18. Februar 2025
Deutsche GeschichteZLV

Unwürdiges Gedenken

Übernommen von Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek:

Es waren Soldaten der 1. Ukrainischen Front der Roten Armee der Sowjetunion, die am Morgen des 27. Januar 1945 kämpfend die Stacheldrahtzäune des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz erreichten und gegen den Widerstand der Reste der SS-Bewacher und der Wehrmacht den Komplex mitsamt den Produktionsanlagen der IG Farben befreiten. Bis zu 350 Soldaten und Offiziere der Roten Armee bezahlten die Befreiung mit ihrem Leben.

Wenige Tage zuvor hatte die Rote Armee ihre Oder-Weichsel-Offensive begonnen, auf dringenden Wunsch des britischen Premierministers Churchill, der den sowjetischen Oberkommandierenden Stalin inständig gebeten hatte, mit dieser Operation die in den Ardennen in Bedrängnis geratenen alliierten Truppen der USA und Britanniens zu entlasten. Die 1. Ukrainische Front war nicht nach den Angehörigen ihrer Truppenteile benannt worden, sondern nach ihren Aufgaben im Verlauf des Krieges. In ihren Reihen kämpften Russen, Ukrainer, Belorussen, Moldawier, Balten, Kaukasier – Angehörige fast aller Nationalitäten der damaligen Sowjetunion.

Das KZ Auschwitz war die größte Ausbeutungs- und Vernichtungsstätte, die von den deutschen Faschisten errichtet und intensiv betrieben wurde. In den Lagern wurden zunächst politische Gegner des Faschismus eingesperrt, gefolgt von Angehörigen aller von der Wehrmacht besetzten Länder sowie Kriegsgefangenen. Ein großer Teil der in den Lagern inhaftierten Menschen waren Juden. Vor allem in der letzten Phase des Krieges wurden die Konzentrationslager die Orte, in denen die Faschisten ihre »Endlösung der Judenfrage« aktiv und mit Methoden betrieben, die über jegliches menschliches Denken hinausgingen.

Auschwitz war aber auch in die Produktion des Konzerns IG Farben eingebunden. KZ-Häftlinge mußten nicht nur bis zum Umfallen für den Chemiekonzern schuften, sie wurden auch die ersten Opfer der dort produzierten Kampfstoffe. Das berüchtigte Giftgas »Zyklon B« wurde zuerst an sowjetischen Kriegsgefangenen »getestet«, bevor es zum Massenmord an Juden eingesetzt wurde.

Im Jahr 2005 wurde der 27. Januar von der UNO zum Internationalen Gedenktag für die Opfer des Holocaust erklärt. Dieses Gedenken an den Völkermord an den Juden schloß selbstverständlich auch die Ehrung der Befreier ein, ebenso das Gedenken an alle Opfer der faschistischen Herrschaft. Am 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz ist das anders. An russische Befreier soll nicht gedacht werden, nach dem Willen der heutigen Organisatoren steht der ukrainische Präsident stellvertretend für die Befreier auf dem ehemaligen KZ-Gelände. Der hatte am Vortag im Kreise seiner Kriegskameraden an der Gedenkstätte Babyn Jar eine Gedenkfeier für die jüdischen Opfer der Ukraine inszeniert. Ein Gedenken an die mindestens 33.000 ukrainischen Juden, erschossen im September 1941 von den deutschen Besatzern und ihren ukrainischen Hilfswilligen, von der Wehrmacht ausgebildeten und bewaffneten Nationalisten und Faschisten – die in der heutigen Ukraine als Nationalhelden gefeiert werden.

In einer Sendung der ARD hieß es am Sonntag, daß laut einer aktuellen Erhebung 40 Prozent der 18 bis 29-jährigen Bürger der Bundesrepublik Deutschland keine Kenntnis darüber haben, daß die deutschen Faschisten 6 Millionen Juden umgebracht haben. Die in diesen Tagen erneuerten halben und ganzen Lügen über den deutschen Faschismus und das unwürdige Gedenken werden das auf keinen Fall zum Positiven ändern.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek