BRD: Alle Zeichen auf Aufrüstung
Übernommen von Zeitung der Arbeit:
Berlin. Der Deutsche Bundestag hat mit einer Zweidrittelmehrheit eine weitreichende Verfassungsänderung beschlossen, die eine massive Erhöhung der Militärausgaben sowie Investitionen in die kriegsrelevante Industrie und Infrastruktur ermöglicht. Mit 513 Ja-Stimmen bei 207 Gegenstimmen votierte das Parlament am Dienstag für die Lockerung der sogenannten Schuldenbremse. Dies erlaubt die Kreditfinanzierung militärischer Ausgaben, die über ein Prozent des BIP hinausgehen, sowie die Einrichtung eines Sonderfonds in Höhe von 500 Milliarden Euro für Infrastrukturmaßnahmen.
Die Entscheidung fiel in einer als historisch bezeichneten Sitzung, in der sich neben der CDU/CSU und FDP auch die Grünen und die SPD hinter die Reform stellten. Die Zustimmung des Bundesrats, die für Freitag angesetzt ist, gilt wohl als Formsache.
Ein Wendepunkt für die deutsche Politik
In der Debatte im Bundestag bezeichnete Friedrich Merz (CDU), der als nächster Kanzler gehandelt wird, die Entscheidung als „ersten wichtigen Schritt hin zu einer neuen europäischen Verteidigungsgemeinschaft“, die über die EU hinausreiche. Auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) betonte die „historische Bedeutung“ der Reform und verwies auf eine wachsende Bedrohungslage, die schnelles Handeln erfordere.
SPD-Chef Lars Klingbeil sprach von einer „Führungsaufgabe“ Deutschlands in Europa und begründete die Entscheidung mit der Notwendigkeit, ein „freies und demokratisches Europa“ zu verteidigen. Trotz interner Kritik votierte die Fraktion der Grünen für die Reform, nachdem Zugeständnisse in Form von Investitionen in die „grüne Wirtschaft“ zugesichert wurden.
Diese Entscheidung kann als klares Signal in Richtung Aufrüstung und Kriegstreiberei verstanden werden, denn Waffen schaffen keinen Frieden, denn im Zweifel werden diese eingesetzt, wenn es dem Kapital dienlich ist. Historisch ist die Entscheidung nicht von so großer Bedeutung, weil man von der Schuldenbremse für einen notwendigen Zweck abgeht, das erscheint sogar als sinnvolles unterfangen. Es geht darum sich im innerimperialistischen Wettbewerb zu positionieren und mit den immer offeneren Konflikte um Rohstoffe, Absatzmärkte und Einflusssphärenmithalten zu können und zwar im Zweifel mit Krieg.
Proteste und kritische Stimmen
Mehrere hundert Demonstranten versammelten sich am frühen Morgen vor dem Bundestag, um gegen den „Blankoscheck fürs Militär“ zu protestieren. Die Organisation „Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges“ (IPPNW) kritisierte, dass die gesamte Gesellschaft auf Krieg ausgerichtet werde. Auch Studierendenvertreter warnten vor einem „militaristischen Umbau“ der Hochschulen.
Für die Reichweite des Beschlusses muss man aber leider anerkennen, dass die Proteste recht spärlich ausfielen. Im Gegenteil, die öffentliche Stimmungsmache lässt diesen schritt des „whatever it takes“ als alternativenlos erscheinen, wie dies im Kapitalismus eben so oft der Fall ist. Das ist aber ein Irrtum, die globale Aufrüstung und auch die Ausrichtung der Industrie an der Kriegs- und Rüstungsindustrie erhöht die internationale Kriegsgefahr weiter.
Die Umorientierung auf Kriegs- und Rüstungsindustrie zeigt sich in vielen Ländern, egal ob bei Steyr Motors, Rheinmetall den Ankündigen von VW und vielen weiteren Beispielen. Die arbeitenden Menschen werden mit sicheren Arbeitsplätzen verführt sich hierüber zu freuen, und zahlen am Ende aber den teuren Blutzoll für die Profite der Konzerne.
