24. April 2025
ItalienZLV

Erinnerung an die Covid-19-Pandemie

Übernommen von Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek:

In Italien wurde in diesen Tagen an die vor fünf Jahren weltweit ausgebrochene Corona-Pandemie Covid-19 erinnert, von der das Mittelmeerland als eines der Länder in Europa sehr früh und besonders stark betroffen wurde. Nachdem es im Februar 2000 die ersten Infektionen gab, hatte die Seuche bis zum 19. März bereits 3.405 Menschen dahingerafft, davon die meisten in der Lombardei, die ein Epizentrum wurde.

Schon Ende März gab es über 77.000 Infizierte und die Zahl der Toten hatte sich mit etwa 12.500 mehr als verdreifacht. Nach einer von der Nachrichtenagentur ANSA veröffentlichten amtlichen Statistik vom 3. März 2025 gab es in Italien bei Covid19 insgesamt 198.320 Tote. Sie zahlten den Peis für 30 Jahre neoliberale Politik – soziale Kürzungen, Privatisierungen, Verkleinerung der Kapazitäten der Krankenhäuser, schätzte der Professor für Geschichte der Philosophie an der Universität von Urbino, Stefano G. Azzarà, ein.

Der damalige Bürgermeister von Palermo, der Antimafia-Kämpfer Leoluca Orlando, bezeichnete die »unvorstellbare Explosion der Armut« als einen entscheidenden Faktor, der die Zahl der Opfer in die Höhe trieb.

Hinter der Zahl der Toten verbargen sich unbeschreibliche Szenen, die sich nach dem Ausbruch abspielten. In der norditalienischen Stadt Bergamo konnten die Leichen nicht mehr bestattet werden, weil die Krematorien mit der Verbrennung nicht nachkamen. Zeitungsberichte zeigten Fotos von 13 mit Särgen beladenen Militärtransportern, die in der Nacht vom 18. auf den 19. März 2020 durch das Zentrum von Bergamo fuhren und die Toten außerhalb der Stadt vor den Friedhofsmauern abluden.

Das Gesundheitssystem in vielen norditalienischen Provinzen war so überlastet, daß viele Patienten nicht mehr angemessen oder sogar überhaupt nicht behandelt werden konnten, so daß Klinikärzte genötigt waren, eine »Triage«, eine Auswahl bei der Reihenfolge der Behandlung vorzunehmen.

Die Regierung, die zu dieser Zeit von den faschistischen Parteien Forza Italia (FI) und Lega gebildet wurde, an der sich der sozialdemokratische Partito Democratico (PD) und die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) beteiligten, ordnete an, Universitäten, Schulen und Kindergärten, auch Kinos, Theater und Museen landesweit zu schließen. Für bestimmte Fußballspiele wurden die Besuche untersagt oder eingeschränkt, die Öffnungszeiten von Läden und Restaurants begrenzt. Die bei Italienern beliebten Bars mußten um 18 Uhr schließen.

Während alle Bürger zu Hause bleiben sollten, ließ die Regierung gleichzeitig zu, daß Unternehmen ihre nicht wichtige Industrieproduktion, darunter in dem Weltraum- und Rüstungskonzern Leonardo, fortsetzen und die Arbeiter unnötigen Risiken ausgesetzt werden durften. Erst nach Protesten der Gewerkschaften und Streiks der Arbeiter wurde eine Liste von Unternehmen aufgestellt, die weiter produzieren durften.

Aus Angst, die Nahrungsmittelversorgung könnte zusammenbrechen, wurden Supermärkte gestürmt. Die Unruhen konnten erst abebben, als die Regierung versicherte, die Lebensmittelversorgung sei gesichert.

Gegen die unzureichenden Schutzmaßnahmen, durch die sich ein Gefängnisinsasse in Modena infiziert hatte, kam es dort sowie in Frosinone, Neapel und insgesamt 27 Haftanstalten zu Häftlingsrevolten, bei denen ein Gefangener ums Leben kam.

Die entstandene katastrophale Lage deckt die strukturellen Schwächen der kapitalistischen Gesellschaft auf, in der die politischen und Managemententscheidungen wesentlich von den wirtschaftlichen Interessen der herrschenden Klassen – die Produktion nicht stoppen, damit der Wettbewerb um Profite weitergehen kann – abhängen, so Professor Azzara, der darauf verwies, daß China, aus der Perspektive vieler noch weitgehend ein Entwicklungsland, die Corona-Krise tatsächlich besser und schneller gemeistert hat als Italien, eines der führenden Industrieländer.

Die Lage war derart katastrophal, daß Italien Kuba und China um Hilfe bitten mußte, und diese Hilfe auch bekam. Wie ANSA damals berichtete, traf aus China bereits am 18. März 2020 in Rom ein erstes neuköpfiges Spezialisten-Team mit 31 Tonnen dringend benötigter Ausrüstung ein, darunter Beatmungsgeräte, Schutzbekleidung, Schutzmasken und Medikamente. Die Güter wurden zum Teil von der chinesischen Regierung, zum Teil von Firmen gespendet. Eine zweite Maschine mit Personal und Ausrüstung landete am gleichen Tag in Mailand.

Eine Gruppe Mediziner aus China begab sich in das besonders schwer von der Virus-Epidemie betroffene Norditalien, machte sich vor Ort ein Bild von der Lage und konnte konkrete Ratschläge geben. Der Pressesprecher des Croce Rossa Italiana, Marcello Angelis, erklärte dazu: »Die chinesische Experten haben sehr viel Erfahrungen, die Italien jetzt dringend braucht. In der Epidemiebekämpfung hat China bislang beträchtliche Erfolge erzielt. Daher möchten wir mit den chinesischen Experten auf internationaler Ebene zusammenarbeiten.«

Am 22. März landete eine kubanische medizinische Brigade, bestehend aus 52 Ärzten und Krankenschwestern, in Italien, um in der Lombardei, im Norden des Landes, bei der Eindämmung des Coronavirus zu helfen. Das kubanische Gesundheitspersonal wurde in Havanna von José Ángel Portal Miranda, dem Minister für öffentliche Gesundheit, verabschiedet.

Die Brigade folgte einem Hilfeersuchen aus der Lombardei angesichts des Personalmangels in den bereits überfüllten Krankenhäusern, berichtete der regionale Gesundheitsminister Giulio Gallera. »Es handelt sich um hochspezialisiertes Personal, das bereits gegen Ebola gekämpft hat und weiß, wie diese Art von Krankheit zu behandeln ist«, sagte Gallera.

In Catánzaro, der Hauptstadt der süditalienischen Provinz Kalabrien, trafen 51 kubanische Mediziner ein, eine weitere Gruppe von insgesamt fast 500 Fachärzten und medizinischem Personal, die in den kommenden Monaten in italienischen Krankenhäusern eine solidarische und aufopferungsvolle Hilfe leisteten. Der Präsident der Region, Roberto Occhiuto, erklärte bei ihrer Ankunft: »Wir sind froh über die Möglichkeit, hochspezialisierte Ärzte zu empfangen« und betonte, daß das »ein Modell auch für andere Regionen« sein könnte, in denen medizinisches Personal gebraucht werde.

Die politischen Kräfte in Italien akzeptierten zwar mit großer Verlegenheit die Hilfe der sozialistischen Länder Kuba und China, aber die Diffamierungsmaschinerie ihres Mediensystem arbeitete kontinuierlich weiter, um zu verhindern, daß die Sympathien für China oder Kuba wachsen. Intellektuelle, Journalisten und Professoren fuhren fort, täglich weiter vor der »roten Gefahr« zu warnen und davor, daß China kein »Vorbild« werden dürfe, kommentierte Professor Azzara.

Alle diese Störversuche konnten jedoch nicht verhindern, daß den Medizinern aus dem sozialistischen Kuba eine Welle der Dankbarkeit und Freundschaft seitens der Bevölkerung entgegenschlug, während gleichzeitig die Europäische Union alles unternahm, um die Anwendung der in Kuba entwickelten und in China in großem Umfang produzierten Impfstoffe auf dem Gebiet der EU zu verhindern.

Inzwischen geht das Gerangel über ungenügende Maßnahmen zur Abwehr und Bekämpfung der Pandemie weiter. Knapp vier Jahre nach Covid-19 hat die Regierung der faschistischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni mit ihrer Mehrheit im Parlament einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß eingesetzt, der sich mit dem Vorgehen der damaligen Regierung unter Premier Giuseppe Conte, heute Vorsitzender von M5S, sowie dem damaligen sozialdemokratischen Gesundheitsminister Roberto Speranza befassen soll.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek