25. März 2025
BelgienZeitung der Arbeit

Arbeiter blockieren Audi-Werk: „Wir sind nicht Arbeiter zweiter Klasse!“

Übernommen von Zeitung der Arbeit:

Brüssel. Im belgischen Vorst, einem Stadtteil von Brüssel, schlagen die Wellen der Empörung hoch: Rund 200 Arbeiterinnen und Arbeiter blockierten am Freitag mehrere Zugänge zum Audi-Werk. Sie arbeiten bei den Zulieferern des Autogiganten und wehren sich gegen den drohenden Arbeitsplatzverlust – ohne den finanziellen Schutz, den Audi nur seiner Kernbelegschaft bietet.

Die Konzernleitung hatte der eigenen Stammbelegschaft von 3.000 Personen im Werk Vorst einen vergleichsweise großzügigen Sozialtarifvertrag zugesichert. Doch die Beschäftigten bei Firmen wie Mosolf, Sesé, Rhenus Automotive und Imperial Logistics erhalten bestenfalls Almosen. Entlassungsprämien zwischen 962 und 3.500 Euro brutto (bzw. 200 bis 300 Euro pro Dienstjahr) seien ein Hohn, heißt es vonseiten der Gewerkschaften. Insgesamt stehen allein bei den beiden Logistikunternehmen Rhenus und Imperial rund 400 Menschen vor der Kündigung.

„Wir sind auch Arbeitnehmer und machen die gleiche Arbeit“, kritisiert Saïd Benali, Betriebsrat der sozialistischen Gewerkschaft ABVV-FGTB bei Rhenus Automotive, die Ungleichbehandlung. Auch Jan Baetens von der christlichen Gewerkschaft ACV findet klare Worte: „Diese Leute bekommen buchstäblich Peanuts, obwohl sie zusammen mit der Audi-Belegschaft an derselben Produktionskette arbeiten.“

Tatsächlich steht das Logistikpersonal Seite an Seite mit der Audi-Belegschaft am Montageband – solange das Werk noch existiert. Doch während im Stammwerk relativ hohe Abfindungen fließen, droht bei den Subunternehmen vielfach der Gang ins soziale Nichts. Juristisch kann sich der Autoriese Audi auf das „Renault-Gesetz“ berufen, das seit 1998 lediglich eine Mindestentschädigung für Betroffene vorsieht. Für den Mutterkonzern bestehe keine Verpflichtung, das Schicksal der Zulieferer zu berücksichtigen, da sie offiziell als eigenständige Firmen agieren. Damit zeigt sich erneut, wer im Kapitalismus die Zügel in der Hand hält: Die Gewinne gehen an die großen Konzerne, die Verluste tragen die arbeitenden Menschen.

Die Forderung der Gewerkschaften ist klar: eine Reform des Renault-Gesetzes, um solche Massenentlassungen nicht auf dem Rücken von Zulieferern und sogenannten „Peripheriebeschäftigten“ auszutragen.

Am Freitag blockierten die Arbeiterinnen und Arbeiter mehr als sechs Stunden lang die Zugänge zum Werk. Die Frühschicht konnte noch reinkommen, bevor die Zufahrten dichtgemacht wurden. Bei Schichtende durften sie die Blockade passieren und nach Hause gehen. Andere Kolleginnen und Kollegen, die zu einer Infoveranstaltung über ihre Zukunft kommen wollten, wurden jedoch abgewiesen.

Diese Demonstration war bereits die zweite innerhalb einer Woche: Zuvor zogen die Beschäftigten der betroffenen Zulieferer durch die Brüsseler Innenstadt. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Immer wieder werden Outsourcing und Leiharbeit genutzt, um Belegschaften zu spalten und die Löhne zu drücken. Hier formiert sich jedoch spürbarer, solidarischer Widerstand.

Die Proteste lassen keinen Zweifel daran, dass sich die Belegschaften nicht in Klassen erster und zweiter Ordnung unterteilen lassen wollen. Sie fordern gleiche Rechte für alle, die im und rund ums Audi-Werk schuften. Und die Botschaft ist unmissverständlich: Solange Konzerne wie Audi Profite machen, während Zulieferer-Beschäftigte auf der Strecke bleiben, werden die Streikposten und Blockaden nicht verschwinden.

Quelle: junge Welt

Quelle: Zeitung der Arbeit