Von Blau zu Braun zu Blau?
Übernommen von Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek:
Als am Montag Donald Trump zum bereits zweiten Mal zum diesmal 47. Präsidenten der USA vereidigt wurde, standen auch jene Spalier, die seit langem die Gesellschaft mit darauf vorbereitet haben: Die Tech-Milliardäre Elon Musk und Mark Zuckerberg, ihres Zeichens unter anderem Chefs der weltweit führenden Social Media Konzerne »X«, beziehungsweise »Meta« (Facebook, Instagram, WhatsApp).
Bevor Facebook 2004, Twitter 2006 und Instagram 2010 das Licht der Welt erblickten, sah die Welt der sozialen Plattformen im Internet noch vergleichsweise brav aus. Mittlerweile zählt Facebook rund 3 Milliarden Nutzer weltweit, Instagram 1,2 Milliarden und »X« rund 230 Millionen Nutzer. All diese Plattformen waren in ihrer Entstehungsphase von der Idee getrieben, Menschen zusammenzubringen, seinerzeit noch teure Telefonate durch Chats zu ersetzen und so Freunde und Familie über Distanzen hinweg zu verbinden.
Früh schon erschloß sich ein ungeheurer Markt für Werbung. Im Jahr 2023 verzeichnete die Plattform Statista einen Jahresumsatz für Meta von 131,9 Milliarden US-Dollar. Der Dollar begann schon früh zu rollen und mittlerweile ist es gefühlt immer schwieriger, das Urlaubsfoto der Eltern zwischen Algorithmus gesteuerten Beitragsvorschlägen und schlichten Kauf-Aufforderungen für allerlei Entbehrliches zu finden. Ebenfalls drastisch vermehrt haben sich auf den etablierten Plattformen Haßrede, Verschwörungstheorien und schiere Desinformation, dies begünstigt durch eine, zunehmend gewollt, immer ineffizientere Beitragsmoderation. Spätestens nach der Übernahme des Dienstes Twitter durch Elon Musk und die Umwandlung in »X« brachen auf letzterer Plattform alle Dämme. Offen zutage traten nicht erst vor dem vergangenen US-Wahlkampf der Einfluß solcher Plattformen sowie insbesondere die Einflußnahme deren Besitzer auf das Tagesgeschehen und die Politik. Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos forderte Spaniens Premier Pedro Sanchez, derartige Social Media Unternehmen für die »Vergiftung der Gesellschaft« zur Rechenschaft zu ziehen.
Jack Dorsey, ehemaliger CEO von Twitter, verließ das Unternehmen zwischenzeitlich und gründete eine neue Plattform namens BlueSky. Die Benutzeroberfläche ist dem alten Twitter ähnlich, aus dem blauen Vogel wurde ein blauer Schmetterling, jedoch wurde es mit Blick auf die Geschehnisse bei Twitter, dezentral angelegt. Das bedeutet, daß die Plattform nicht von einem einzigen Unternehmen kontrolliert wird, sondern auf einem Netzwerk von Servern basiert, die von verschiedenen Organisationen und Einzelpersonen betrieben werden. Dies soll mehr Kontrolle über Daten und Algorithmen ermöglichen. In Planung ist derzeit auch eine Instagram-ähnliche Foto-Anwendung innerhalb des BlueSky-Komplexes. Kann Dezentralität die Lösung sein, um sich gegen Angriffe von außen zu wehren? Ähnlich dem Bitcoin-Netzwerk mit Knotenpunkten über den Globus verstreut, versucht diese neue Plattform Fehler der Vergangenheit zu vermeiden. Und doch erklärte Dorsey in einem Interview im Frühjahr 2024, er habe sich von BlueSky ebenfalls wieder abgewendet, da es die Fehler von Twitter repetiere. Dies in einer Phase, als Millionen Nutzer dem Netzwerk als neue, vermeintlich saubere Online-Heimat zuströmen. Dorsey erklärte, er bevorzuge mittlerweile etwa das Netzwerk Nostr.
Dieses ist zwar ebenfalls dezentral und setzt dadurch auf mehr Zensurresistenz, Datenschutz und Nutzerkontrolle durch etwa Kryptographie, hinkt allerdings bei der Nutzerfreundlichkeit der Oberfläche deutlich den Platzhirschen von Meta und X hinterher. Und am Ende taugt ein Netzwerk nichts, wenn die eigenen Kontakte woanders sind.
Welche Lösung also finden für digitale Vernetzung in einer zunehmend autoritärer werdenden Welt? Ist der Mensch überhaupt in der Lage, mit solchen Instrumenten und den darin aufbereiteten Inhalten rational umzugehen? Der Weg los von konzernzentralisierten Plattformen hin zur Dezentralität ist vielversprechend, jedoch nicht die Lösung aller Probleme.
Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek