Kuba non grata und Verdammte dieser Erde
Übernommen von Netzwerk Cuba – informationsbüro e.V.:
Der Zug der nunmehr ehemaligen US-Regierung, zehn Tage vor Ende ihrer Amtszeit, Kuba von der Liste der Länder zu streichen, die den Terrorismus unterstützen, war eigentlich lächerlich. Denn es war klar, dass eine der ersten Maßnahmen der neuen Regierung darin bestehen würde, dieses Land wieder auf die Liste zu setzen. So war es auch. Und zwar sofort, zeitgleich mit den Abschiebungen der Migranten, vermutlich um von den Kriegen abzulenken, die nicht, wie großspurig verkündet, im Handumdrehen enden werden. Der Grund für die Aufnahme des Landes in die berüchtigte Liste ist einfach: Man will das Land zwingen, alles aufzugeben, was es geschaffen hat, sich vor dem Boss zu beugen, es völlig auszuhungern und es schließlich einfach zu „übernehmen“. Über die Ursachen und Beweggründe wird nichts Näheres gesagt, es werden lediglich Nachrichten verbreitet. Ohne weitere Fragen.
All dies ist denjenigen, die die Nachrichten verfolgen, bereits bekannt. Unklar ist nur, warum es seitens der „zivilisierten“ Welt keinen Widerstand gegen die Unterdrückung und Erschöpfung eines souveränen Landes gibt, das seine Freiheit und Unabhängigkeit hart erkämpft hat. Vielleicht aus Faulheit, das Gehörte zu analysieren und zu überprüfen, vielleicht wegen des bekannten „Mantras“ über Kuba – Regime – Diktatur – Menschenrechte – Armut. Die kubanischen Errungenschaften werden nur am Rande erwähnt : Wissenschaft, Kultur, Medizin, Bildung, Kunst, Solidarität: medizinische Brigaden und die Ausbildung junger Menschen aus vernachlässigten Teilen der Welt. Wie könnte sonst beispielsweise ein armer Kerl aus Havanna zu einem der gefragtesten Balletttänzer der Welt werden, wenn er nicht kostenlos an einer der besten Ballettschulen der Welt sein Talent hätte entfalten können? Wie der gefeierte Carlos Acosta, der dennoch immer wieder zu seinen Wurzeln zurückkehrt.
Nur wenige protestieren gegen die Sanktionen gegen ein Land, dem das globale Kapital immer kräftiger den Hahn zudreht . Auf der ganzen Welt finden Proteste gegen Nichannerkennung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften, Gewalt gegen Frauen, Männer, ältere Menschen, Kinder, Schauspieler, gegen den Klimawandel und für Tierrechte statt, und nur hier und da gegen Kriege (diejenigen, die „uns betreffen“, natürlich, und die anderen werden meistens nicht einmal erwähnt). Man sollte sich zum Bewusstsein bringen, dass auch wir selbst in geringem Maße zum Leiden des kubanischen Volkes beitragen, indem wir die Sanktionen, die konkrete Haushalte unmittelbar treffen, stillschweigend unterstützen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass die Nachrichten nur halbe Informationen liefern, die so hingenommen werden, wie serviert, halb verdaut. Das Nachdenken darüber verursacht jedoch Unbehagen und erfordert Engagement. Das Problem des modernen demokratischen Menschen besteht darin, dass er die Ereignisse im Allgemeinen nicht verfolgt, und wenn doch, dann reagiert er nicht. Der Grundsatz lautet: Das Problem ist groß, aber es ist nicht „meins“. Man reagiert meist erst, wenn Ärger im Anmarsch ist oder wenn es sich um das eigene Problem handelt. Die genannten Sanktionen und die Aufnahme des Landes in die Liste der Terrorismus-Unterstützer, führen automatisch zu einem Abbruch des Warenverkehrs und der Beziehungen zum Rest der Welt. Denjenigen, die die Handelsbeziehungen mit der Sperrzone aufnehmen, wird eins auf die Finger gegeben.
