Türkei: Ein neuer „Friedensprozess“
Übernommen von Yeni Hayat / Neues Leben:
Viele im Land waren schockiert, als im Oktober letzten Jahres Devlet Bahçeli, der Vorsitzende der nationalistischen MHP, den Gründer der PKK, Abdullah Öcalan, dazu aufrief, im türkischen Parlament die Auflösung der PKK zu verkünden, einen Friedensprozess einzuleiten und Öcalan die Freilassung in Aussicht stellte.
Bahçeli erklärte, dass sie bereit seien, Verantwortung für eine „Politik ohne Terror“ zu übernehmen und fuhr fort: „Wenn alle in einem Bündnis sind, sind wir bereit, nicht nur unsere Hand, sondern unseren ganzen Körper unter den Stein zu legen. Das historische Terrorproblem soll vollständig von der Tagesordnung dieses Landes entfernt werden.“
Am 1. Oktober, bei der Eröffnung der Großen Nationalversammlung der Türkei, schüttelte Bahçeli nacheinander die Hände der Mitglieder der Gruppe der kurdischen DEM Partei (Partei für Gleichheit und Demokratie).
Nach Bahçelis Aufruf besuchte eine Delegation der DEM Partei Öcalan im Gefängnis und erhielt von ihm die Nachricht, dass dieser bereit sei, eine Rolle im neuen Prozess zu übernehmen. Nach dem Aufruf Bahcelis im Oktober hatte Öcalan nach einem Gespräch mit seinem Neffen und DEM Partei-Abgeordneten Ömer Öcalan die Nachricht übermittelt, dass er „die Kraft hat, den Prozess bei Vorliegen der Bedingungen vom Konflikt- und Gewaltfeld auf eine rechtliche und politische Ebene zu ziehen“.
Der Grund für diese plötzliche Initiative von Bahçeli im Oktober liegt vor allem in den Entwicklungen im Nahen Osten. Rojava wird durch die Türkei immer noch als eine Bedrohung wahrgenommen. In einer Zeit, in der die USA ihre imperialistischen Ambitionen zur Neugestaltung der Region über die aggressive Politik Israels verfolgen, schuf die Zusammenarbeit zwischen den kurdischen Kräften in Rojava (SDG) und den USA Risiken für die Politik der türkischen Regierung und schränkte ihre Handlungsspielräume ein. Daher wollten die reaktionären Kräfte in der Türkei, für die Bahçeli als Sprecher auftritt, durch die Einbeziehung von Öcalan nicht nur diese Risiken minimieren, sondern auch ihre expansiven Ziele in der Neugestaltung der Region vorantreiben. Auch wenn das Assad-Regime gestürzt wurde, bestehen weiterhin Unklarheiten und Differenzen in Bezug auf den Status der kurdischen Autonomie in Rojava und die SDG, was die türkische Regierung dazu zwingt, diese Verhandlungen zu führen.
Auf der anderen Seite verschweigt Bahçeli nicht, dass er über diesen Prozess hinweg auch auf eine Verfassungsänderung hinarbeitet und die DEM-Partei zur Unterstützung dieser bewegen will, welche Erdoğan den Weg für eine erneute Kandidatur ebnen könnte, um die Lebensdauer der Regierung zu verlängern.
Die größte Schwäche des früheren „Friedensprozesses“ und der Hauptgrund, warum die Regierung die Verhandlungen schnell beenden konnte, als sie feststellte, dass der Prozess nicht in ihrem Interesse war, war die mangelnde Transparenz in der Durchführung. Anders ausgedrückt, der Prozess wurde hinter verschlossenen Türen geführt. Daher ist es von großer Bedeutung, den Prozess im Parlament fortzusetzen, damit auch die Opposition einbezogen werden kann.
Quelle: Yeni Hayat / Neues Leben