Mit allen Mitteln
Das Friedrich Merz mit „whatever ist Takes“ nicht nur die Höhe des Geldes sondern auch die Form des Vorgehens meinte zeigte sich daran, dass man sich die Mehrheitsverhältnisse des alten, Ansicht abgewählten Bundestages zu nutzen machte.
In einer Aussendung appellierte die Seite Kommunistische Partei (DKP) an die Linkspartei und ihre Abgeordneten. Hierin heißt es zum Vorgehen: Das Bundesverfassungsgericht hat in der vergangenen Woche Anträge von AfD und „Linken“ abgelehnt, mit denen die Sondersitzungen des alten Bundestags verhindert werden sollten. Das Gericht verwies jedoch auf Artikel 39 des Grundgesetzes, wonach der Bundestag zusammentreten muss, sobald ein Drittel der Abgeordneten dies verlangt. AfD und Linkspartei verfügen nach der Bundestagswahl über mehr als ein Drittel der Stimmen. Die AfD hat den Antrag auf Zusammentritt des neugewählten Bundestags am Samstag eingereicht. Würde „Die Linke“ dies ebenfalls tun, müsste der neue Bundestag konstituiert werden. Eine Grundgesetzänderung mit den alten Mehrheiten wäre vom Tisch.
„Es ist völlig unverständlich, dass Ines Schwerdtner nun auf die ‚Brandmauer‘ zur AfD verweist, um einen solchen Antrag nicht zu stellen. Es müsste kein gemeinsamer Antrag mit der AfD eingebracht werden. Wie bei den Klagen vor dem Verfassungsgericht können beide Parteien unabhängig voneinander vorgehen“, so Patrick Köbele, Vorsitzender der DKP. „Das hat mit dem Kampf gegen rechts nichts, aber auch gar nichts zu tun. Wo bleibt die Brandmauer gegen die Kriegstreiber? Wie soll es der Verteidigung der Demokratie dienen, wenn erlaubt wird, dass abgewählte Mehrheiten eine noch nicht eingesetzte Regierung mit unbegrenzten Kriegskrediten versorgen?“. Profiteur eines solchen Wegschauens wäre die reaktionäre AfD, die sich als einzige Oppositionskraft im Bundestag präsentieren könnte.
Letzte Hürde Bundesrat und die EU
Damit die Verfassungsänderung offiziell in Kraft tritt, muss der Bundesrat der Reform noch zustimmen. Diese Abstimmung ist für Freitag angesetzt und gilt als reine Formsache. Sollte die Zustimmung erfolgen, hätte Deutschland erstmals seit Jahrzehnten die Möglichkeit, Militärausgaben ohne eine feste Obergrenze durch Kreditaufnahme zu finanzieren. Ein Teil des Sonderfonds – rund 100 Milliarden Euro – soll zudem für europäische Verteidigungsprojekte bereitgestellt werden.
EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen bekräftigt nochmal den Aufrüstungskurs auch auf Ebene der EU in der Präsentation des Weißbuchs für Verteidigung. Hierfür sollen auch die anderen EU-Staaten mehr Schulden aufnehmen können, Sparkurs gilt nur für soziales. Die EU Kommission hat sich sogar ein neues Instrument ausgedacht um den Mitgliedsstaaten durch Kredite zu ermöglichen schnell und in der EU Waffen zu kaufen. Von der EU als Kreditgeber profitieren vor allem die verschuldeten Staaten weil die Bedingungen der Schulden für den Waffenkauf, für die Aufrüstung besser macht. Auch nicht ausgegebene EU-Gelder können nun teilweise umgewidmet werden. Alle Zeichen stehen somit wohl auf Kriegspolitik, wie es scheint. Morgen wird das präsentierte Weißbuch im imperialistischen Bündnis, der EU, diskutiert.
Quelle: 902.gr/Junge Welt/Ö1 Mittagsjournal/DKP
Quelle: Zeitung der Arbeit