22. Januar 2025
USAUZ - Unsere Zeit

Freiheit für Leonard Peltier

Übernommen von Unsere Zeit:

Raus aus der WHO und dem Klimaabkommen, Notstand an der Grenze zu Mexiko inklusive Militäreinsatz, Kuba wieder auf der Liste der Terrorstaaten, Rechteabbau und -aussetzung für Migrantinnen und Migranten, Aussetzung der Sanktionen gegen israelische Siedler, umfassendes Pardon für die an der Stürmung des Kapitols Beteiligten. Freudig unterzeichnete der neue US-Präsident ein Dekret und einen Erlass nach dem anderen, erregt kommentiert die Presse jede Unterschrift. In all dem Trubel wäre die gute Nachricht, die es in den letzten Stunden der Biden-Präsidentschaft gab, fast untergegangen.
Leonard Peltier ist nach rund 50 Jahren Haft zwar nicht begnadigt, aber immerhin in den Hausarrest entlassen worden. Der Lakota-Sioux, Aktivist und Mitglied des American Indian Movements (AIM) war am 6. Februar 1976 unter dem Vorwurf verhaftet worden, er habe bei einer Schießerei im Reservat Pine Ridge zwei FBI-Beamte erschossen. Im April 1977 wurde Peltier zu zwei aufeinanderfolgenden lebenslangen Haftstrafen verurteilt.

Der Prozess strotzte von Widersprüchen – Peltier hätte nicht verurteilt werden dürfen. Als sich zum Beispiel herausstellte, dass Peltier einen orange-weißen Van fuhr und nicht einen roten Pick-up wie zuvor von der Anklage behauptet, änderten Zeugen des FBIs ihre Aussage und beteuerten ab da, dass sie nach so einem Auto gesucht hätten und nicht nach einem roten. Auch die ballistischen Beweise legten nahe, dass es zumindest andere Verdächtige geben müsse: Einige – wenn nicht alle – der Patronenhülsen am Tatort stammten nicht aus der Waffe Peltiers. Zudem hatte der inzwischen 80-Jährige stets seine Unschuld beteuert.

Doch Beweise zählen in den USA nichts, wenn es gegen Aktivisten der Bürgerrechtsbewegung geht. Seit Jahrzehnten hatte der zuständige Bewährungsausschuss trotz zahlreicher Hinweise auf einen unfairen Prozess ein Haftende für Peltier abgelehnt, zuletzt im Juli vergangenen Jahres. Für seine Freilassung hatten sich neben zahlreichen Solidaritätsgruppen weltweit und Organisationen wie „Amnesty International“ auch Menschen wie Nelson Mandela und Mutter Teresa eingesetzt.

Der ehemalige US-Präsident Barack Obama lehnte wie sein Parteikollege William Clinton eine Begnadigung ab, auch, weil es Proteste durch das FBI gegeben habe.

2022 hatte die Arbeitsgruppe „Willkürliche Inhaftierung“ des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen in einer siebzehnseitigen Analyse festgestellt, dass Peltiers Haft willkürlich ist und gegen Menschenrechte sowie bürgerliche und politische Rechte verstößt. Sie forderten die US-Regierung auf, „unverzüglich Abhilfe zu schaffen und die Situation in Einklang mit den einschlägigen internationalen Normen zu bringen“.

Der Jurist und ehemalige Leiter des FBI Christopher Wray hat in den letzten Tagen von Bidens Präsidentschaft zu verhindern versucht, dass Peltier in den Hausarrest entlassen wird. Und dabei nebenbei gezeigt, was die Bundespolizei der USA von internationalem Recht hält. Für ihn ist dieser Schritt „nicht nur ungerechtfertigt. Er stellt auch einen Verstoß gegen Rechtsstaatlichkeit dar.“

Dass Leonard Peltier – voraussichtlich im Februar – das Gefängnis verlassen kann, ist eine gute Nachricht. Aber Gnade eines scheidenden Präsidenten ersetzt kein Recht. Mit der Freilassung Peltiers wird Mumia Abu Jamal der am längsten in Haft sitzende politische Gefangene in den USA sein.

Quelle: Unsere Zeit