31. März 2025
BerlinKlassenkampfYeni Hayat

Erneuter Warnstreik der BVG-Beschäftigten

Übernommen von Yeni Hayat / Neues Leben:

Am Montag blieben die U-Bahnstationen und Bushaltestellen in Berlin leer. Einem Aufruf der Gewerkschaft ver.di folgend, versammelten sich an tausende Beschäftigte der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zum Warnstreik vor der Hauptgeschäftsstelle der BVG an der Jannowitzbrücke. Anschließend streikten die Beschäftigen weiter und zogen in Form einer Demonstration zum Bundesfinanzministerium. Die Beschäftigten hatten am 27. Januar bereits einen eintägigen Warnstreik durchführt.

Vorausgegangen war dem jetzigen Streik ein Arbeitgeberangebot vom 31. Januar, welche die Tarifkommission mit den Beschäftigten zusammen diskutiert hatte. Eine überwältigende Mehrheit wollte sich mit dem Angebot der Arbeitgeberseite nicht zufriedengeben. Der BVG-Vorstand feierte sich mit dem Angebot als besonders großzügiger Arbeitgeber. Für die Beschäftigten würde das jedoch nur Reallohnverlust und eine größere Spaltung der Entgelt- und Berufsgruppen bedeuten.

Die Beschäftigten haben ihren Unmut zum Ausdruck gebracht. Mittels sogenannter Rückkopplungsverfahren haben sich Hofverantwortliche und Vertrauensleute zwischen der Tarifkommission und den Beschäftigten zwischengeschaltet. Das Angebot der Arbeitgeberseite wurde dabei mit den Beschäftigten diskutiert und Forderungen gesammelt bzw. bestehende Forderungen bewertet. Das Ergebnis der Diskussion wurde dann an die Tarifkommission weitergeleitet, also rückgekoppelt.

Es bleibt bei der Forderung von 750 Euro mehr pro Monat für alle Beschäftigten, um einerseits den Anschluss an die Löhne der ÖPNV-Beschäftigten anderer Bundesländer zu gewährleisten. So verdienen z.B. die Thüringer-Kolleg:innen im Durchschnitt 763 Euro mehr. Andererseits soll mit einer absoluten Steigerung des Lohns aller Beschäftigten die Schere zwischen den Entgelt- und Berufsgruppen verringert und damit die innerbetriebliche Solidarität gestärkt werden. Weitere Forderungen sind Fahrdienst- und Wechselzulagen und auch das früher standardmäßige 13. Monatsgehalt als Weihnachtszuwendung.

„Früher war das 13. Monatsgehalt eine Selbstverständlichkeit“, sagt Mustafa auf dem diesmaligen Warnstreik. Er arbeitet seit 43 Jahren, damals angefangen als Auszubildender, als U-Bahn-Reparateur bei der BVG. Er hat Sorge, dass die Beschäftigten wie beim letzten Mal mit Krümeln abgespeist werden. „Der Staat muss vielmehr in den ÖPNV investieren. Früher sind die Leute massenweise zur BVG gegangen, um zu arbeiten. Heute will das niemand mehr. So schlecht sind die Arbeitsbedingungen.“

Die Atmosphäre an der Jannowitzbrücke war kämpferisch. Vor einer großen Bühne versammelten sich die Beschäftigten unterschiedlichster Berufsgruppen. Von Faherer:innen bis hin zu Reparateur:innen nahmen insgesamt 6000 Beschäftigte am Streik teil. Die Stimmung war heiter, trotz der kalten Berliner Temperaturen. Moderiert wurde der Streik von Stubi, der seit 2016 Busfahrer bei der BVG ist. Auf seine Frage „Wer ist die Gewerkschaft?“ antworten die Beschäftigten der BVG mit lauter Stimme „Wie sind die Gewerkschaft!“. Die Rückkopplungsverfahren bilden ein entscheidendes Instrument, die Tarifkommission mit einer organisierteren und ihre Meinung direkter artikulierenden Belegschaft in Verbindung zu setzen. Die Tarifkommission verwandelt sich so am ehesten zu einem Sprachrohr der Beschäftigten und legt sich selbst auf, nicht über die Köpfe der Beschäftigten hinweg oder willkürlich zu handeln.

Auf dem Warnstreik sprachen Vertreter:innen der Tarifkommission und der Hauptgeschäftsstelle und gaben sich kämpferisch. Die Drohung von Finanzsenators Evers (CDU), den Beschäftigten bei einem zu „hohen Tarifabschluss“ mit Kürzungen und Stellenabbau zu drohen, wurde klar zurückgewiesen. Eine Besonderheit am Streik ist die Teilnahme und Solidarität von Beschäftigten unterschiedlicher Betriebe. So spricht auch BSR-Beschäftigter Carlos auf dem Streik und verkündet die Solidarität der Straßenreiniger:innen. Auf der anschließenden Demonstration zum Finanzministerium spricht auch eine Vertreterin von der Krankenhausbewegung. „Jeden verdammten Tag, den ihr in den Bussen und ich bei meinen Patient:innen auf der Intensivstation stehe und kämpfe: Nein ich muss nicht mehr Leistung bringen, sondern ich muss besser bezahlt werden! Wir stehen auf und wir stehen zusammen!“, ruft die Krankenpflegerin ins Mikrofon.

ver.di möchte der Arbeitgeberseite 40 Tage Zeit lassen, um auf die Forderungen der Beschäftigten einzugehen. Falls wieder nur Krümel angeboten werden sollten, drohen Gewerkschaft und Beschäftigte mit einem unbefristeten Streik. Der Streikwinter geht also in die nächste Runde und die Solidarität muss auch weiterhin sichtbar und spürbar bleiben. Bereits in der gleichen Woche ruft ver.di zu Berlinweiten Streiks im öffentlichen Dienst auf. Auch die Krankenhaus-Beschäftigten der Charité und Vivantes werden streiken. Lassen wir sie nicht alleine!

Quelle: Yeni Hayat / Neues Leben