29. März 2025
PalästinaSchwedenYeni Hayat

Göteborger Hafengewerkschafter wegen Waffenboykott gefeuert

Übernommen von Yeni Hayat / Neues Leben:

Yakup Dost

Nachdem im Dezember 2024 die Mehrheit der Mitglieder der schwedischen Hafenarbeitergewerkschaft Svenska Hamnarbetarförbundet beschlossen hat, in Solidarität mit der palästinensischen Volk gegen die verheerende humanitäre Krise im Gazastreifen den Umschlag von Militärgütern von und nach Israel im Januar 2025 zu boykottieren, zog der Verband der schwedischen Hafenunternehmen sofort dagegen vor die Arbeitsgerichte.

Dies führte jedoch nur zur einer Verzögerung, jedoch nicht zu einem Erfolg für die Konzerne, denn am 3. Februar bestätigte das zuständige Gericht aufgrund dem im Vergleich zu Deutschland etwas weiter gefassten politischen Streikrecht das Vorhaben der Gewerkschaft, wodurch die Arbeiter ab dem 4. Februar sechs Tage lang keinerlei Militärgüter von und nach Israel verluden.

„Das Mindeste, was wir tun können“

„Wir haben einen großen Konsens darüber, dass das, was derzeit in Gaza geschieht, schrecklich ist. Wir halten es für nicht hinnehmbar“, sagte Erik Helgeson, stellvertretender Gewerkschaftsvorsitzender Sprecher der Kampagne zu den Beweggründen hinter dieser Aktion der Zeitung Arbetet. „Ich weiß nicht, wie ich meinen Kindern hätte erklären sollen, dass wir nichts getan haben, obwohl wir wussten, dass wir zur der Finanzierung oder Bewaffnung der israelischen Streitkräfte beitragen. […] Der Versuch, Israels Vorgehen zu verteuern und zu erschweren, ist das Mindeste, was wir tun können.“ Dieser Entschluss wurde von der palästinensischen Gewerkschaftsbewegung begrüßt, die auf weitere Initiativen von Gewerkschaften auf der ganzen Welt hofft.

Die Hafenchefs – sowie die Rüstungsindustrie und die Militärs, die sie laut Berichten des Radio Schweden unter Druck setzten –, jedoch, fanden dieses wichtige Zeichen der Solidarität alles andere als begrüßenswert, weshalb sie Erik, der beim Göteborg RoRo Terminal (GRT) arbeitet, bei einer kurzfristig anberaumten Sitzung an jenem 3. Februar mitgeteilt haben, er werde wegen eines Verstoßes gegen die Sicherheitsvorschriften sowie Illoyalität entlassen und Anzeige sei gegen ihn erstattet worden. Den Inhalt dieser Anzeige, den sie bereits klammheimlich vor einer Woche gestellt hatten, legten sie nicht offen und ließen auch keinerlei Rückfragen zu.

Sorge um die „nationale Sicherheit“

Diese Geheimniskrämerei war nicht grundlos: Denn in der noch am selben Tag versandten Pressemitteilung des Konzerns wurde als Entlassungsgrund „die nationale Sicherheit“ genannt! Ein gewaltiger Unterschied zu dem in der Sitzung verlautbarten Vorwurf des Verstoßes gegen Sicherheitsvorschriften. Dass die Polizei im Gegensatz zu dem dänischen Konzern DFDS, dem Terminaleigentümer, die gerichtliche Bestätigung der Boykottaktion anerkennt und deshalb verkündete, keine Anklage zu erheben, ist nur ein Trostpflaster.

„Ernsthafte Bedrohung für Rede- und Koalitionsfreiheit“

Denn „die leichtfertigen Anschuldigungen und diffamierenden Beleidigungen des Arbeitgebers in den Medien haben Erik und seine Familie in Gefahr gebracht“, wie die Gewerkschaft feststellt. „Sie verletzen nicht nur die Meinungsfreiheit, sondern auch die besonderen Rechte von Gewerkschaftsvertretern, die im Namen ihrer Mitglieder handeln. Als solche stellen sie eine ernsthafte Bedrohung sowohl für die Rede- als auch für die Koalitionsfreiheit dar und sollten nicht hingenommen werden.“

Die Gewerkschaft unterstreicht, dass sie bereit ist, alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen, weist aber auch darauf hin, dass nach schwedischem Recht Unternehmen Arbeiter gegen ihren Willen mit einer Abfindung loswerden können und die Höhe dieser Abfindungen zu niedrig sind, um transnationale Unternehmen wie die dänische DFDS, Eigentümerin des GRT, abzuschrecken. Vor diesem Hintergrund rief die Gewerkschaft dazu auf, das GRT und ihre Mehrheitseignerin DFDS dazu aufzufordern, die Vorwürfe zurückzuziehen und Erik unverzüglich wiedereinzustellen.

Solidaritätsbekundungen aus aller Welt

Die schwedischen Arbeiterinnen und Arbeiter sind diesem Aufruf gefolgt. Von unterschiedlichsten Berufsgruppen wie Lehrkräften, Straßenbahnfahrern, Elektrikern, Bauarbeitern und Metallarbeitern sind Solidaritätsadressen an die Gewerkschaft übermittelt worden. Mit den Hafenarbeitern der ILWU Local 10 in San Francisco als auch der Hamburger ver.di Landesfachvorstand Maritime Wirtschaft sowie weiteren internationalen Organisationen ist die Solidarität nicht nur auf Schweden begrenzt. In Anbetracht dieses starken Rückhalts gibt sich Erik nicht geschlagen und setzt sich unter anderem mit einer Gegenanzeige wegen Verleumdung gegen das GRT zur Wehr.

Quelle: Yeni Hayat / Neues Leben