Schätzungen zufolge wanderten fast vierhunderttausend Menschen aus Kroatien aus. Demografen sind besorgt. Unter den Aussiedlern sind auch viele Hochgebildete, in die die Gesellschaft viel investiert hat. Zahlreiche gebildete Fachleute, ganze Familien, vor allem die jüngeren Generationen verließen das Land. Und all dies geschieht in einem EU-Land, also in einem Land, in dem „Wohlstand, Demokratie und vollständige Freiheiten“ herrschen. Doch die ausländischen Medien schenken diesem Umstand keine besondere Aufmerksamkeit.
Als in den vergangenen Jahren Hunderttausende Kubaner aufgrund der schrecklichen Folgen des Embargos ihr Land verließen, gerieten die Medien in helle Aufregung und schrieben ausführlich darüber, als sei dies beinahe das Einzige, was dieses Land charakterisiere. Die Interpretation geht ungefähr so: Die Europäer gehen weg , die Kubaner fliehen. Die Europäer verlassen das Land aus wirtschaftlichen Gründen, und die Kubaner fliehen aus wirtschaftlichen Gründen. Europa gehört zu jenem Teil der Welt, um den herum langsam Grenzen errichtet werden, um seinen Wohlstand nicht zu gefährden. Kuba ist ein Land, das durch ein absurdes, sechzigjähriges Embargo isoliert ist und das, noch absurder, zum Sponsor des Terrorismus erklärt wurde, was die Tür immer neuen Sanktionen öffnet und kann deshalb kaum überleben. I can’t breathe!
Die heutige Welt wird immer rücksichtsloser, apathischer und desinteressierter gegenüber den wahren Problemen der Menschen und Nationen außerhalb der Kuppel des Wohlstands.
Aber nicht alle haben aufgegeben, nicht alle haben den Kopf weggedreht.
Einige helfen mit Petitionen und Briefen, so auch mehrere ehemalige Präsidenten aus Lateinamerika und Europa, die Kuba kürzlich öffentlich unterstützten. Der bekannte Publizist Ignacio Ramonet schrieb beispielsweise im vergangenen Herbst einen offenen Brief an den ehemaligen US-Präsidenten und forderte darin die Streichung Kubas von der Liste der terroristischen Länder. Wie man sieht, ist ihm das gelungen, sie wurde tatsächlich gestrichen, für eine Woche.
Es gibt Bewegungen, die eine Aufhebung der Blokade Kubas fordern, engagierte Gruppen, die für die Verbreitung der Wahrheit und gegen das seit langem andauernde Unrecht kämpfen, das diesem Land angetan wird – in Italien, Schweden, Luxemburg, der Schweiz, Frankreich, Deutschland, Griechenland… Gruppen, die Proteste und konkrete Hilfe für dieses bis zum Äußersten erschöpfte Land organisieren. Kuba verliert jährlich Milliarden von Dollar aufgrund der Blockade, und zwar seit sechzig Jahren. Sogar die größten Volkswirtschaften der Welt hätten Mühe, das zu überleben, aber Kuba schafft es irgendwie. Die Absurdität erreichte ihren Höhepunkt, als kubanische Wissenschaftlerteams während der Covid-Pandemie fünf Arten von Impfstoffen entwickelten, sie aber nicht verabreichen konnten, weil es an Spritzen fehlte.
Es ist schwer zu verstehen, warum der Mensch von heute so sehr auf den Konsum fixiert ist und sich so wenig für diejenigen interessiert, die kein Geld ausgeben können.
Es kann sein, dass unser Wissen nicht ganz ausreicht, um an der wirklichen Entwicklung der Welt und des neuen, freien Menschen mitzuwirken, um Solidarität mit den Verachteten und Vergessenen zu zeigen.
Nach dem eigenen Gewissen kann man den Hilfsbedürftigen zumindest mit Worten beistehen. Vielleicht erreichen sie ja jemanden.
Silva Knezevic
Quelle: Cubainformación