroht und ausspioniert.
Es geht im Kern um eine militante Kampagne einer vernetzten und bewaffneten Neonaziszene, die sich selbst ermächtigt hat, von ihnen als politische Gegner*innen oder „Volksfeinde“ markierte Menschen anzugreifen, zu terrorisieren und mit dem Tod zu bedrohen. Die Täter*innen handeln aus der Deckung der Anonymität, obwohl ihre Strukturen hinlänglich bekannt sind. Und: Die Ermittlungsbehörden sind seit vielen Jahren nicht in der Lage, gerichtsfeste Beweise für deren Tatbeteiligung zu liefern. Die Frage, ob es an strukturellem Versagen der Behörden oder auch an politischer Deckung der Taten durch einzelne Mitglieder oder rechte Netzwerke liegt, steht im Raum.5
Der faschistische Terror hat in Neukölln, sowie in Berlin insgesamt, hat eine lange Tradition. Und immer wieder wurde dieser Terror durch Justiz und Polizei in Berlin in den vergangenen Jahrzehnten verharmlost.
Konkret zu Neukölln: Die gemeinte Zeitspanne reicht auf jeden Fall bis Mitte der Achtziger Jahre zurück. In der Zeit ab 1980 nannten sich junge Nazis frech »Terrorbande Wutzkyallee« und »Terrorbande Zwickauer Damm«.
Andere rechte, gewaltbereite Gruppen hießen sogar „Berliner Türkenbeseitigungs- Gang“ und „Britzer Befreiungsfront“ Diese Gangs griffen in den südlichen Teilen Neuköllns, vor allem in der Gropiusstadt, immer wieder Linke und Ausländer an. Während es sich dabei eher um Schlägertrupps handelte, traten wenig später organisiertere, aber nicht weniger gefährliche Gruppen auf den Plan, wie die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP), die 1995 verboten wurde.
Seit knapp 20 Jahren gehören vor allem für die Bevölkerung in Rudow, Buckow und Britz rechtes Gedankengut in Form von Flugblättern, Schmierereien und Aufklebern zum Alltag. Wer sich gegen Rechts engagiert, wird überwacht, schikaniert, angegriffen.
Hierbei ist auch das Netzwerk des Nationalen Widerstand Berlin (NW-Berlin) um Sebastian Schmidtke, gut befreundet mit Sebastian Thom, einem der 2 im Dezember 2024 u.a. wegen 2 Brandanschlägen verurteilten NeoNazis, zu nennen, das zwischen 2005 und 2012 Aufmärsche mit 500, 600 NeoNazis in Rudow veranstaltete.
NW-Berlin stellte ab 2009 Feindeslisten von Personen mit Namen, Fotos und teilweise Adressen auf seiner website ins Netz, weiterhin eine Liste „Linke Läden“ mit Adressen und teilweise Bildern von linken oder alternativen Einrichtungen. Die „Klientel“ von NW-Berlin arbeitete diese Listen regelrecht ab.
Die Strafverfolgungsbehörden ermittelten jedoch ernsthaft erst seit 2011, ganze 2 Jahre nach den Anzeigen, die Betroffene zum Teil mit ausführlichem Bild- und Beweismaterial zu den mutmaßlichen Urheber/innen gestellt hatten. Ab 2012 stellte NW-Berlin seine öffentlichen Aktionen ein, der mediale und polizeiliche Druck war wohl zu groß geworden. Zur Europawahl 2024 war Schmidtke Kandidat für die Partei „Die Heimat“ auf Listenplatz 5. 6
Wie vernetzt die Faschisten insgesamt über die Jahrzehnte sind, wird daran deutlich, dass Oliver Werner, der als politischer Ziehvater von Sebastian Thom gilt und der ebenfalls in den Neukölln-Komplex verwickelt ist, ein enger Freund von Kay Diesner ist, der 1997 den linken Buchhändler Klaus Baltruschat anschoß, so dass ihm ein Unterarm amputiert werden musste. Auf seiner Flucht erschoss Diesner dann einen Polizisten und verletzte einen anderen schwer.
Heute gehört Thom zum 3. Weg, dessen Mitglieder im Juli 2024 am Bahnhof Ostkreuz als organisierter Trupp antifaschistische Menschen zusammenschlugen, die zu einer Anti-AfD-Demo fahren wollten. Auch dies zeigt die Bedrohungslage, um die es geht.
Zu dieser Bedrohungslage gehört ebenfalls, was am 14. Dezember in Friedrichshain zu sehen war und erfreulicherweise von Antifaschist*innen gestoppt werden konnte, der NeoNazi-Aufmarsch, der selbst vom Innensenat als eine „gezielten Provokation junger und durchaus auch gewaltaffiner Personen einer neuen rechtsextremistischen Internet-Jugendkultur“ bezeichnet wurde. Und es ist nicht das erste Mal, dass von einer neuen rechten Jugendbewegung gesprochen wird, mit teils erst 14 Jahre alten, bereits brutalen Schlägern.
Solche Jugendlichen werden von AfD-Leuten aufgehetzt wie dem Europawahl-AfD-Kandidaten Maximillian Krah, der auf TikTok, dem social media-Kanal auf dem die AfD besonders aktiv ist, schon ein Star ist.
Doch beim Untersuchungsausschuss „Neukölln II“ steht im Hintergrund auch das Thema NSU-Komplex, bei dem es keinen Untersuchungsausschuss gab. Gemeint ist „die Behörde, die inzwischen maßgeblich die Bearbeitung der militanten Neonazis übernommen hat und auch die Führung von V-Personen: das Berliner Landeskriminalamt (LKA). Hier arbeitete man mit mehreren Spitzeln, die auch über das Umfeld des NSU berichteten, darunter einen, dessen Hinweise durchaus zu einem frühzeitigen Auffliegen des NSU-Kerntrios hätte führen können. Es war damit das einzige LKA bundesweit, das in diesem Bereich des NSU-Komplexes auftaucht.“ 7
Ansonsten gehören keine AFDler in so einen Ausschuss, weil das geistige Brandstifter und Kumpane der NeoNazis sind (Paulenz war im Neuköllner AfD-Vorstand, Sebastian Thom war Neuköllner NPD-Kreisvorsitzenden und Beisitzer im Landesvorstand)
Die Ausschussmitglieder sind auch insofern zu kritisieren, als dass sie meistenteils den Polizeizeugen, z.B. LKA-Leiter Steiof, aber auch Staatsanwalt von Hagen, ihre Schönfärberei, arrogante Selbstgefälligkeit und Verantwortungsabwehr haben durchgehen lassen, die Zeugen zu wenig hinterfragt haben.
Ein Skandal ist ebenfalls, die Aktenverweigerung bzw. verschleppte Lieferung durch die Senatsverwaltung für Inneres und die Justiz, die den Ausschuss in seiner Arbeit behinderte. Der Innensenat ist auch für den Verfassungsschutz zuständig. Selbst die Richterin in der zweiten Instanz des Thom/Paulenz-Prozesses beklagte, dass Erkenntnisse des Verfassungsschutzes zurückgehalten wurden.
Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Berlin verweigerten bei den Prozessen gegen die Hauptverdächtigen Sebastian Thom und Tilo Paulenz die Akten mit der Begründung, es ginge um ein laufendes Verfahren; als ob die Abgeordneten keinen Geheimhaltungspflichten unterlägen. Gerade bei Ferat Kocaks Akte wäre es aber für die Abgeordneten wichtig gewesen, sie zu haben, denn dazu sagte selbst die Berliner Polizeipräsidentin, da stände eine Menge drin, was bei Ferat Kocak falsch gelaufen sei. Jetzt werden nach dem Urteil der 2. Instanz die Akten mit Vertraulichkeitsvermerk freigegeben, aber wie spät.
Erneut wurden einigen Wochen vor dem Urteil im Prozess gegen Thom und Paulenz die Autoreifen eines der Brandanschlagsopfer zerstochen, Hinweise auf einen extrem rechten Hintergrund wurden dabei von der Polizei wieder mal nicht ernstgenommen.
Antworten und Klarheit sind für die Öffentlichkeit auch darüber zu fordern, welche Rolle der Verfassungsschutz (VS) beim Neukölln-Komplex spielte, ob und in welchem Umfang V-Personen in diesen rechtsextremistischen Strukturen agiert haben und ob sie Straftaten begangen haben. Beim Ausschuss sagten VS-Mitarbeiter nur nichtöffentlich oder hinter einer spanischen Wand aus – im Gericht verweigerte der VS Informationen, weil die nicht „prozessrelevant“ seien.
Mensch kann sagen: Der Verfassungsschutz gehört abgeschafft, nähme man z.B. die Ergebnisse der 13 Ausschüsse auf Bundes- und Länderebene zum NSU-Komplex ernst.
Aufklärung, genaue Untersuchung brauchen Zeit und Akten! Wir fordern beides und dass der PUA zum Neukölln-Komplex nach der Wahl 26 erneut eingesetzt wird. Das Polizeiversagen darf nicht unter den parlamentarischen Teppich gekehrt werden.
- Siehe: https://vvn-vda.de/, sowie https://vvn-vda.de/30339-2/ und https://vvn-vda.de/werner-seelenbinder-jahr-2024 ↩︎
- aus: https://www.nsu-watch.info/2021/11/der-untersuchungsausschuss-zum-neukoelln-komplex-muss-sich-der-geschichte-rechten-terrors-in-berlin-stellen/ ↩︎
- Siehe auch: https://burak.blackblogs.org/ und https://www.nsu-watch.info/?s=neuk%C3%B6lln ↩︎
- siehe: https://www.nsu-watch.info/2021/11/der-untersuchungsausschuss-zum-neukoelln-komplex-muss-sich-der-geschichte-rechten-terrors-in-berlin-stellen/ ↩︎
- NSU-Watch, 2021 ↩︎
- siehe: MBR – Berliner Zustände 2012, S. 68ff ↩︎
- NSU Watch, 2021 ↩︎
Quelle: VVN-VdA