17. Januar 2025
Pro Asyl

Zwischen Unsicherheit und Hoffnung – Eindrücke aus Syrien und Forderungen an die deutsche Politik

Übernommen von Presse­mitteilungen | PRO ASYL:

PRO ASYL wendet sich entschieden gegen Versuche führender deutscher Politiker*innen, der Öffentlichkeit zu suggerieren, Syrien sei sicher und viele syrische Geflüchtete könnten in naher Zukunft zurückkehren. Das ist populistische Stimmungsmache auf dem Rücken der Syrer*innen.

„Es braucht jetzt Haltung, statt Hetze! Anstatt syrische Geflüchtete, die in Deutschland leben und längst Teil der Gesellschaft geworden sind, wegzustoßen und zu verängstigen, braucht es die klare Botschaft: Die syrische Community ist ein Teil von Deutschland und wird es auch bleiben“, sagt Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL.

Alaows ist vor wenigen Wochen nach Syrien gereist, um sich ein eigenes Bild von der Lage zu machen. Von seinen Eindrücken berichtete er auf einer Pressekonferenz am 16. Januar 2025 sowie in einem Bericht hier. Seine Erkenntnis: „Populistische Forderungen zu einer Rückkehr von hier lebenden syrischen Geflüchteten sind verfrüht und ignorieren die Realität vor Ort: Syrien ist weder stabil noch sicher.“

Auch Äußerungen verschiedener Politiker*innen, den Schutzstatus von nicht erwerbstätigen syrischen Geflüchteten in naher Zukunft überprüfen zu wollen, kritisiert PRO ASYL scharf. „Das ist eine gefährliche Vermischung einer Nützlichkeitsdebatte mit dem Recht auf Schutz. Solche Aussagen verunsichern Menschen aus Syrien zutiefst und stoßen sie vor den Kopf“, so Alaows.

Forderungen von PRO ASYL:

1. Haltung statt Ressentiments: Syrien ist derzeit kein sicheres Land für Rückkehrer*innen. Die Diskussionen über Rückführungen oder über einen Widerruf des Schutzstatus sind nicht zielführend. Der Schutzstatus muss weiterhin unabhängig von der Erwerbstätigkeit garantiert werden.

2. Erleichterung von Kurzreisen: Syrer*innen in Deutschland sollten ihre Heimat besuchen können, ohne dabei ihren Schutzstatus zu verlieren. Sie wollen zum Beispiel Familienmitglieder besuchen, verschwundene Angehörige suchen oder die Lage vor Ort bewerten.

3. Unterstützung des Wiederaufbaus: Deutschland muss sich aktiv an der Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen und dem Aufbau demokratischer Strukturen beteiligen. Dazu gehört die Stärkung der zivilgesellschaftlichen Strukturen vor Ort und die Einbeziehung der Expertise auch der syrischen Community in Deutschland.

Zur aktuellen Lage in Syrien

Die Situation in Syrien bleibt prekär: Eine zerstörte Infrastruktur, wirtschaftliche Not und politische Instabilität prägen das Land. Gleichzeitig gibt es Hoffnungszeichen: Lokale zivilgesellschaftliche Initiativen engagieren sich für den Wiederaufbau und gegen die Einschränkungen von Rechten, wie eine Demonstration feministischer Gruppen im Dezember 2024 gegen diskriminierende Schulbuchänderungen zeigte.

Doch die Gefahren sind allgegenwärtig. Waffen verbreiten sich unkontrolliert, die Aufarbeitung von Assad-Verbrechen bleibt bisher aus und Minderheiten sowie Frauen sind verängstigt und fürchten um ihre Sicherheit. Die völkerrechtswidrigen Militäroperationen der Türkei verschärfen die Lage zusätzlich. Im Nordosten Syriens finden weiterhin Kämpfe zwischen der SDF (Syrian Democratic Forces) und der von der Türkei finanzierten SNA (Syrian National Army) statt, was zu anhaltendem Leid und Vertreibung für die arabische und insbesondere die kurdische Bevölkerung

Hintergrundinformationen zu Syrer*innen in Deutschland

In Deutschland lebt rund eine Million Syrer*innen. Menschen aus Syrien stellen seit Jahren die größte Gruppe bei den Asylantragsstellenden. Im Jahr 2024 lag die Zahl der Anträge von Syrer*innen bei fast 77.000. Die bereinigte Schutzquote liegt derzeit bei fast 100%. 607.000 haben eine befristete Aufenthaltserlaubnis auf Basis eines Schutzstatus des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (340.000 Asyl oder Flüchtlingsschutz, 266.000 subsidiärer Schutz, 7.000 Abschiebungsverbote, siehe hier für die Aufschlüsselung). Im Dezember 2024 zeigt sich ein deutlicher Rückgang der Anträge von Syrer*innen.

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Quelle: Presse­mitteilungen | PRO ASYL